Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)
herstellen können. Und natürlich, wie so oft, ging die ganze Diskussion auch heute schon bald in eine sinnlose Blödelei über. Zum Schluss gab es wieder einmal nichts weiter als kreischendes Gelächter, das bis zum Waldrand erschallte.
Lachend und mit Tränen in den Augen lag Primus im Bett. So einen Spaß hatte er schon lange nicht mehr gehabt. Und auch Bucklewhee rollte auf dem Kopfkissen hin und her, wobei er sich japsend seine Rippen hielt. Es dauerte eine geraume Zeit, bis sich die beiden wieder beruhigt hatten.
Schließlich trottete Bucklewhee aus dem Bett. Er schnappte sich das Bündel mit den Körnern und sprang rüber zum Scherengitter, das aus der Standuhr ragte. Dort setzte er sich vorne auf die Vogelstange. Sofort klappte das Metallgitter ein. In Windeseile verschwand der Gockel hinter der kleinen Klappe am Uhrenkasten, bevor aus dem Inneren eifriges Körnerpicken ertönte.
Unterdessen rückte Primus die Bücher beiseite. Auf dem Bett konnte man sich vor lauter Lesestoff ja kaum noch richtig ausstrecken. Er schwang sich aus den Federn und fing an, die Wälzer neben dem Bett auf dem Fußboden zu stapeln. Da waren Bücher über Erdbewegungen, Bücher über Steilhänge und Gletscher sowie zahlreiche Werke voller Märchen und Legenden der Bergwelt. Sie alle hatte Primus im Keller gefunden, in dem versteckten Raum hinter den Weinfässern. Er hatte sich seit Monaten mit nichts anderem mehr beschäftigt als mit den Geheimnissen des südlich gelegenen Gebirges.
Dabei interessierte ihn eine Sache ganz besonders: Primus suchte nach einem Weg. Nach einem Weg hinauf zu den schwer zugänglichen Gipfeln der Schwefelzinnen. Irgendwo dort oben, so vermutete er, lagen die Ruinen einer Festung. Ganz sicher war er sich dabei zwar nicht, doch wenn dem so wäre, hoffte er, dann steckte dort möglicherweise der Schlüssel zu all den Geheimnissen, die das Unkrautland barg.
Bisher waren Primus’ Mühen allerdings vergeblich gewesen. Die höllischen Schluchten und die eisigen Winde, die dort oben herrschten, machten offenbar jeglichen Aufstieg zu den Bergkämmen unmöglich. Zumindest stand das in den Büchern. Aber ganz so schnell gab sich Primus nicht geschlagen. Es musste einen Weg in dieses rätselhafte Gebiet geben, davon war er überzeugt – und eines Tages, so dachte er, würde er diesen auch finden.
Doch bei dem Stichwort rätselhaft kamen Primus gleich wieder die Westlichen Sümpfe in den Sinn. Vielleicht sollte er seine Nachforschungen über die Schwefelzinnen ja vorerst einmal verschieben und sich kurzzeitig einer anderen Sache widmen, hm? Eine Überlegung wäre es jedenfalls wert!
»Du, hör mal«, rief er zur Pendeluhr hinüber.
»Ja, was denn?«, kam es schmatzend hinter der Klappe hervor.
»Weißt du zufällig etwas über die Westlichen Sümpfe?«
Das Türchen an der Uhr ging auf und Bucklewhee guckte heraus. »Worüber soll ich etwas wissen?«
»Die Westlichen Sümpfe«, wiederholte Primus. »Du weißt schon, die, die abseits des Finsterwalds liegen.« Er streckte sich auf dem Bett aus und verschränkte die Arme. »Bist du da zufällig schon einmal gewesen?«
»Nö«, knabberte Bucklewhee und warf sich ein Korn in den Schnabel. »Warum? Gibt es dort etwas Besonderes?«
»Weiß nicht«, murmelte Primus. »Könnte aber durchaus sein.« Dann wechselte er das Thema. »Wo ist denn eigentlich Snigg geblieben?«
»Der ist zum Essen eingeladen«, antwortete Bucklewhee, »hinten im Wald. Er besucht Chuck, die Vogelscheuche von dieser Miss Plim.«
»Ah ja, das habe ich mir schon fast gedacht«, sagte Primus. »Snigg soll sich aber bloß nicht erwischen lassen, wenn er Plims Zauberkräuter frisst. Die wird stinksauer, so wie ich sie kenne.«
Nach diesen Worten rollte er sich aus dem Bett. Er zupfte seinen Frack zurecht und schlenderte, mit den Händen hinter dem Rücken, wortlos im Dachgeschoss auf und ab. Nachdenklich schaute er dabei ins Leere. Dann trat er ans Geländer, blickte zum Kaminzimmer hinunter und kratzte sich an der Nase.
»Eine Schwarze Hütte«, grübelte er. »Irgendwo muss es doch Aufzeichnungen über sie geben. Alle Dorfkinder wissen darüber Bescheid, nur ich wieder einmal nicht.« Er warf einen kurzen Blick auf die Uhr. »Ach herrje«, stellte er fest, »es ist ja erst kurz vor Mitternacht. Die Bibliothek von Hohenweis öffnet frühestens um acht. Du meine Güte, das dauert ja noch ewig.«
Just in diesem Moment geriet ihm der Bücherberg neben dem Bett ins Visier. Im Keller gab es
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