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Das verbotene Glück der anderen

Das verbotene Glück der anderen

Titel: Das verbotene Glück der anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manu Joseph
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zu ihm. Somen Pillai wirkte ernst. Er sagtenie etwas. Seine Augen fand ich sehr beunruhigend. Anscheinend glaubte er, dass er Dinge über die Welt wusste, die anderen verborgen blieben. Sai war schlicht, aufgeregt und sehr neugierig. Er sprach in kurzen, schnellen Redeschwallen.»
    ~
    Somen Pillai wohnt in einem soliden Einfamilienhaus mit rosafarbener Fassade. Es steht am Ende eines schmalen ungepflasterten Gehwegs, der an ähnlichen Häusern vorbeiführt. Hinter den dunklen Fenstern und in den Türöffnungen stehen Leute und starren hinaus. Sie wirken gelangweilt, als seien sie auf eine noch größere Langweile gefasst und als wüssten sie, dass das Außergewöhnliche nicht existiert.
    Somens Zuhause gehört zu den Häusern mit Augen – der Gast ist fünfzehn Meter entfernt, und schon bewegt sich der immer blaue Vorhang am vorderen Fenster zwei Zentimeter, und die Haustür öffnet sich langsam, als sei alledem reifliche Überlegung vorangegangen. Dann kommen die Gastgeber zum Vorschein und empfangen den Gast oder weisen ihn ab. Hinter dem niedrigen Haus ragen bedrohlich die Mehrfamilienhäuser empor.
    Seit Unnis Comic zurückgeschickt wurde, war Ousep sicher acht Mal hier. Und noch bevor er zum Tor gelangt, geht jedes Mal die Haustür auf, und Somens Vater oder seine Mutter kommt aus dem Haus, oder beide zusammen, oder aber die Tür bleibt geschlossen. Wenn sie sich zeigen, treten sie auf die Portikusterrasse, stützen die Ellenbogen auf das niedrige Eisentor und warten auf ihn. Doch sie haben ihm nichts zu sagen, nur, dass Somen nicht da ist und dass er niemanden sehen will.
    Ousep ist dem Jungen nur ein Mal begegnet – vor drei Jahren, eine Woche nach Unnis Tod. Mit seiner unfreiwillig modischen,verträumt herabwallenden Haarmähne, seinen großen, feuchten Augen, dem tiefen Grübchen auf der rechten Wange und einem Lächeln, aus dem Unbehagen sprach, blickte er Ousep durchdringend an und schien zuzuhören, sprach aber dann, als hätte er die ganze Zeit an etwas anderes gedacht. Er redete langsam und besonnen, mit unausgesprochener Überlegenheit, so, als seien seine Gedanken zu komplex, um artikuliert zu werden. Dieselbe komplizierte Rücksicht auf sich selbst ließ er walten, wenn er etwas so entsetzlich Normales sagte wie: «Wir waren einfach drei Freunde, die zusammen rumhingen und redeten.»
    Bevor Ousep am Eingangstor ist, geht die Haustür auf. Somens Eltern kommen zum Tor geschlendert, blicken sich nach allen Richtungen um und stützen die Ellenbogen aufs Tor. Sie sagen kein Wort, wirken aber verschworen, wie alle richtigen Ehepaare; wenn Ehemann und Ehefrau beieinanderstehen, sind sie Komplizen.
    Sie haben ihn nie hereingebeten, und zur Entschädigung zeigen sie ihm, dass sie sich aufrichtig dafür schämen. Immerhin sind sie Malayalis und wissen, dass Ousep Chacko der vielversprechende Schriftsteller von anno dazumal ist.
    «Er ist nicht zu Hause», sagt Somens Vater und wirft Ousep durch dicke Brillengläser einen matten Blick zu. Er trägt konventionelle Bürohosen, doch sein Oberkörper ist nackt, und über seinen Schultern hängt ein kleines Handtuch. Er ist Filialleiter bei der Canara Bank, und seine Frau arbeitet in derselben Zweigstelle als Schalterbeamtin. Sie macht ein verbissenes Gesicht, als würde sie gerade Geld zählen. Eine ordentliche, würdevolle Frau, wie die meisten Frauen auf der Welt. Mag sein, dass sie noch nie auch nur für einen Augenblick in einer von Mariammas gymnastischen Körperhaltungen dagestanden hat. Wie es wohl sein mag, mit einer ruhigen, femininen Frau zu schlafen, die nicht mit den Wänden spricht?
    Jemand taucht in der Türöffnung auf und lenkt Ousep ab. Die Eltern des Jungen geraten kurz in Panik, drehen sich zur Tür und stellen erleichtert fest, dass es nur das Dienstmädchen ist. Den schlanken Rücken an den Hüften nach unten abgewinkelt, putzt sie die Eingangsstufe. In Ousep regt sich Verlangen. Ihr Gesicht ist von einer strengen, gebremsten Schönheit, als dürfe sie an diesem Ort nicht hübscher sein. Wie sollte ihr das gestattet sein? In Madras müssen Dienstmädchen hässlich sein, denn nur dann hat die Hausherrin die Gewissheit, dass der egalitäre Muskel ihres Mannes nicht munter wird.
    «Wie kann ich Ihren Sohn denn treffen?», fragt Ousep.
    «Vielleicht sollten Sie vorher anrufen», antwortet der Vater.
    «Keiner nimmt den Hörer ab.»
    «Das ist höchst seltsam, Ousep. Wir sind nämlich morgens und abends zu Hause.»
    «Und wann genau ist Ihr Sohn

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