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Das vergessene Zepter

Das vergessene Zepter

Titel: Das vergessene Zepter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Gesang in der alten Sprache des Riesenvolkes. Das Zepter leuchtete heller und brummte noch lauter. Plötzlich wurden auch sämtliche Fliegen von innen her erleuchtet, als seien ihre Leiber nur schwarz erschienen, weil das Licht in ihnen nie entzündet worden war. Wie übergroße, goldene Glühwürmchen strahlten sie auf, bis sie eintausend kleine Sonnen waren. Dann regneten sie auf den Waldgrund hinab, ohne dort Spuren zu hinterlassen. Der Spuk war vorüber, der Fliegenschwarm verloschen.
    Â»Meine Magie«, stammelte Eljazokad. »Das war meine Magie, nur noch viel stärker und schöner.«
    Rodraeg, der aus etlichen kleinen Bißwunden blutete, hatte vor Schmerzen und Erschöpfung Mühe, sich auf die Beine zu stemmen, aber er sah die über dreißig Riesen, die zwischen den knorrigen Bäumen standen, als seien sie mitsamt den alten Stämmen dort gewachsen, und er kämpfte sich hoch und nahm eine einigermaßen würdevolle Haltung an.
    Â»Attanturik«, sagte er schwer atmend zu dem Unterhändler der Riesen, der auf ihn zugeschritten kam. »Wir bringen euch mit aller gebotenen Ehrfurcht das Zepter des Alten Königs aus der Höhle des Alten Königs. Leider können wir es in seiner Glut nicht mehr in die Hand nehmen, um es euch feierlich zu übergeben, aber ich denke, es gehört ohnehin ausschließlich in die Hände von Riesen. Für …« – einen Augenblick lang versagte ihm die Stimme – »für euer Eingreifen hier haben wir zu danken, denn ohne euch wären wir wohl nicht mehr weitergekommen. Aber ich fürchte, wir werden noch mehr eurer Hilfe in Anspruch nehmen müssen, denn mehrere von uns sind sehr schwer verwundet und ringen mit dem Tod.«
    Â»Rodrachdelban«, sagte Attanturik und schaute väterlich auf den Anführer des Mammuts herab. »Ihr habt Großes und Schweres im Sinne des Riesen vollbracht. Für eure Schmerzen und Widrigkeiten ist der Riese es, der euch Entschuldigung und Dank schuldet. Wir werden euch zur Heimstatt bringen, dort soll es euch ohn’ Mangel sein.«
    Jetzt erst bemerkte Rodraeg den kleinsten unter den Riesen, der mit breitem Grinsen auf ihn zukam. Sein Vollbart war dichter und länger, als man es nach nur zweieinhalb weiteren Wochen ohne Rasiermesser hätte erwarten können, und mit rötlicher Erde eingefärbt. Seine sonst immer im Nakken zusammengebundenen langen Haare trug er nun offen und nicht mehr von barbarischen Flechtzöpfchen durchwirkt. Die Segmentrüstung ließ ihn noch mehr wie eine uneinnehmbare Festung wirken als früher schon, und als Waffe trug er einen urwüchsigen Kampfstab aus versteinertem Holz.
    Wortlos ging Rodraeg auf Bestar zu. Beide schlangen die Arme umeinander und hielten sich fest.
    Â»Es gibt viel zu erzählen«, sagte Rodraeg. »Ich bin wieder gesund, dafür ist Hellas schwer verwundet und Eljazokad hat seine Magie eingebüßt. Wir hatten Ärger mit den Fliegen, mit der Dämmerung, mit suchenden Toten und Schemenreitern. Wie ist es dir ergangen?«
    Â»Besser als euch, Rodraeg, besser als euch. Kommt jetzt, die Krieger werden den Karren in unsere Behausung tragen.«
    Das taten sie tatsächlich. Zu acht hoben sie den Karren mitsamt den Verletzten darauf und schleppten ihn. Sogar die Maultiere wurden von je einem Riesen auf die Arme genommen wie Fohlen und durch das unwegsame Gelände getragen.
    Die Ritterin nahm den Helm ab, den sie wegen der Fleischfliegen aufgesetzt hatte. Umgeben von knorrigen Riesen, deren Köpfe genau so hoch über der Erde waren wie ihrer auf dem Pferd, vergaß sie einen Teil ihres Grolls. Mit fast so etwas wie einem Lächeln auf dem Gesicht erklärte sie, wer sie war und daß sie und ihre Leute das Zepter mit ihrem Leben beschützt hatten. Attanturik lächelte ebenfalls und lud sie einfach nur ein, mit ihnen zu kommen.
    Der alte Turgenngranet war es, der das Zepter aufhob und, umringt und abgeschirmt von sechs Kriegern, in die Zufluchthöhlen brachte.

11

Das letzte Licht der Hoffnung
    Die Musik der siebentönigen Sackflöten erfüllte scheppernd das gesamte unterirdische Gangsystem. Zimbeln und Pauken markierten den Rhythmus. Die Riesen feierten ein Freudenfest, und da die Riesen nicht oft Grund zum Feiern hatten, wurde es ein großes Ereignis.
    Ein Schamane mit beinahe bodenlangen Haaren und Bart kümmerte sich um die Verwundeten. Seraikella wurde in

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