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Das Verdammte Glueck

Das Verdammte Glueck

Titel: Das Verdammte Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Kurz
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hat sie überall rumerzählt, ich hätte sie eine dumme Möse genannt. Ein hinterhältiges Luder. Dabei hatte ich mir nur den dezenten Hinweis erlaubt, dass ein bisschen Deo nicht schaden würde. Da ist sie gleich hochgeschossen wie eine Silvesterrakete und hat gesagt, sie nimmt nur eine ganz bestimmte Seife aus dem Naturkostladen, da ihre Haut sehr leicht allergisch reagiert und sie nicht mehr weiß, was sie machen soll. Ich entgegnete, der Geruch der Seife aus dem Naturkostladen erinnert mich an die Käsetheke im Supermarkt. War als Witz gemeint, obwohl es stimmte. Ihr Körpergeruch war sicher wirksamer als jede Pille. Den Witz hat sie aber nicht kapiert, zu dämlich, die Kuh. Sie fing zu flennen an und rannte raus. Riemerschmid bat mich später zu einem Gespräch in sein Büro, laberte was von Mobbing und dass die Firma auf ihr Image achten müsste, Seminar-Gesülze, ich hab nach Möglichkeit nicht zugehört. Er hat sich für die Kleine ins Zeug gelegt, als ob er scharf auf sie wäre. Als ich das in ’nem Nebensatz andeutete, schaltete er gleich ’ne ganze Raste auf freundlicher. Wenigstens war ich den dummen Moppel nach dem Anschiss wieder los.
    Na ja, und A bis K blieb erst mal an mir kleben, da half nichts.
     
    Neulich treff ich tatsächlich den Winsbeck im Supermarkt. Erst will ich wegschauen, doch dann bleib ich mit dem Einkaufswagen in einem Gang stecken, muss umdrehen und laufe ihm genau in die Arme. Da lächelt mich das Arschloch an. Begrüßt mich wie einen alten Freund und teilt mir freudestrahlend mit, seine rätselhaften Herzprobleme werden wahrscheinlich reichen, dass er sich in die Frühpension verabschieden kann. Ich fange mich erst wieder, als ich mit meinem Einkaufswagen an der Breitseite von Winsbecks Golf entlangschrubbe. Tut mir gut. Und mit dem Griff vom Einkaufswagen fetze ich ihm den Spiegel ab … denke ich jedenfalls, bis ich in meiner Karre sitze und gerade noch sehe, wie Winsbeck rauskommt und zu einer ganz anderen Seite des Parkplatzes geht. Das war gar nicht sein Golf. Hab ich verwechselt. Die Dinger sehen alle gleich aus, Schuhkartons auf Rädern.
    Ich hoffe, eines Tages werden sie wieder jemanden holen als Ersatz für Winsbeck. So wenig ist A bis K auch nicht. Was ich nicht schaffe, lasse ich jetzt gnadenlos liegen. Arschbacken zusammenkneifen, na klar, mach ich gern, jederzeit. Und Winsbeck macht sich währenddessen auf seinem Sofa einen schönen Nachmittag. Nicht mit mir. Zurzeit fülle ich jeden Coupon aus, den ich in Zeitungen und Zeitschriften sehe. Ich bestelle alles, jeden Mist. Nicht für mich, logisch. Was soll ich mit dem ganzen Scheiß. ‹Winsbeck› schreibe ich als Adresse drauf. Der kann doch alles gebrauchen, der hat ja Zeit, der hockt zu Hause rum. Ohrensessel und Sexpuppen, Abonnements und Beratungsgespräche mit Versicherungsvertretern – es gibt so viele Coupons in den Zeitungen, das fällt einem erst auf, wenn man mal alle raustrennt.
    Schade nur, dass man nicht mitbekommt, wie sie Winsbeck heimsuchen. Von der Garage herunterwinken und zur Probefahrt mit irgendeiner langweiligen Reisschüssel bitten. Oder Teppichmuster ranschleppen. Oder das absolute Highlight: ein Termin mit einer Dame, die unter dem Stichwort ‹Blondes Gift besucht dich› inseriert. Hab ich auch für ihn vereinbart. Mensch, immer nur seine Alte im Bett, ist doch langweilig! «Samstag, achtzehn Uhr», hab ich der Kuh gesagt, da läuft Fußball im Fernsehen, da ist er daheim. Muss man natürlich von einer Telefonzelle aus machen wegen der Rufnummerneinblendung.
    Und wissen Sie, was ich gestern zufällig sehe? Der Riemerschmid löffelt in seinem Büro einen Erdbeerjoghurt. Will er jetzt den Winsbeck nachmachen oder was? Jedenfalls hat meine Tante noch eine ganze Batterie an Tropfen hinterlassen – mal sehen, was da zum tollen Riemerschmid passen könnte. Die halten mich für blöde, aber ich sage euch, ich kneife sie alle in ihren Sack.

Seufzen
     
    Müller und ich hingen wieder im siebten Stock zum Fenster raus und seufzten wie die Weltmeister. Seufzten all unsere Sehnsucht hinaus. Die Sehnsucht hallte wider im Meer der vielen Dächer, in dem wir fischten. Unsere Sehnsucht war das Netz, das wir auswarfen ins pralle Leben, dann gierig einholten, und in dessen Maschen wir suchten, ob sich nicht etwas verfangen hatte. Wir seufzten, so laut wir konnten. Ich konnte lauter als Müller, aber er konnte weiter.
    «Wenn wir was fangen, bist du mich los», sagte er.
    Aber ich ermahnte ihn: «Erst

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