Das vergessene Zepter
Wärme und Heimeligkeit in eine alles beherrschende Unheimlichkeit. Gehüllt in Decken, hochgehoben in den Himmel von stolzen, vollbärtigen Gesichtern, gedrückt an gewaltige, milchige Brüste.
Bestar lieà sich das nicht zweimal sagen und griff herzhaft zu.
Rodraeg war schwindelig. Er wollte husten, um sich selbst zu bestätigen, und brachte nicht mehr als ein krähendes Sabbern hervor.
Eljazokad gluckste wohlig.
Hellas weinte und zeterte und wollte sich auch durch Schaukeln und Rückentätscheln nicht beruhigen lassen.
das riesenwerden: kindheit
Es gab Spielräume. Auf in den Grund gezeichneten Mustern wurden farbig bemalte Steine gezogen. Gewürfelt wurde mit Kleintierknochen.
Der kleine Helasborgok und der kleine Rodrachdelban rollen sich irgendwann raufend am Boden. Bestarmekin, der von Anfang an das gröÃte ist unter den Riesenkindern, geht dazwischen.
Dann ist Schule. Auf einem weiten Feld, aus Holz erbaut. Der Wildbart ist nirgendwo zu sehen. Eljatsokan tut sich hervor, kann alle Namen der Könige auswendig aufsagen und Lieder singen in der alten Sprache. Der Lehrer ist uralt und hat einen weiÃen Bart, der bis zum Boden reicht. Pflanzen werden bestimmt und die Namen von Tieren. Nicht die Namen von Tiergattungen, sondern die einzelner Wesen, die tatsächlich alle unterschiedlich aussehen.
Rodraeg versuchte, Distanz zum Gezeigten/Gesehenen/Erlebten zu bewahren, indem er darüber nachdachte, ob das hier die Vergangenheit war oder ein Wunschtraum von der Zukunft, denn es gab viele Riesenkinder in dieser freien Schule, und dennoch wurde den vieren, die sich zur Mammutbande zusammengeschlossen hatten, besonderes Augenmerk zuteil.
Es muÃte die Vergangenheit sein. Die Höhle war vor tausend Jahren eingerichtet worden.
Während Rodrachdelban wuchs und die Räume und Bäume um ihn her schrumpften, hoffte Rodraeg darauf, ein Mammut zu erblicken.
das riesenwerden: liebe
Mädchen sind rar. Bestarmekin, Rodrachdelban und Helasborgok bemühen sich um dasselbe Riesenmädchen. Nur Eljatsokan hat das Glück, daà sich gleich zwei Mädchen für ihn interessieren, wahrscheinlich, weil er so schön singen kann.
Das mit dem Bartwuchs ist ein Problem. Ohne Bart nehmen einen Mädchen nicht für voll. Bestarmekin hat die Idee, sich seine Kinnfusseln leuchtend rot zu färben. Ihr Mädchen geht mit ihm spazieren. Er versucht sie zu beeindrucken, indem er einen umgestürzten Baum wieder aufrichtet und so tut, als wäre alles wieder in Ordnung.
Rodrachdelban behauptet, auf Mammutjagd zu gehen, um eine Trophäe mit zurückzubringen, aber in Wirklichkeit will er nur ein Mammut sehen. Er durchstreift Wälder und begegnet einer Einhornherde mit gescheckten Fohlen und einem jungen Fliederwurm, der seinem eigenen Schwanz nachjagt, aber Mammuts sind nicht zu finden. Aber auch keine Menschen oder Städte.
das riesenwerden: haÃ
Urplötzlich hat der Krieg begonnen. Krieg gegen Menschen, die in Ãberzahl wimmeln, Krieg aber auch gegen Schmetterlingsmenschen, Untergrundmenschen, Spinnenmenschen und Affenmenschen, die alle auch nur Menschen sind in mehr oder weniger gelungenen Verkleidungen.
Nur die Tsekoh sind anders. Sie sind strahlend schön und blenden mit den Schatten, die sie werfen wie Waffen.
Bestarmekin und Helasborgok tun sich hervor. Bestarmekin verteidigt seine kleine Familie, führt die Armee der Riesen an und schlägt mit seinem gewaltigen erzenen Schwert ausgefranste Schneisen in die Heere der Gegner. Helasborgok findet Wege im Gebirge, auf denen die kostbaren Frauen und Kinder den Häschern entgehen können. Mit einem tragbaren Katapult tötet er Haarjäger in groÃer Zahl.
Eljatsokan und Rodrachdelban, Legendensänger und Zeichenzauberer der eine, Steinschriftschreiber und Gedenkenbewahrer der andere, müssen mit dem Zug der Fliehenden die Mühlentäler preisgeben. Die Tsekoh läuten zum Ende der Zeit. Der Versuch Rodrachdelbans, einen dauerhaften Frieden auszuhandeln, scheitert an den blutigen Hängen des Wildbarts.
das riesenwerden: verbitterung
Die Riesen sind Ungeheuer geworden. Sie ernähren sich vom Fleisch der Menschenkinder und verbringen ihre Zeit mit dem Betrauern der Gefallenen und dem Beweinen des Verlorengegangenen. Eljatsokan singt an den Gräbern von Bestarmekin und Helasborgok, Rodrachdelban erfindet Geschichten, um ein Lächeln in die Augen seiner wenigen Zuhörer zu
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