Das Valentinsduell
Anziehen packte er sich dick in mehrere Schichten ein, stürzte noch schnell einen Kaffee hinunter und machte sich dann auf den Weg zu dem Motel, in dem Kevin sich ein Zimmer genommen hatte. Da die Unterkunft eine kleine Cafeteria hatte, frühstückten sie noch rasch, bevor sie sich für ihren Ausflug auf den Motorschlitten bereit machten.
Der Overall, den Jake überzog, gehörte Kevins Bruder Joe. Er würde an diesem Tag auch Joes Maschine fahren, da seine eigene noch in Connecticut stand. Während seiner Vorbereitungen kam er ins Grübeln. Ihm war aufgefallen, dass Kevin merkwürdig still war. Aber vielleicht war es auch nur die durchgelegene Matratze in seinem Motelzimmer, die Kevin eine unruhige Nacht bereitet hatte. Oder es war der Stress. Oder er vermisste einfach nur seine Frau und seine Tochter.
Sie brachten fast fünfzig Meilen hinter sich, bevor Kevin anhielt, die Maschine neben der Piste abstellte und den Helm abnahm. Jake hielt neben ihm. Dann kramte er in der Tasche über dem Tank nach einem der Schokoriegel, die er für die Tour eingesteckt hatte.
„Ich hab dich darum gebeten, nichts mit der Frau anzufangen, die ich dir schicke“, kam Kevin gleich zur Sache. „Es war nur diese eine Sache, um die es mir ging. Das ist ja wohl nicht zu viel verlangt!“
Es hatte überhaupt keinen Zweck, es zu leugnen. Erstens würde es Jake nicht im Traum einfallen, Kevin anzulügen. Und zweitens sah es so aus, als hätten er und Darcy bei dem Versuch, sich nichts anmerken zu lassen, elendig versagt. „Erinnerst du dich daran, dass ich dir von dieser Frau erzählte, die ich beim Tresenquiz kennengelernt und mit der ich die Nacht verbracht habe, bevor ich hierherkam?“
„Ja.“
„Die Frau war Darcy.“
„Das gibt’s doch nicht.“ Kevin war für einen Moment sprachlos. „Aber warum, zum Teufel, hast du mir das nicht gleich gesagt?“
„Weil weder sie noch ich das geahnt haben. Ich hatte einen Zettel mit ihrer Telefonnummer, aber der ist mir nass geworden, sodass ich nichts mehr darauf erkennen konnte. Ich habe alles Erdenkliche angestellt, um an ihre Nummer zu kommen. In bin in Concord herumgefahren und habe nach dem Haus gesucht, in dem sie wohnt. Nichts. Alles vergebens. Dann nennst du mich J.P., womit sie vermutlich nichts anfangen konnte. Mir gegenüber hast du ihren Namen wohl nie fallen gelassen. Wahrscheinlich, weil du erst auch gar nicht sicher warst, wen du schicken solltest. Und dann stand sie plötzlich vor mir.“
„Wie ernst ist diese Geschichte? Ich wollte sie ja eigentlich bald wieder zurückholen.“
„Mach dir keine Sorgen deswegen. Wie sich’s bei ihr anhört, kann sie das ja kaum erwarten.“ Jake konnte den frustrierten Ton in seiner Stimme nicht ganz verbergen.
„Du willst nicht, dass sie wegfährt, was?“
„Nein.“
„Dann tu irgendwas, damit sie bleibt.“
Jakes bitteres Lachen hing als eine weiße Wolke zwischen ihnen in der Luft. „Das sagt sich so leicht!“
„Nein, natürlich ist das nicht einfach. Es hat mich ein ganzes Jahr gekostet, um Beth davon zu überzeugen, dass ich der richtige Mann für sie bin. Ein gottverdammtes Jahr! Das ist alles andere als einfach.“
„Vielleicht kommen wir ja mit so einer Fernbeziehung über die Runden, bis der Pub hier schwarze Zahlen schreibt und man einen Geschäftsführer einstellen kann.“
Kevin schüttelte den Kopf. „Ich sag es ja nicht gern. Aber das kann eine Weile dauern.“
„Ich weiß. Dabei möchte ich gern den Laden selbst führen. Und ich möchte jeden Morgen an Darcys Seite aufwachen. Ich will eben alles.“
„Wenn du etwas wirklich willst, wirst du einen Weg finden.“ Kevin bemerkte den Seitenblick, den Jake ihm zuwarf. „Ich weiß. Den Spruch hätte meine Oma auch aufs Sofakissen sticken können.“
„Genau. Das ist die Sorte von Weisheiten, die auf den kleinen Zetteln in den Glückskeksen stehen.“
„Dass du mir die Sache mit Darcy bloß nicht versaust, bevor wir den Pub einweihen! Sonst bring ich dich um.“
„Du bist wirklich ein echter Freund, Kevin.“
„Weißt du doch, J.P. Und nun lass uns noch ein paar Meilen hinter uns bringen!“
Drei Tage später hatte Darcy es sich gerade auf der Couch gemütlich gemacht, um die letzten Korrekturen für die Speisekarte durchzugehen, als das Telefon klingelte. Die Versuchung, den Anrufbeantworter anspringen zu lassen, war groß. Sie hatte eben eine vierzigminütige Autofahrt durch den Schnee hinter sich, um die Druckfahnen vom „nächsten“
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