Das verborgene Netz
Gerücht?«
»Dass Steinhoff hin und wieder für den BND unterwegs ist.«
Hans Peter Steinhoff gehörte zu den Reportern, deren Namen kürzlich im Zusammenhang mit der Journalisten-Affäre des BND genannt worden waren. Der Nachrichtendienst hatte seit 1993 BND -kritische Autoren überwacht, außerdem offenbar Spitzel rekrutiert, die Informationen über Kollegen, aber auch über Mitarbeiter des Dienstes sammeln sollten. Angeblich hatte der BND auf diese Weise herausfinden wollen, aus welchen internen Quellen die
Journalisten Insiderinformationen erhalten hatten. Einer dieser Spitzel, hieß es, sei Hans Peter Steinhoff gewesen.
»Worum geht es da noch mal?«
Rohwe warf ihr einen verwunderten Blick zu. Sie zuckte die Achseln. Im Sommer für zwei Monate Unterricht an der Akademie in Wertheim, vor Langeweile wie gelähmt, undenkbar, Zeitungen zu kaufen, geschweige denn zu lesen, und wer ertrug Radionachrichten auf Fränkisch?
Er grinste. »Angeblich um die Plutonium-Affäre des BND . Die in den Neunzigern, du erinnerst dich?«
»Vage. War Steinhoff damals involviert?«
»Wissen wir nicht.«
Sie lehnte sich im Sitz zurück, sah aus dem Fenster. Versuchte Tötung eines ehemaligen oder noch aktiven BND -Spitzels, Ermittlungen in Berlin – so hatte sie sich die Rückkehr in den Dienst nicht vorgestellt. »Hast du mit ihm gesprochen?«
»Ja.«
»Und ihn nach der BND -Sache gefragt?«
»Ja. Er äußert sich nicht dazu.«
»Und du hast es dabei belassen.«
»Richtig. Ich verhalte mich immer korrekt, zumindest im Dienst.«
»Ich nicht, vor allem nicht im Dienst.«
»Ich weiß, dein Ruf eilt dir voraus.« Die Sache mit den Terroristenjägern vor ein paar Jahren, sagte Rohwe, habe kurzzeitig für Aufregung gesorgt unter den Berliner Kollegen. Versucht da eine Kollegin aus der Provinz, eine Handvoll ausgebildeter Islamistenkiller zu stellen! Marschiert allein einen Berg hoch und hält dem Kommandoführer die Wumme an den Kopf! Bekommt ein Messer in den Bauch und überlebt auch noch! »Du hast Fans bei uns.«
»Porträt als Bildschirmhintergrund und so?«
»Wir haben Aufkleber gedruckt.«
Sie lachten.
»Dann weißt du das mit dem Alkohol auch?«
Rohwe hielt vor einem Hotel und stellte den Motor ab, stieg jedoch nicht aus. Die klaren Augen lagen auf ihr. »Inoffiziell.«
»Und du wolltest es offiziell wissen.«
»Ich gebe nichts auf Gerüchte, schon gar nicht, wenn es um Kollegen geht.«
»
Sehr
korrekt, wirklich.«
Er hob eine Augenbraue. »Zurück zu Steinhoff. Er kooperiert nicht. Er hat Anzeige erstattet, aber mehr als das Notwendigste erzählt er nicht. Anfangs war er wohl in Panik, aber als ich mit ihm gesprochen habe, war davon nichts mehr zu bemerken. Da war er … « Rohwe zögerte. »Einsilbig.«
»Na, mal sehen. Badischer Charme versetzt Berge.«
In Rohwes Augen trat ein Anflug von Strenge. »Bring mich nicht in Schwierigkeiten, ja? Ich hab Kinder, zwei Exfrauen und teure Hobbys.«
»In Krankenhäusern gibt es Kantinen. Du trinkst eine Kanne Kaffee, ich rede mit Steinhoff.«
Er schüttelte den Kopf. »Vergiss es.«
»Wenn’s so einfach wäre.«
»Ist es, Louise. Das ist unsere Stadt, du bist hier Gast und spielst nach unseren Regeln.«
Sie seufzte. »Ich werde mir Mühe geben.«
»Klingt wie eine Drohung.«
Sie lachten erneut. Doch Rohwes Augen blieben streng.
»›Gast‹ stimmt übrigens nicht ganz. Ihr habt mich angefordert.«
»Nun ja«, sagte Rohwe gedehnt.
»Nun ja?«
Ein unangenehmer Verdacht keimte in ihr auf, und Rohwe bestätigte ihn. Rolf Bermann hatte einen Ausflug »der Kollegin Bonì« nach Berlin für ratsam gehalten, »wenn’s euch recht ist«. Der Freiburger Alltag sei arg trist für eine stets energiegeladene Ermittlerin wie sie, eine Reise in die Hauptstadt genau das Richtige in diesen ereignislosen Spätherbstmonaten in der Provinz. Ein Lächeln flog über Rohwes Gesicht. Zwischen diversen Anweisungen an die Küche – »das Ei bitte genau drei Minuten, Schätzchen«, »der Espresso heute doppelt, Schätzchen« – hatte Rolf Bermann die Ermittlungshilfe telefonisch auf eine Opferbefragung durch die Freiburger vor Ort ausgedehnt. »›Freut euch, ihr bekommt die Beste‹, hat er gesagt.«
Louise schüttelte fassungslos den Kopf. Die Bermann’schen Spielchen nahmen immer eigenartigere Formen an.
Wieder erklang »We Will Rock You« aus den Tiefen von Rohwes Kleidung, wieder rührte er sich nicht.
»Hartnäckige Freundin?«
»Weiter im Text … Was willst du
Weitere Kostenlose Bücher