Das verhaengnisvolle Rendezvous
Einschätzung. Sie war kalt. Er kannte diese Sorte Frauen. Jetzt straffte sie die Schultern und hob das zweifellos hübsche Kinn. »Darf ich erfahren, mit wem ich es zu tun habe?«, fragte er.
»Natalie Fletcher. Ich bin die Eigentümerin.« Sie zögerte einen Moment. Dann erkundigte sie sich mit leicht erhobenen Augenbrauen: »Und mit wem habe ich es zu tun, wenn ich fragen darf?«
»Piasecki. Abteilung Brandstiftung.«
»Brandstiftung?« Für eine Sekunde malte sich Erschrecken auf ihrem Gesicht, doch sie hatte sich sofort wieder unter Kontrolle. »Sie vermuten, dass es Brandstiftung gewesen sein könnte?«, fragte sie sachlich.
»Mein Job, das herauszufinden.« Er blickte nach unten. »Sie werden sich Ihre Schuhe ruinieren, Miss Fletcher«, spöttelte er.
»Meine Schuhe sind ja wohl nun wirklich das Letzte, was Sie etwas …« Sie unterbrach sich, als er ihren Arm nahm und sie beiseitezog.
»Was erlauben Sie sich?«, fauchte sie ihn an.
»Sie waren im Weg. Das ist doch Ihr Auto, oder?« Er nickte hinüber zu einem glänzenden neuen Mercedes Cabrio.
»Ja, aber …«
»Steigen Sie ein.«
»Ich denke ja gar nicht daran. Warum denn?« Sie versuchte, seine Hand abzuschütteln. »Hätten Sie vielleicht die Güte, mich loszulassen und mir zu erklären, was das bedeuten soll?«
Teufel noch mal, sie roch wesentlich besser als dieser verdammte rauchende Trümmerhaufen hier! Ry inhalierte ihren Duft tief, dann bemühte er sich um ein bisschen Diplomatie. Nicht gerade eine seiner starken Seiten, wie er sich oft genug eingestehen musste.
»Schauen Sie, Sie werden sich erkälten. Warum sollen wir hier draußen in Wind und Wetter herumstehen und frieren?«
Was bildete sich dieser Mensch eigentlich ein? »Weil das hier mein Lagerhaus ist. Oder das, was noch davon übrig ist.«
»Fein.« Sollte sie doch machen, was sie wollte! Dennoch gelang es ihm trickreich, sie hinter ihr Auto zu lotsen. Er stellte sich vor sie, damit sie wenigstens etwas im Windschatten stand. »Ist es nicht ein bisschen zu spät in der Nacht, um hier herumzustehen? Sie können ja eh an der Sachlage nichts mehr ändern.«
»Stimmt.« Sie steckte die Hände in ihre Manteltaschen, um sie gegen die Kälte zu schützen, doch es nützte nicht viel. »Nachdem mich der Wachmann angerufen hat, bin ich gleich hierher gefahren.«
»Und das war wann?«
»Ich weiß nicht genau. Etwa gegen zwei.«
»Gegen zwei«, wiederholte er nachdenklich und musterte sie unverschämt von Kopf bis Fuß. Flottes Abendkostüm, das sie da trug unter ihrem Samtcape. Der Stoff, der dieselbe Farbe hatte wie ihre Augen, wirkte teuer. Das erkannte er auf den ersten Blick. »Hübsches Outfit für einen Großbrand«, stellte er beißend fest.
»Ich hatte ein Arbeitsessen heute Abend. Tut mir leid, wenn ich nicht Ihren Vorstellungen entsprechend angezogen bin.« Idiot, dachte sie und schaute wehmütig auf die rauchenden Trümmer. »Ist das eigentlich wichtig?«
»Ihr Meeting hat bis zwei Uhr gedauert?«
»Nein, nur bis Mitternacht.«
»Wie kommt’s, dass Sie dann um zwei noch immer angezogen waren?«
»Was?«
»Wie es kommt, dass Sie noch immer dieselben Kleider tragen. Waren Sie noch nicht zu Bett gegangen?« Er zündete sich eine neue Zigarette an. »Hatten Sie hinterher noch ein spätes Rendezvous?«
»Nein. Ich fuhr anschließend ins Büro, um noch einige Dinge zu erledigen. Als mich Jim Banks, der Wachmann, anrief, war ich eben erst nach Hause gekommen.«
»Dann waren Sie also von Mitternacht bis zwei Uhr morgens allein?«
»Ja, aber …« Plötzlich verstand sie. Ein ungläubiger Ausdruck huschte über ihr Gesicht. »Nehmen Sie etwa an, ich sei verantwortlich für das Inferno hier? Das ist ja nicht zu fassen. Wie zum Teufel war noch mal Ihr Name?«
»Piasecki«, antwortete er mit betonter Höflichkeit und lächelte. »Ryan Piasecki. Und bis jetzt, Miss Fletcher, denke ich überhaupt gar nichts, haben Sie mich verstanden? Ich sortiere lediglich die Fakten.«
Nun blickte sie nicht mehr länger kühl und kontrolliert. Er hatte sie aus der Fassung gebracht. »Gut, dann will ich Ihnen noch ein paar Fakten mehr liefern. Das Gebäude samt Inhalt ist komplett versichert. Und zwar bei der United Security.«
»Was für ein Geschäft haben Sie?«
»Ich bin Fletcher Industries, Mr Piasecki. Vielleicht sagt Ihnen das ja was.«
Natürlich sagte ihm das was. Immobilien, Minen, Schiffe. Und verschiedene Holdings in Urbana. Doch es gab auch für große Gesellschaften und
Weitere Kostenlose Bücher