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Das verbotene Glück der anderen

Das verbotene Glück der anderen

Titel: Das verbotene Glück der anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manu Joseph
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drei Krankenschwestern mittleren Alters kommen in weißen Kitteln auf ihn zu. Sie lachen und reden auf Malayalam über Bananen, gelbeund grüne Bananen. Als sie an ihm vorbeilaufen, blicken sie ihn misstrauisch an, als sei er ein entlaufener Patient. Deshalb geht er jetzt rascher und appelliert an seine Tageslichtwürde.
    Als die weiße Tür näher rückt, wird der Korridor sauberer, und ein kurzer roter Teppich liegt bis zur Tür aus. Er sieht, dass an der Tür ein Namensschild prangt, das so groß ist, dass sehr viel mehr darauf stehen muss als nur «Psycho». Als er schließlich vor der Tür steht, hat er das Gefühl, einen Teil des Geheimnisses um Alpha allmählich zu enträtseln, aber er ist sich noch immer nicht ganz sicher. Auf dem Namensschild steht:
    Dr C. Y. Krishnamurthy Iyengar
DM, FRCP (Glas), FRCP (Edin), FRCP (Lond),
FAMS, FACP, FICP FIMSA, FAAN
Neurochirurg, Neuropsychiater
Chairman Emeritus
Tagesklinik und Forschungszentrum für Schizophrenie
    Ousep betrachtet die Tür kurz. Hinter der Tür sitzt irgendwo im Zimmer ein Arzt, höchstwahrscheinlich ein großer alter Mann, ein Neurochirurg und Neuropsychiater, den Alpha Psycho nennt. Soweit Ousep sehen konnte, ist Alpha kein normaler Mensch. Die Art der Beziehung zwischen Alpha und einem Neuropsychiater ist leicht zu erraten. Dass der Junge Psycho als Gegner sah, ist verständlich. Ousep will wiederum Alphas Warnung nicht einfach in den Wind schlagen. Er muss sich entscheiden, ob er dem Mann sagen soll, warum er hier ist, oder ob er ihm etwas vorspielen soll.
    Er öffnet die Tür und blickt in einen erstaunlich großen Raum ohne Fenster. In der Mitte des Zimmers steht ein alter Holzschreibtisch, hinter dem ein kleiner alter Mann mit vollem, silbernem Haar sitzt, das sorgfältig zurückgekämmt ist. Er hat den Kopf über eine spannende Lektüre in seinem Schoß gebeugt, und falls er wahrgenommen hat, dass jemand die Tür geöffnethat, interessiert er sich nicht besonders für den Eindringling. Ousep tritt ins Zimmer und bleibt stehen. Der alte Mann trägt ein kariertes Baumwollhemd, dessen Kragen und Manschetten zugeknöpft sind. In seiner Brusttasche stecken acht Füllfederhalter und ein kleines schwarzes Ding, wahrscheinlich eine Art Taschenlampe. Am dritten Knopf sind drei Silbermedaillen befestigt. Der Raum ist voller Abzeichen und gerahmter, ehrenvoller Erwähnungen, von denen die meisten das Konterfei eines Jünglings zeigen, der nicht lächelt und zweifellos zu dem Mann wurde, der vor ihm sitzt.
    Iyengar hebt den Kopf und ist nicht überrascht über das, was er sieht. Er starrt Ousep nicht verständnislos an und stellt keine Fragen. Er deutet auf einen Stuhl. Er ist der alte Mann aus dem
Totenalbum
, eine der vier unbekannten Figuren. Ousep versucht, ohne die Würde zu verlieren, eine bescheidene, unterlegene Miene aufzusetzen. Iyengar legt das Buch, das er gerade liest, auf den sauberen Schreibtisch. Es ist die Bhagawadgita, auf Sanskrit. Ein alter, philosophischer Mensch, der viel Zeit hat, was ein gutes Zeichen ist.
    «Dr. Iyengar, mein Name ist Ousep, ich bin der Chefreporter der UNI. Es tut mir leid, dass ich ohne Termin vorspreche.»
    «Was ist UNI?», fragt der Arzt und lehnt sich amüsiert in seinen Sessel zurück. Er hat eine tiefe, aber nicht sehr kraftvolle Stimme.
    «United News of India, eine Nachrichtenagentur wie PTI.»
    «Ich verstehe.»
    «Ich arbeite an einem Artikel, einem Feature über Schizophrenie in Madras. Über die Verfassung von Schizophrenen.»
    «Über ihre Verfassung?»
    «Wie Menschen mit diesem Leiden das Leben meistern, wie ihnen geholfen wird.»
    «Ousep, Sie schreiben also einen Artikel über Schizophrene,und Ihr Artikel wird von allen Zeitungen gebracht, die von den UNI beliefert werden. Ist das richtig?»
    «Ja, das ist richtig.»
    «Aber es handelt sich hier nicht um Nachrichten, um aktuelle Berichterstattung. Sie haben gesagt, Sie arbeiten an einem Feature, und das heißt, dass der Artikel zu unbestimmter Zeit erscheinen kann – in einer Woche, einem Monat. Ist das richtig?»
    «Ja.»
    «Wird er auch in
The Hindu
erscheinen?»
    «Möglicherweise.»
    «Sie wissen es nicht genau?»
    «Nein.»
    «Ich habe noch nie erlebt, dass ein Feature den Namen einer Nachrichtenagentur trägt. Ich sehe dauernd PTI-Artikel, aber das sind alles Nachrichtenbeiträge.»
    «Ja, es ist ein wenig seltsam, aber das Thema interessiert mich nun einmal.»
    «Warum?»
    «Einfach so.»
    «Ousep, ich habe einen Freund, der Sexologe ist.

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