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Das verborgene Netz

Das verborgene Netz

Titel: Das verborgene Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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stand Hans Peter Steinhoff.
    Und die Kollegen? Eberhardt Rohwe von dem Fall abgezogen, eine Stunde später tauchten zwei Ermittler auf. Doch von welcher Behörde?
    »Auf Krankenbesuch?«, fragte der Taxifahrer, ein kleiner Greis, aus dessen Ohren weiße Büschel wuchsen.
    »Sozusagen.«
    »Verwandt?«
    »Nein.«
    »Schlimm?«
    »Noch nicht.«
    »Hoffen wir das Beste.«
    »Für mich?«
    »Den Kranken.«
    »Wird ausgerichtet.«
    Sie zog das Handy aus der Anoraktasche. Keine Nachricht von Ben. Er war seit einer Woche in Sarajewo, vor zwei Tagen hatten sie zum letzten Mal telefoniert, beides schien Ewigkeiten zurückzuliegen. Ein Besuch in der Vergangenheit – und vermutlich auch ein Versuch, den Freiburger Frust loszuwerden. Die ersten vier Monate ein Job als Nachtwächter auf einem kaum frequentierten Parkplatz in Freiburg-St. Georgen, seitdem arbeitslos, weil ihm die
baden-württembergische Polizei die Türen nicht wieder öffnen wollte. Stellenangebote als Security-Mann bei einer Supermarktkette und als Türsteher einer Diskothek in Karlsruhe hatten ihn nicht interessiert.
    Im Oktober war dann über einen ehemaligen Kollegen die Anfrage aus Potsdam gekommen: ein Verwaltungsjob beim Bundesgrenzschutz, der wenige Monate zuvor in »Bundespolizei« umbenannt worden war. Abteilung 4 , »Internationale Angelegenheiten, Europäische Zusammenarbeit«, Bens Spezialgebiet. Ein, zwei Jahre lang Schreibtischarbeit, dann mal sehen. Warum nicht wieder im Rahmen der Europäischen Polizeimission nach Bosnien und Herzegowina? Die
State Investigation and Protection Agency
stand noch längst nicht auf eigenen Beinen.
    Sarajewo, na toll, hatte sie gesagt.
    Wir werden sehen, hatte Ben gesagt.
    Glaub nicht, dass ich mitkomme und mit den anderen Anhängseln Damenprogramm mache.
    Und Berlin?
    Müsste ich mir erst mal ansehen.
    Nun hatte sie es sich angesehen und wusste, dass sie weder nach Sarajewo noch nach Berlin mitgehen würde. Eine Fernbeziehung drohte. Aber vielleicht war das ja auch gar nicht so schlecht. Distanz verhinderte, dass man sich selbst in zu viel Nähe verlor. Eine Gefahr in ihrer Beziehung mit Ben, an den sie sich mit Haut und Haaren gewöhnt hatte.
    Der Taxifahrer hielt. »Zehn dreißig.«
    »Elf.«
    »Quittung?«
    »Nein, danke.«
    Sie legte zwei Scheine in eine zittrige, haarige Hand, bekam Wechselgeld.
    »Na dann tschüss.«
    Sie stieg aus, folgte dem Taxi mit dem Blick. Durch das Seitenfenster waren nur die obere Kopfhälfte und die Hände des Fahrers zu sehen. Ein bizarrer Anblick in einer bizarren Stadt.
    Sie wandte sich dem Eingang des Krankenhauses zu. Die Kripo offiziell draußen, doch irgendeine Ermittlungsbehörde war noch an dem Fall dran. Immerhin, dachte sie, etwas Positives hatte das Ganze: Die Guten waren im Überfluss vertreten.
     
    Dann wurden die Umstände noch rätselhafter: Hans Peter Steinhoff hatte das Krankenhaus am frühen Morgen auf eigene Verantwortung verlassen, gegen den Rat des behandelnden Arztes.
    Zwei Krankenschwestern, die nur dies wussten, nach langem Suchen dann ein Assistenzarzt, der immerhin mitbekommen hatte, dass Steinhoff allein gegangen, von niemandem abgeholt worden war. Der Arzt ließ sich vom badischen Charme erweichen und zeigte ihr die Krankenakte. Platzwunde am Hinterkopf, Nase gebrochen, zwei Zähne ausgeschlagen, Prellungen auf der ganzen linken Gesichtshälfte. Ohne Bewusstsein eingeliefert, am Sonntagmorgen erwacht. Lebensgefahr hatte nicht bestanden, aber vor Anfang nächster Woche hätte man Steinhoff nicht entlassen.
    Die Nachtschwester der Station war am Morgen nach Hause gegangen. Louise bat den Assistenzarzt um ihre Privatnummer. Er schüttelte den Kopf und verwies sie an den Ärztlichen Direktor, die Pflegedirektorin oder den Geschäftsführer.
    Seufzend begann sie mit der Suche.
    Aber sie hatte kein Glück. Der Direktor war im Urlaub,
die Pflegedirektorin im Mitarbeitergespräch, der Geschäftsführer beim Mittagessen außerhalb.
    Sie mochten sich nicht, diese Stadt und sie.
     
    Draußen, vor dem Eingang, rief sie Rohwe an. »Wird immer merkwürdiger, Ebbe.«
    Er seufzte.
    Sie erzählte von den Ermittlern im Hotel, von Steinhoff. Als Rohwe nichts erwiderte, lehnte sie sich an eine der schmalen Säulen vor dem Eingangsbereich und wartete schweigend.
    Pfützen auf dem Gehweg, in denen sich das weiße Gebäude spiegelte. Regentropfen ließen das Abbild verschwimmen.
    Sag was, Ebbe.
    »Hm«, sagte Ebbe. »Steinhoff hat vorhin angerufen.«
    »Was? Bei

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