Das unsichtbare Buch
mir herüber. Lucía zeigt mit dem ausgestreckten Finger auf mich, er sieht mich an … und winkt mich zu sich!
Das hat mir gerade noch gefehlt! Mit meinem Vater und Lucía in einem Burgerladen zu sitzen …!
»Hallo, Papa«, sage ich etwas verlegen, als ich an seinem Tisch stehe.
»Hallo, César!«, begrüßt er mich.
Er scheint sich zu freuen, mich hier zu sehen.
»Sie sind Schriftsteller?«, fragt Lucía. »Was schreiben Sie denn?«
»Kinderbücher«, antwortet mein Vater. »Das ist das, was ich am liebsten mache.«
»Ich möchte auch Schriftstellerin werden, wenn ich groß bin«, sagt Lucía.
»Ach ja?«, fragt Papa mit einem charmanten Lächeln. »Du willst wirklich Schriftstellerin werden?«
»Ja, so wie du«, mische ich mich ein.
»Setzt euch doch zu mir«, fordert er uns auf.
»Danke, Papa, aber wir wollten gerade gehen«, sage ich schnell.
»Wie wird man denn Schriftsteller?«, erkundigt sich Lucía.
»Wollt ihr euch wirklich nicht setzen?«
»Nein, nein … Wir haben’s eilig«, versichere ich.
»Ist es schwierig, Bücher zu schreiben?«, fragt Lucía weiter.
»Na ja, schon … Es ist viel Arbeit, aber es macht auch viel Spaß«, antwortet mein Vater liebenswürdig.
»Komm, Lucía, wir müssen gehen«, dränge ich meine Freundin.
Endlich schaffe ich es, sie wegzuziehen. Ich höre ihn noch rufen:
»Adiós, Kinder! Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder!«
Wir gehen hinaus. Es regnet.
»Du bist wirklich doof«, wirft mir Lucía vor. »Warum hast du mich nicht mit deinem Vater sprechen lassen? Schließlich sind wir beide Schriftsteller …«
»Schriftsteller?«, lache ich böse. »Du hast doch noch gar nichts geschrieben! Was hattest du eigentlich vor? Wolltest du mit ihm etwa über das Unsichtbare Buch sprechen?«
»Für wie blöd hältst du mich?«
»Für ziemlich blöd! Und für aufdringlich!«
»Wenn das so ist, dann lass mich gefälligst in Ruhe! Ich kann prima ohne dich auskommen … Du weißt eben nicht, wie man Freunde behandelt.«
»Und du weißt nicht, wie man sich benimmt!«
»Rutsch mir doch den Buckel runter!«, schreit sie mich an.
Dann dreht sie sich um und läuft davon. Lässt mich einfach im Regen stehen!
8
S eit Tagen reden Lucía und ich nicht mehr miteinander.
Sie ist stinksauer, und anscheinend hat sie nicht vor, mir zu verzeihen.
Ich habe versucht, mit ihr zu reden, aber ohne Erfolg. Heute habe ich ihr sogar gesagt, dass ich die nächsten Seiten des Unsichtbaren Buches mitgebracht habe, aber keine Chance.
Und das ist noch nicht alles. Lorenzo und seine Freunde haben wieder angefangen, mich zu schikanieren … Es riecht nach Ärger.
Es war ein schrecklicher Tag. Gut, dass er vorbei ist.
Eben hat es geklingelt, und der Lehrer hat den Unterricht für heute beendet. Lucía packt ihre Sachen zusammen, steht auf und verlässt wortlos die Klasse, ohne sich von mir zu verabschieden.
Draußen vor der Schule wartet mein Bruder Javier auf mich.
»Hab mich heute wieder mit einem aus der Klasse geprügelt«, erzählt er auf dem Nachhauseweg.
»Auf mich hatten sie’s auch wieder abgesehen«, erzähle ich.
Plötzlich spüre ich einen Schlag. Ich stöhne auf und fasse mir an den Hinterkopf.
»Tut’s weh?«
Es ist Lorenzo. Er und seine Freunde sind uns gefolgt.
»Warum macht ihr das?«, fragt Javier.
»Weil wir Lust dazu hatten. Was dagegen?«
Und ob ich was dagegen habe!
»Mal sehen, wie mutig du jetzt bist, so ganz alleine«, sagt Lorenzo.
»Er ist nicht alleine!«, widerspricht mein Bruder.
»Wer bist du denn, du Rotznase?«, fragt Lorenzo.
»Sein Leibwächter!«, antwortet Javier und stürzt sich auf ihn.
Wie es aussieht, bleibt mir nichts anderes übrig, als mich mit ihnen anzulegen.
Das Dumme ist nur, dass ich einen Moment zögere. Die anderen sind schneller als ich. Und das heißt, ich muss einstecken, bevor ich austeilen kann.
»Jetzt bist du dran, Klugscheißer!«, schreien sie.
Und schon liege ich auf dem Boden. Ich versuche, mich zu wehren, so gut ich kann, aber ich komme nicht gegen sie an. Javier neben mir kämpft wie ein Löwe. Lorenzo hat kein leichtes Spiel mit ihm. Wie er sich ins Zeug legt, der Kleine!
Bei mir sieht es nicht so gut aus. Ich schlage zwar wild um mich, kann aber keinen Treffer landen. Klar, drei gegen einen, da hab ich keine Chance. Ich weiß nicht, wie ich da heil wieder rauskommen soll.
Plötzlich schreit einer von ihnen auf. Anscheinend hat er was abbekommen. Er lässt von mir ab. Vielleicht hat er ja Mitleid
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