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Das vergessene Zepter

Das vergessene Zepter

Titel: Das vergessene Zepter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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eine Rauchwanne gelegt und am ganzen Körper mit senfgelber Paste bestrichen; Jeron erst mit Rauch betäubt, dann mit einem Knochenmesser neu geöffnet, geordnet und anschließend sorgfältig mit einer Flußfischgrätnadel und einem sanft schillernden Raupenfaden wieder zugenäht. Hellas wurde gereinigt, mit Bergziegenspeichel beträufelt und mit noch lebendigen Mooskulturstreifen neu verbunden. Rodraeg, die Ritterin, Eljazokad und Bhanu Hedji bekamen – genau wie die schwerer Verwundeten – auf jeden Fliegenbiß, den sie erlitten hatten, ein in Kräutersud getränktes Maulbeerblatt gepreßt, das mittels Trichterspinnenwebsubstanz um die Wunde herum an der Haut festklebte. Rodraeg lief anschließend mit einundzwanzig solchen Blättern herum, Eljazokad mit sechzehn, Bhanu mit vierunddreißig und die Ritterin lediglich mit sechs. Erleichtert nahmen sie die Kunde auf, daß der Schamane zuversichtlich war, die Leben aller drei Verwundeten bewahren zu können.
    Während die Riesen in einer großen Grotte tanzten und von ihren seit Jahren sorgsam angelegten Vorräten praßten, erfuhr das Mammut in kleinerer Runde ein wohlgehütetes Geheimnis. Der gegenwärtige König, den Attanturik bei der Vergabe des Auftrages kurz erwähnt hatte, war kein bislang verborgen gehaltener weiterer Riese, sondern eben jener Turgenngranet vom Rat der Sieben, der die Fliegen gebannt und das Zepter an sich genommen hatte. Seit sieben Ahnensprüngen schon regierte der König der Riesen nicht mehr als einzelner Monarch, sondern als Siebtel des Rates, wodurch Feinden und Verfolgern auch erschwert werden sollte, ihn als König und somit als lohnendes Ziel zu erkennen. Turgenngranet war alt und weise, stammte aber nicht aus der Blutlinie Rulkineskars, die, wie so vieles bei den Riesen, längst ausgestorben war. Dennoch war er der folgerichtige Erbe des Zepters, und nur er hatte in der Lage sein können, die Fleischfliegen in das zurückzuverwandeln, was sie eigentlich waren: Streufunken der Zeptersmacht, Restrückstände des Vergessenseins.
    Für den niedergeschlagen und ausgelaugt wirkenden Eljazokad gab es in diesem Zusammenhang eine gute Nachricht. »Deine Magie ist nicht für immer fort, sondern das Zepter hat sich ihrer bedient, um Bestarmekin in den Wildbart schicken zu können«, erklärte ihm der König Turgenngranet höchstpersönlich. »Nach seinem langen Schlaf wäre das Zepter aus eigener Kraft zu einer solcherartigen Leistung nicht imstande gewesen, und es brauchte ohn’ Innehalten alles auf, was du zu geben hattest. Mit der Zeit wird deine Magie aufs neue in dir heranwachsen.«
    Eljazokad lächelte müde. Er verstand seine zitternde Sehnsucht nach dem Zepter, die ihn immer noch peinigte, nun besser. Es hatte ihm seine eigene Magie fortgenommen. Es war ein Teil seiner selbst, nach dem er sich so verzehrte.
    Bestar erzählte ausführlich von seinem Kampf gegen den Schemenreiter, wie er die sechs, die in jedem Reiter steckten, auf nur noch zwei hinunterrang, so daß die beiden Angreifer für die Zeptergruppe bezwingbar wurden. Rodraeg dankte ihm, den Riesen und dem Zepter für diese entscheidende Unterstützung aus der Ferne, verschwieg aber nicht, daß die Fleischfliegen die Reise durch ihre insgesamt drei Attacken ziemlich unnötig erschwert hatten.
    Â»Die Fliegen sind nicht klug«, gab Attanturik ihm recht. »Manchmal versuchen sie zu helfen, manchmal wollen sie vertilgen und vom Zepter fernhalten, was nicht ohn’ Falsch und Makel ist. So widersprechen sie sich auch, sind einen Tag von Nutzen, am nächsten eine Bürde.«
    Â»Was wollten sie mir eigentlich zeigen«, fragte Eljazokad, »als sie beim ersten großen Angriff versuchten, mich tiefer in den Larnwald zu zerren?«
    Â»Der Streitwagen Rulkineskars liegt im westlichen Larn vergraben«, erläuterte Attanturik. »Doch ohne Streitrösser ist er ohn’Wert. Die Fliegen wollten wohl, daß ihr schneller vorankommt, bedachten aber nicht, daß die Rösser des Alten Königs vor tausend Sonnenwandeln schon zu Staub zerfielen. Sie sind fürwahr nicht klug.«
    Â»Was wird mit der Ritterin?« fragte Rodraeg. »Ich habe ihr unseren Lohn versprochen und sogar noch mehr. Sie und ihre Leute haben es sich verdient.«
    Â»Ich habe bereits mit ihr gesprochen«, antwortete Attanturik. »Sie werden Bernsteine bekommen,

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