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Das Ungeheuer von Florenz

Das Ungeheuer von Florenz

Titel: Das Ungeheuer von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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bedeutender Kunsthistoriker gesagt oder vielmehr geschrieben.«
    »Aha. Eben, es war wie bei dem Gemälde. Die Sache war zu weit gediehen, als daß irgendwer noch einen Rückzieher hätte machen können, und da er ja sowieso ein so furchterregender Mensch ist…«
    »Ich verstehe. Das bedrückt Sie. Sie haben so schwer gearbeitet, und dann dieser unbefriedigende Ausgang. Was für eine Welt! Aber jetzt sollte ich wohl besser wieder hineingehen. Ich schicke Ihnen die Karten.«
    Das Farbengemisch des Himmels war nun zum größten Teil verschwunden, geblieben war nur ein silbriggelbes Licht und sein Widerschein auf dem glatten kühlen Wasser des Flusses. Die Hügel rings um die Stadt mit ihren Pinien und Zypressen waren zu einer schwarzen Silhouette verschmolzen.
    Er hatte seine persönliche Befriedigung, Anerkennung wird er aber nicht finden.
    Hatte das Ungeheuer ebenfalls aufgehört, weil sein Plan gescheitert war? Die Verhaftung Silvanos als Monster stand kurz bevor, da war er ihnen wie immer entwischt. Andererseits aber hatte er doch das Gefühl, etwas erreicht zu haben. Solange er die Pistole hatte, hatte er auch Macht. Er hatte sich Silvano vom Hals geschafft, und sollte dieser es wagen, je wieder den Fuß nach Italien zu setzen, würde er mit der Pistole jemanden erschießen. In der Zwischenzeit, solange Silvano fort war, würde er natürlich kein Liebespaar mehr anfallen. Wenn er aber, nachdem er nun Geschmack an Mord und Verstümmelung gefunden hatte, nicht wieder davon lassen konnte? Wenn es so war, wenn er wieder tötete, bestand die Möglichkeit, daß er geschnappt wurde und danach ein umfassendes Geständnis ablegte, wie sie es alle taten… Was dachte er da? Er durfte doch einem anderen Unschuldigen nicht den Tod wünschen, nur um der Befriedigung willen, die… Er mußte es genug sein lassen. Wie Romola. Er spürte ganz deutlich, daß er sich, auf lange Sicht, nur noch an die Eltern der toten jungen Frau erinnern würde, die in ihrer Einsamkeit nur noch darauf warteten, für immer von ihrem Schmerz befreit zu werden. Und an jene Frau, die ein freudloses Leben führte und in deren Einsamkeit nur verheerende Kopfschmerzen einbrachen. Und an Romola, der sich des Falles angenommen, gekämpft und verloren hatte. Und doch hatte Romola recht gehabt. Er hatte sich auf dem richtigen Weg befunden, und er hatte alles aufgedeckt. Aber um den Weg klar zu sehen, mußte man ihn in der Richtung beschreiten, die Nicolino gegangen war, um zum Schluß bei dem großen Licht anzukommen.
    Silvano als Protagonist. Und Silvano als Opfer, gejagt, ohne daß er je richtig verstanden hätte, warum, und dazu noch von einem, der nicht nur unschuldig war, sondern ihm eigentlich hätte dankbar sein sollen. Es überstieg sein Vorstellungsvermögen, daß er das Leben eines anderen Menschen nicht nur einmal, sondern zweimal zerstört hatte. Silvano war des Mordes schuldig und konnte nicht mit dem Finger auf denjenigen zeigen, dessen schreckliche Strafe ihn getroffen hatte, ohne seine eigene Schuld einzugestehen. Die siebzehn unschuldigen Menschen, die durch ihre Hand gestorben waren, hatten beide vergessen, als belanglos, als Opfer des Gefechts abgetan. Und das Gefecht war vermutlich vorüber. Es sei denn, Silvano kehrte zurück.
    Die große Herbstsonne versank hinter der dunklen Silhouette der Hügel, und überall in der Stadt funkelten kleine Lichter.
    »Es ist wunderschön«, sagte Teresa, hakte sich unter und schaute mit ihm auf die angestrahlten Marmortürme und den funkelnden Widerschein der Lichter auf dem Fluß hinab.
    »Wir sollten öfter hier heraufkommen.«
    »Ja. Das hab ich vorhin auch gesagt. Aber es wird dunkel…«
    Aus irgendeinem Grund löste die einsetzende Dunkelheit einen traurigen, besorgten Schmerz in ihm aus. Ihm wurde klar, warum, als Teresa ihm antwortete.
    »Wir sollten uns langsam auf den Heimweg machen. Die Jungs werden schon warten.«
    Wir sind so glücklich, dachte der Maresciallo. Bitte, Gott, laß es so bleiben. Laut sagte er aber nur: »Sie werden Hunger haben. Also, komm, gehen wir«, und hielt ihren Arm fest an seinen Körper gedrückt, als sie sich den Weg durch die Menge bahnten.
     

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