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Das verborgene Kind

Das verborgene Kind

Titel: Das verborgene Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Willett
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sah ihn durch. Irgendetwas daran war eigenartig, aber er wusste nicht zu sagen, was es war, und er war zu rastlos und besorgt, um sie genauer unter die Lupe zu nehmen. Der Gedanke an sein nächstes, noch ungeschriebenes Buch, von dem er nicht einmal eine Vorstellung hatte, beschwerte sein Gewissen. Jede neue, anfangs vielversprechende Idee stellte sich als langweilig heraus, jeder mögliche Handlungsbogen als uninteressant. Und Imogens Anruf hatte ihn in eine seltsame Stimmung versetzt.
    »Wir fühlen uns so wohl hier«, hatte sie gesagt. »Ich kann nicht glauben, dass wir endlich im Exmoor leben. Auch wenn das hier nur ein Ferienhaus ist und wir immer noch nicht wissen, wo wir ab Ostern hinsollen. Jules ist ein bisschen nervös, aber es ist absolut himmlisch, nur wenige Meilen von Milo und Lottie entfernt zu wohnen. Warum kommst du nicht für ein paar Tage vorbei? Die beiden würden sich so freuen, dich zu sehen, und wir auch.«
    Matt stand auf, schlenderte zum Fenster und schaute in den trostlosen Spätwinternachmittag hinunter. Die innerstädtische Straße war nass vom Nieselregen, und die Dächer der geparkten Autos schimmerten feucht. Vor seinem inneren Auge sah er das Haus aus rosigem Sandstein, das unterhalb der hohen, kahlen Klippen von Hurlstone Point stand. Von dort aus schweifte der Blick über das Dorf Bossington nach Dunkery Hill und dann westlich über das Porlock-Tal bis zum Meer. Plötzlich spürte er die kindliche Sehnsucht, dort zu sein, bei ihnen allen.
    »Was hätten wir nur ohne Milo und Lottie angefangen?«, hatte Im ihn einmal gefragt.
    »Ja, das seltsame Paar«, hatte er leichthin geantwortet, weil er nicht zugeben wollte, wie wichtig diese beiden Menschen ihm waren.
    »Die beiden sind eigentlich unsere richtige Familie, nicht wahr?«, hatte sie gemeint. »Sie haben uns das Leben gerettet und dafür gesorgt, dass wir normal geblieben sind.«
    Jetzt warf Matt einen Blick auf seine Armbanduhr: zwanzig nach drei. Wenn er sich sputete, konnte er zum Abendessen dort sein. In der Einbauküche von High House würde sich Milo – groß, dünn, elegant – über einen Topf mit köstlicher Suppe oder über eine exotische Sauce beugen, die auf dem Herd köchelte. Durch den Bogengang würde er Lottie etwas zurufen, die im Esszimmer an dem langen, schmalen Tisch saß, auf dem immer Stapel von Büchern und Zeitungen lagen, und ihm laut aus einem Artikel oder Brief vorlas, und sie würden sich beide vor Lachen ausschütten.
    Wieder spürte Matt, wie ihm die Sehnsucht nach der vertrauten Szene einen Stich versetzte. Er nahm sein Handy und scrollte die Namensliste hinunter, bis er bei Lottie ankam. Eine halbe Stunde später war er bereits unterwegs.
    Lottie traf Milo im Wintergarten an, wo er in der warmen Februarsonne in einem alten Korbsessel saß. Sein stolzes Profil mit der Adlernase verriet Konzentration, während er seine Zeitung las. Die langen, dünnen Beine hatte er ausgestreckt und an den Knöcheln übereinandergeschlagen, sodass rote Socken hervorlugten. Unter seinen Knien hatte sich ein goldbrauner Spaniel zusammengerollt.
    »Matt ist unterwegs«, erklärte sie. »Ist das nicht großartig? Er wird rechtzeitig zum Abendessen bei uns sein.«
    Milo ließ die Zeitung sinken. »Na, das ist mal eine gute Nachricht. Wie geht es ihm?«
    Lottie zog ein Gesicht und krauste die Nase. »Kann ich nicht sagen. Klang vielleicht ein wenig niedergeschlagen. Natürlich habe ich gar nicht gewagt, das neue Buch zu erwähnen.«
    Milo schüttelte den Kopf. »Armer Kerl! Jetzt zahlt er den Preis für seinen frühen Erfolg. Wenn das erste Buch ein internationaler Bestseller und in Hollywood verfilmt wird, dann ist es sehr schwer, das nächste zu schreiben. Jeder lauert nur darauf zu erfahren, ob es ein Flop wird.«
    »Er sagt, sein Kopf sei vor lauter Angst vollkommen leer; meint, das erste sei nur ein Glückstreffer gewesen und dass er nie wieder was schreiben werde. Wenigstens ist er finanziell abgesichert. Und ganz bestimmt wird er irgendwann wieder arbeiten können. Ich wollte gerade Tee kochen. Soll ich ihn herbringen? Nanu, wer kommt denn da?«
    Sie trat ans Fenster, beschattete die Augen gegen die schräg einfallende Sonne und sah die lange Auffahrt hinunter, die sich vom Dorf her zwischen den nicht durch Zäune abgetrennten Feldern hier heraufschlängelte. Der Wagen wurde langsamer und ließ ein paar Mutterschafe über den Fahrweg zockeln. Dann hielt er weiter auf das Haus zu, rumpelte über das Viehgitter und

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