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Das verborgene Netz

Das verborgene Netz

Titel: Das verborgene Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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noch wissen?«
    »Was hat die Zeugin aus Freiburg mitbekommen?«
    Rohwe wiegte den Kopf hin und her. Auch Esther Graf hatte nicht viel zu sagen. Sie hatte geschlafen, war von einem »Tumult« geweckt worden, hatte kurz darauf Schritte und Geräusche aus dem Nebenzimmer gehört und sich dann wieder hingelegt. Die Streifenbesatzungen, die als Erste am Tatort gewesen waren, hatten sie zu Steinhoff befragt, genauso der Sofortdienst, der später geholt worden war. Aber sie kannte ihn nicht. Rohwe selbst hatte nicht mit ihr gesprochen. Als er am Sonntagnachmittag vom Sofortdienst übernommen hatte, war sie bereits wieder in Freiburg gewesen.
    Er hob die Hand an den Mund, räusperte sich. Sie hatten also eine versuchte Tötung, zwei Täter, die niemand gesehen hatte, ein Opfer, das nicht so recht reden wollte, und eine Zeugin, die wenig gehört und nichts gesehen hatte. All das, in Kombination mit dem Gerücht in Bezug auf Steinhoff, machte naturgemäß misstrauisch. »Und damit sind wir bei meinen Ahnungen. Erfahrung mit dem BND ?«
    »Nicht viel. Hin und wieder helfen sie, hin und wieder stellen sie sich quer.«
    Die Berliner Kripo, sagte Rohwe, habe naturgemäß gelegentlich Kontakt zum BND . Tausende Politiker, Diplomaten, Geheimdienstleute, die Hooligan-Problematik, dazu komme, dass Berlin neben London und New York Zentrum der organisierten Kriminalität aus Osteuropa sei …
    »Mach’s kurz, Ebbe.«
    Er zögerte. »Seit ich weiß, dass Steinhoff vielleicht für den BND arbeitet, gehe ich davon aus, dass mich mein Chef irgendwann zurückpfeifen wird. Du weißt schon. Dass wir den Fall totmachen sollen.«
    Es dauerte einen Moment, bis sie verstand. »Die Anrufe.«
    Rohwe lächelte düster. »Er steht auf Queen.«
    »Verdammt. Worauf warten wir?«
    Sie stieg aus, lief im strömenden Regen über den Gehsteig, betrat das Hotel. Eine andere Stadt, dasselbe Spiel. Irgendeine Behörde zog die Strippen, irgendjemand ließ sich beeindrucken, und der Fall war kein Fall mehr.
    Im Foyer blieb sie stehen. Links die Rezeption, rechts eine geöffnete Doppeltür zur Hotelbar, zu sehen war niemand. Im Hintergrund unerträgliche deutsche Schlagermusik – und plötzlich ein quäkendes »We Will Rock You«.
    »Louise«, sagte Rohwe hinter ihr. Er hielt das singende
Telefon in der Hand. »Ich muss drangehen. Wenn du noch was wissen willst, dann frag jetzt.«
    »Welche Zimmer?«
    » 34 die Frau, 35 der Tatverdächtige.«
    »Sind die Zimmer noch beschlagnahmt?«
    »Nein, aber sie werden erst morgen für Gäste freigegeben.«
    »Bekomme ich den Bericht der Techniker?«
    »Wenn du wieder in Freiburg bist.«
    Sie rollte die Augen, Rohwe zuckte die Achseln.
    »In welchem Krankenhaus liegt Steinhoff?«
    »Martin Luther in der Caspar-Theyß-Straße. Falls du, ähm, dringend einen Arzt brauchst, nimm ein Taxi, ist nicht weit.«
    »Was wisst ihr über die Waffe?«
    »Nichts. Keine Ahnung, ob Schreckschuss oder scharf.«
    Rohwe hob das Handy ans Ohr. Das Gespräch war kurz und einseitig, er sagte kaum ein Wort. Während er das Telefon in die Gesäßtasche steckte, nickte er. »Brandstiftung in Schmargendorf. War schön, dich kennengelernt zu haben.« In seinen Augen lag Bedauern.
    Louise schluckte den Ärger hinunter, ergriff seine ausgestreckte Hand.
    »Ich muss deinen Chef informieren. Was soll ich ihm sagen?«
    »Dass ich mir den Alexanderplatz ansehen und in Erinnerungen schwelgen werde.«
    Rohwe lächelte, dann ging er, ein dürrer, gekrümmter Zweimetermann, der nicht konnte, wie er wollte, und das für ihren Geschmack zu bereitwillig akzeptierte. Trotzdem empfand sie unvermittelt das Bedürfnis, ihm nachzulaufen, ihn zu bitten, sie nicht allein zu lassen. Wir müssen ja nicht
rauf in den dritten Stock, ein Kaffee in der Bar genügt, noch ein paar Minuten reden …
    Reglos starrte sie auf die gläserne Eingangstür, die sich in diesem Moment schloss. Das Bedürfnis wurde immer drängender, in der Brust war plötzlich ein Druck und im Kopf Angst. Wütend lachte sie auf. Das kannte man doch, das war doch überwunden geglaubt. Das stammte aus den Vorjägermeisterzeiten, aus den Vorehezeiten, aus ihrer wilden Steinzeit, als sich gelegentlich weite Ozeane der Apathie in ihrem Körper ausgebreitet hatten.
    Sie holte tief Luft. Ruhig bleiben, Bonì.
    Bewegen, Bonì.
    Sie ging zur Rezeption. Unter den Schlüsseln, die an Haken hinter dem Tresen hingen, befanden sich auch die zu den Zimmern 34 und 35 . Sie hatte sich auf die Rückkehr in den Dienst

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