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Das Verheissene Land

Titel: Das Verheissene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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den Bogen. Das Gehörn sah nicht aus wie das Geweih eines Hirsches, sondern eher wie die Hörner, die er bei den Ochsen der Kretter gesehen hatte, obgleich die hier dunkler waren.
    Aus dem Busch kam ein leises Knurren. Dielan blieb stehen. »Bran.« Er legte die Pfeilhand an die Wange. »Lauf!«
    Bran schämte sich nicht für seine Furcht, als das Geschöpf sich aus dem Unterholz erhob. Er hörte seinen eigenen Atem, als aus dem weit aufgerissenen Schlund ein Brüllen ertönte. Er sah, wie das Wesen seine langen Arme nach den Ästen der Eichen ausstreckte, sah die unzähligen Furchen auf der roten Haut und die Hörner, die aus dem Grauen erregenden Gesicht wuchsen. Das Geschöpf hatte menschliche Züge, aber sein Maul war verzerrt, und die Augen in dem kahlen Schädel waren so schwarz wie nächtliche Schatten.
    Dielan schrie auf und schoss seinen Pfeil ab, aber das Geschöpf war mit einem Satz bei ihm und verpasste ihm mit der geballten Faust einen Schlag auf die Brust. Dielan taumelte nach hinten und landete rücklings auf dem Geröll. Bran ließ den Bogen fallen und griff nach dem Speer neben seinen Füßen. Das Geschöpf riss sich den Pfeil aus der Brust, reckte den Hals und heulte laut auf. Viele Stimmen antworteten ihm aus dem Wald. Als Dielan sich mit dem Speer aufrichtete, wankte der Dämon bereits auf ihn zu.
    Mit all der Kraft, die die Furcht ihm verlieh, schleuderte Bran den Speer nach vorn. Das Geschöpf schwankte und griff nach dem Schaft. Bran stolperte rückwärts. Er mochte kaum glauben, was er sah, aber der Speer hatte das Wesen in die Brust getroffen. Es zerrte jaulend daran, aber die Speerspitze hatte sich tief in die rote Haut gebohrt. Bran hob seinen Bogen auf und mühte sich mit zitternden Händen, einen Pfeil an die Sehne zu legen, als das Geschöpf sich mit einem Satz auf ihn stürzte. Bran fühlte die Riesenpranken um seinen Leib, als der Dämon ihn hochhob und seine Krallen in Brans Bauch presste. Bran trat wild um sich, um sich zu befreien. Aber das Geschöpf schüttelte ihn, ehe es ihn gegen den riesigen Felsblock schleuderte. Bran sackte zusammen und schnappte nach Luft, aber der Dämon ließ ihm keine Zeit zum Luftholen. Er riss Bran gleich darauf mit einem Arm wieder in die Luft. Der Häuptling des Felsenvolkes spürte, wie sich die Krallen um seinen Brustkorb legten, und als der Dämon an seinem Handgelenk zu ziehen begann, begriff er, was das Ungeheuer vorhatte.
    »Dielan!« Bran versuchte, den Arm anzuspannen, aber der Dämon zog so fest, dass seine Gelenke vor Schmerz brannten. Er rief noch einmal nach Dielan, aber der hatte das Bewusstsein verloren.
    Bran griff nach dem Speer, der wie ein Ast aus der Brust des riesigen Geschöpfes ragte, als er erneut durchgeschüttelt wurde. Der Schmerz raubte ihm die letzte Kraft. Sein Arm fühlte sich taub an. Bran tastete nach seinem Jagdmesser, und als der Dämon ihn zum dritten Mal durchschüttelte, zog er es aus der Scheide und stieß es in die rote Haut.
    Der Dämon brüllte laut auf. Bran zog das Messer aus dem Fleisch und stach noch einmal zu, drehte das Messer in der Wunde herum und zog es dem Riesen in einem langen Schnitt über die Brust. Da ließ der Dämon seinen Arm los. Blut spritzte über Brans Gesicht, es machte ihn blind und stank nach Krieg und Verwesung. Während der Dämon nach hinten torkelte, stieß Bran das Messer immer wieder in das rote Fleisch, bis das Wesen endlich in die Knie ging, das Gesicht zur Sonne wandte und einen letzten Schrei ausstieß.
    Das Geschöpf kippte auf die Seite und wurde von Krämpfen geschüttelt, während Blut und Gedärme aus seinem aufgeschlitzten Bauch quollen. Bran schleppte sich weg. Seine Hände hinterließen rote Abdrücke auf den Steinen. In seinem Mund machte sich ein unerträglicher Geschmack breit. Als er sich den Speichel aus den Mundwinkeln rieb, bekam er Blut in den Mund und übergab sich. Dann kroch er zu seinem Bruder. Dielan versuchte sich stöhnend aufzurichten.
    »Dielan.« Bran schüttelte ihn an der Schulter. »Kannst du gehen?«
    Dielan fluchte, als er sich auf die Knie hochstemmte. In dem Moment hallte ein Brüllen vom Waldrand herüber. Bran kroch zurück zu dem Leichnam und zog das Messer aus dem Fleisch. Dann setzte er einen Fuß auf den Brustkorb und drehte den Speer so lange hin und her, bis er sich lockerte und herausziehen ließ.
    Danach hob er die Bögen auf und sammelte die Pfeile ein, die aus dem Köcher gefallen waren, als das Geschöpf ihn geschüttelt hatte. Er

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