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Maskerade in Rampstade (German Edition)

Maskerade in Rampstade (German Edition)

Titel: Maskerade in Rampstade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
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I.
    Als ich das Gasthaus durch die niedrige Türöffnung betrat, wußte ich bereits, daß ich dabei war, eine große Dummheit zu begehen. Was aber wäre mir anderes übriggeblieben? Draußen, kaum eine Meile von hier entfernt, lag unsere altersschwache Kutsche umgekippt im Straßengraben.
    Harry, der Kutscher, hatte sich bei diesem Unfall so unglücklich am Kopf verletzt, daß er nun bewußtlos auf dem aufgeweichten Boden des Weges lag. Ich hatte endlos scheinende Minuten damit zugebracht, die Pferde zu beruhigen und sie daran zu hindern, mitsamt der Kutsche durchzugehen. Es war mir gelungen, die Pferde auszuspannen und an zwei Bäumen in der Nähe festzubinden.
    Hinzu kam, daß Mally, meine alte Kinderfrau, die mich auf meiner Reise begleitete, wie ein aufgescheuchtes Huhn hin und her gelaufen war, und dabei verzweifelt die Hände über dem Kopf zusammenschlug. Dabei hatte sie mit weinerlicher Miene, immer und immer wieder, unser Mißgeschick beklagt: »Ich habe es gewußt, Miss Sophia. Wir hätten nicht so überstürzt abreisen dürfen. Wir hätten niemals in diese altersschwache Rumpelkiste steigen dürfen, ohne einen starken Mann als Begleiter! Habe ich nicht prophezeit, daß das nicht gutgehen wird? Habe ich Sie nicht angefleht, das Angebot von Mr. Stinford anzunehmen? Ja, wenn er jetzt hier wäre, er wüßte genau, was zu tun ist. Ach, hätte ich mich bloß nicht überreden lassen. Wären wir doch…«
    Ich hatte ihr Gezeter unwillig unterbrochen und mit mehr Selbstvertrauen, als ich tatsächlich empfand, verkündet: »Ich weiß auch genau, was zu tun ist, Mally. Also bitte beruhige dich doch. Am besten wäre es, wenn du ein Kissen aus der Kutsche holst, um es unter Harrys Kopf zu legen. Und nimm bitte auch gleich eine Decke mit, damit der arme Kerl nicht zu sehr friert.«
    Niemals hätte ich zugegeben, daß es mir in der unangenehmenLage, in der wir uns befanden, gar nicht so unangenehm gewesen wäre, wenn ich Edward Stinfords Begleitung doch nicht so brüsk abgelehnt hätte. Sicher hätte er das Ruder längst in die Hand genommen und eine Hilfstruppe organisiert, während ich nichts anderes zu tun gehabt hätte, als mich auf einen Baumstrunk zu setzen und meine Hände untätig in den Schoß zu legen.
    Ja, er war wirklich ein tüchtiger Mann und so gewohnt, alles in seinem Sinne zu erledigen. Eine bewundernswerte Eigenschaft, gewiß. Doch genau das war auch der Grund, warum ich keinen von Edwards Heiratsanträgen je annehmen würde. Ich hatte schließlich meinen eigenen Kopf und war es gewohnt, selbständig Entscheidungen zu treffen. Energisch straffte ich die Schultern. Zum Teufel mit Edward Stinford! Ich würde auch alleine mit dieser Situation fertig werden.
    »Hast du das Gasthaus gesehen, an dem wir vor wenigen Minuten vorbeigefahren sind?« fragte ich Mally, die sich eben unter Stöhnen niedergekniet hatte, um das Kissen, das sie aus der Kutsche geholt hatte, dem Bewußtlosen unter den Kopf zu schieben.
    »Ich werde dorthin zurückgehen und den Wirt ersuchen, ein paar Burschen zu schicken, die die Kutsche wieder auf die Räder stellen. Vielleicht kann ich auch einen Schmied auftreiben, der sich die Räder ansieht. Auf jeden Fall werde ich für uns Zimmer mieten, denn, wie es aussieht, werden wir heute nicht mehr weit kommen.« Ich reichte meiner Begleiterin die Hand, während sie sich mühevoll erhob, und versuchte ein zuversichtliches Lächeln.
    Da kam auch schon der erwartete entrüstete Widerspruch: »Nie und nimmer!« schnaufte sie mühsam. »Nie und nimmer werde ich Ihnen gestatten, allein ein Gasthaus zu betreten! Daß Sie überhaupt auf einen derartigen Gedanken kommen, Miss Sophia, ist schon eine Schande.« Sie schüttelte vielsagend den Kopf.
    Ob ich Mally bitten sollte, mich zu begleiten? Es wäre wirklich angenehmer, nicht allein in ein gewöhnliches Gasthaus zugehen. Auch wenn ich in ihrer Begleitung nur wesentlich langsamer vorankäme. Aber da war ja noch Harry, und zudem konnten wir die Kutsche keinesfalls unbeaufsichtigt lassen.
    »Und dann erst der weite Weg!« fuhr Mally fort. »Ich habe Ihnen doch von dem Gesindel erzählt, das die arme Mrs. Malik überfiel, gerade als sie der kranken Frau des Pfarrers von Exeter ihre berühmte Taubenpastete bringen wollte?«
    »Ja, das hast du«, bestätigte ich. »Aber bis Exter sind es mehr als zweihundert Meilen, und ich glaube nicht, daß sich die Straßenräuber auf einen derart weiten Weg gemacht haben, nur um mich hier zu überfallen.«
    Mally

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