Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)
angestrengt den finsteren Weg entlang. Tatsächlich! Unweit von ihm schien sich etwas unter den Bäumen zu befinden. Etwa hundert Schritte hinter der Kreuzung. Gab es da etwa noch einen Wegweiser?
Egal, dachte sich Primus. Kaminfeuer hin, Kaminfeuer her. Was auch immer das sein mochte, dieses Ding musste er sich jetzt ansehen.
Eilig sauste er los und flog auf das seltsam anmutende Gerüst zu, das offenbar mitten auf dem Pfad stand. Mit Sicherheit konnte er schon einmal sagen, dass es aus Brettern gefertigt war und etwa die Größe eines Leiterwagens besaß. Vielleicht war es ja eine alte Marktbude der Hügelkobolde, könnte ja sein! Nur was steht die hier mitten im Wald herum? Viel Kundschaft schien es in dieser Gegend jedenfalls nicht gerade zu geben.
Als Primus näher heranflog, begriff er, worum es sich in Wirklichkeit handelte. Und in diesem Moment war er doch mehr als verblüfft.
Hier im Finsterwald, irgendwo zwischen den Bäumen, wo keine Menschenseele hinkam, befand sich eine Absperrung. Zusammengenagelt und aufgerichtet, fast wie bei einer Baustelle. Primus landete auf einem Stein und sah sich das Ding mit offenem Mund an. Ein dickes Brett prangte davor, auf dem eine gepinselte Warnung stand.
»Todesgefahr«, las Primus. »Betreten der Sümpfe verboten!« Fassungslos schüttelte er den Kopf. Dann aber beugte er sich vor. Weiter unten stand noch etwas. »Gezeichnet und genehmigt – Der Stadtrat.«
Primus war doch sehr verwundert. Warum um alles in der Welt hatte man gerade hier, in dieser hinterletzten Ecke des Landes, ein Verbotsschild aufgestellt? Er blickte sich um. Die Gegend wirkte auf ihn kein bisschen gefährlicher oder ungefährlicher als der Rest des Finsterwalds. Auch der kleine Pfad schien ganz normal weiterzuführen. Sehr merkwürdig … Eine Sache jedoch fiel ihm ganz deutlich ins Auge: Denn sollte dies der Pfad zur Schwarzen Hütte sein, dann verlief dieser, anders als in der Geschichte der alten Großmutter, nicht kurvenreich und in Schlangenlinien, ganz im Gegenteil! Kerzengerade zog er sich von hier aus weiter durchs Unterholz.
Der ganzen Angelegenheit würde er nachgehen, so viel stand fest. Doch für heute hatte Primus erst einmal genug. Andernfalls würde er in dieser Nacht bestimmt nicht mehr nach Hause kommen. Jetzt, so entschloss er sich, war es wirklich Zeit für ein gemütliches Kaminfeuerchen mit anschließender Bettlektüre. Er schwang sich in die Luft und machte sich geschwind und ohne weitere Unterbrechung auf den Heimweg.
Es war bereits tiefste Nacht, als Primus die Nebelfelder erreichte. Die Luft war kühl und der Himmel sternenklar. Aus dem Wasser des nahe gelegenen Schneckenbachs stiegen Dunstschleier auf. Langsam glitten sie über die Felder, senkten sich ab und bildeten eine milchige Ebene, die bis zum Horizont reichte. Wie eine Insel ragte der Hügel mit dem alten Turm darauf aus dem Nebelmeer und zeichnete sich stolz vor dem Nachthimmel ab. Primus ging in den Landeanflug über. Er sauste über die kaputte Schneckenbachbrücke, flog den Weg zum Hügel hinauf und segelte durch die zerbrochene Fensterscheibe des Kaminzimmers in das Gemäuer hinein.
Sogleich nahm er seine menschliche Gestalt an und richtete sich auf. »Hallo, ich bin wieder zu Hause!«, rief er zu Bucklewhee hinauf.
»Das hat aber ganz schön lange gedauert«, schallte es von oben aus dem Dachgeschoss. »Was hat es denn heute gegeben?«
Primus setzte den Hut ab und klopfte sich den Staub von den Kleidern. »Zimtplätzchen«, antwortete er. »Man merkt richtig, dass der Herbst da ist.«
Er ging zum Kamin, dessen Asche noch immer leicht glimmte. Nach und nach legte er einige Holzscheite hinein. Dann pustete er in die Glut. »Außerdem hatten sie heute Plundergebäck und ofenfrische Nussschnecken«, rief er, »und eine wirklich verblüffende Gutenachtgeschichte gab es noch dazu.«
»Sag bloß, die hat dir der Konditor erzählt?«, kam es von oben.
»Natürlich«, lachte Primus. »Das tut er doch immer, während ich seine Torten verspeise. Ach ja, bevor ich es vergesse, schau mal her!« Er nahm das kleine Bündel und warf es in die Luft. »Ich habe dir ein paar Sesamkörner mitgebracht. Die magst du doch, oder?«
»Oh, wie schön«, trällerte Bucklewhee. »Vielen Dank auch. Sesam am Samstag, das finde ich geradezu geniös . Quasi ein Sesamstag . Deine Zeitung ist übrigens noch immer nicht gekommen«, rief er, »ich habe extra noch einmal nachgesehen.«
»Soso«, sagte Primus und ließ die
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