Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verborgene Kind

Das verborgene Kind

Titel: Das verborgene Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Willett
Vom Netzwerk:
sollte er auch? Nick hatte inzwischen akzeptiert, dass sein Platz bei Alice und den Kindern war, auch wenn das anfangs vielleicht schwer war, und seine Besuche würden wieder in einem normalen Rhythmus stattfinden.
    Das Telefon klingelte: Sara.
    »Wie ich höre, macht Milo ein Hospital aus dem Haus«, erklärte sie auf ihre abrupte Art. »Nick hat erzählt, Venetia hätte es fertiggebracht, die Treppe runterzufallen und sich fast jeden Knochen im Leib zu brechen, und dass sie Zuflucht bei euch gesucht hat. Ich nehme an, sie war betrunken?«
    Lottie lachte. »Nein, sie war nicht betrunken, es ging ihr nur nicht besonders gut. Die Ärzte vermuten einen leichten Schlaganfall und werden sie deshalb im Auge behalten. Und gebrochen hat sie sich glücklicherweise nur den Knöchel und den Arm.«
    »Schlaganfall?«
    Lottie bemerkte ein ängstliches Beben in der Stimme ihrer Schwester. »Schwer zu glauben, nicht wahr? Venetia wirkt so unverwüstlich«, meinte sie. »Aber ihr geht es schon viel besser. Sie kehrt bald in ihr Hause zurück, also mach dir keine Gedanken!«
    Kurze Pause. »Freut mich zu hören.«
    »Ich wusste, dass du dich freuen würdest«, gab Lottie fröhlich zurück. »Du klingst, als wärst du gut in Form. Und ja, hier im La-la-Land geht es uns allen gut. Ich komme nächste Woche nach London, um Freunde zu besuchen, und bleibe ein paar Tage. Schaffst du es, mich zum Mittagessen zu treffen – sagen wir am Mittwoch?«
    »Wahrscheinlich«, sagte Sara ungnädig.
    »Gut. Ich rufe dich an, wenn ich in der Stadt bin, und wir machen was aus. Dann können wir uns ja erzählen, was es alles Neues gibt. Bis dann.«
    Lottie legte auf, holte tief Luft und ging auf die Terrasse. David. Es war, als habe jemand in ihrer Nähe seinen Namen ausgesprochen. Vor ihrem inneren Auge sah sie wieder das Foto der kleinen Familie: Tom, der seine beiden Babys im Arm hielt, und Helen, die ungezwungen und entspannt danebenstand und ihnen allen glücklich und liebevoll zulächelte. Der Schmerz traf sie wie ein Stich ins Herz. Wie anders die Helen gewesen war, die sie gekannt hatte: das Gesicht starr, weil sie sich so stark beherrschte; der leere Blick, mit dem sie ständig in die Vergangenheit zurücksah; die nervösen, unkontrollierten Bewegungen. Oh, es hatte hin und wieder glückliche Momente gegeben, in denen sie den Schmerz vergessen konnte. Doch dann schlich sich die Erinnerung wieder an und zog ihr das Herz zusammen. Und schon kam der Rückzug, der schnelle Griff zur Flasche.
    Lottie legte die Hände aufs Herz. Sie hatte vermutet, dass Helen um Tom trauerte. Und natürlich war das ein Teil des Schmerzes gewesen; aber kann man auch nur für einen einzigen Augenblick vergessen, dass man ein geliebtes Kind verloren hat? Noch dazu auf diese Art ...
    Und Tom? Sie erinnerte sich daran, wie entschlossen und beharrlich er sich bemüht hatte, normal zu wirken. Manchmal hatte Lottie sich über Helens Trauer geärgert; es erschien Lottie überzogen, dass Helen wegen einer Fehlgeburt trauerte, obwohl sie doch zwei wunderschöne Kinder und einen liebenden Ehemann besaß. Tom hatte ihr leidgetan, und sie war froh gewesen, dass er in ihrer Gesellschaft so etwas wie eine Atempause fand. Genau wie Matt hatte er seine Gefühle durch das Schreiben überdeckt und sich in die Arbeit gestürzt. Wie sehr Matt doch seinem Vater ähnelte! Und David sah ebenfalls genauso aus wie er.
    David. Wieder hallte der Name in ihr wider, aber dieses Mal mit einer jähen Freude und der Gewissheit, dass alles gut werden würde.

38. Kapitel
    D as Problem ist«, erklärte Imogen, »dass ich immer wieder darüber nachdenke. Und dann möchte ich losrennen und Rosie suchen, egal, wo sie gerade steckt, und sie in den Arm nehmen und nicht mehr aus den Augen lassen. Ich wache nachts auf und würde mich am liebsten vergewissern, dass sie noch da ist.« Sie und Jules saßen eng zusammen auf dem Sofa, und zu ihren Füßen schlummerte Dodger tief und fest. Sie hielt Jules’ Hand umklammert.
    »Und, tust du das?«, fragte Jules. »Siehst du wirklich nach ihr?«
    »Nein«, gab Im bestimmt zurück. »Nein, mache ich nicht. Ich habe wirklich eingehend darüber nachgedacht, verstehst du, nachdem der erste Schock vorüber ist. Ich habe über Mum nachgedacht und darüber, dass Entsetzen und Angst ihr gesamtes Leben zerstört haben. Und jetzt, nachdem ich die Wahrheit weiß, fühle ich mich wie eine vollkommene Idiotin, verstehst du, weil ich nie eine richtige Beziehung zu ihr aufbauen

Weitere Kostenlose Bücher