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Das Verheissene Land

Titel: Das Verheissene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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panisch, als er seinen Speer aufhob. Der Boden unter ihren Füßen bebte, während der Kolk ihnen kochendes Wasser hinterherspie. Blätter fielen von den Baumkronen und trockene Zweige verschwanden knackend im Unterholz.
    Der Kolk beruhigte sich schlagartig wieder, und der Boden hörte auf zu beben. Bran drehte sich um und sah, wie sich zwischen den Stämmen Nebelschwaden ausbreiteten. Jetzt fielen ihm auch all die Geschichten über unterirdische Wesen und Gnome ein. Wenn sich Nebel im Wald verbreitete, lockten sie Menschen mit sich unter die Erde, wo sie für alle Zeit Sklavendienste verrichten mussten. Er holte tief Luft, hielt die Pfeile im Köcher fest und floh mit Dielan in den Wald hinein.
     
    Die Brüder hielten erst, als sie mehrere Pfeilschüsse von dem Kolk entfernt waren. Dielan fiel und rollte sich im Laub auf den Rücken, wo er liegen blieb und nach Luft rang. Bran warf einen Blick zurück über die Schulter. Der Nebel war ihnen nicht weiter gefolgt. Er sank neben seinem Bruder auf den Boden, zog das Hemd über den Kopf und wischte sich den Schweiß aus der Stirn.
    »Dieser Ort…« Dielan setzte sich auf und spuckte links und rechts auf den Boden. »Dieser Ort muss verhext sein. Die Erde hat gebebt, Bran. Es hat gewackelt, als wären wir über den Rücken eines Riesen gelaufen.«
    »Wir müssen zurück zum Schiff.« Bran stützte sich auf den Speer. Seine Beine taten weh, als er sich erhob.
    »Ich habe Durst.« Dielan richtete sich mühsam auf, sackte aber sofort zurück auf den Boden.
    Als Bran nach dem Wasserschlauch griff, stellte er fest, dass der nicht mehr über seiner Schulter hing. Er meinte sich erinnern zu können, ihn als Letzter getragen zu haben, denn Dielan hatte ihn auch nicht.
    »Der Wasserschlauch ist weg.« Bran schluckte, weil sein Hals so trocken war. »Ich muss ihn bei dem Wasserloch verloren haben.«
    Dielan kam auf die Knie und starrte zwischen die Bäume. »Bist du sicher, Bran?«
    »Keiner von uns beiden hat ihn.« Bran wischte sich den Schweiß aus der Stirn. »Er muss mir beim Laufen von der Schulter gerutscht sein.«
    Die beiden Brüder sahen sich an. Fliegen schwirrten um sie herum, aber weder Bran noch Dielan hatten die Kraft, sie zu verscheuchen.
    »Ich weiß nicht«, brach Dielan schließlich das Schweigen. »Das müssen die Unterirdischen gewesen sein, die ihren Nebel hinter uns hergeschickt haben. Sie haben eine Vertiefung in den Boden gerissen, damit wir fallen. Dieser Wald ist unheimlich. Ich habe das Gefühl, dass er sich verändert. Ich erkenne überhaupt nichts wieder.«
    Bran sah sich um. Dielan hatte Recht. Der Wald war dichter, als er ihn in Erinnerung hatte. Zwischen den Eichen, deren Wurzeln von dicken Moosplacken überwuchert waren, wuchsen Dornsträucher und Farnkraut. Vor ihnen lag ein vom Wind gefällter Baum. Die Rinde lag über den Boden verstreut und der nackte Stamm war von Zunderschwamm überzogen.
    »Kannst du dich an diesen Baum erinnern?« Dielan bohrte seinen Speer in den morschen Stamm. Ein vermoderter Zweig brach ab und gab ein Loch frei, in dem sich weiße Maden umeinander wanden.
    Bran spuckte links und rechts neben sich auf den Boden, jetzt war auch er davon überzeugt, dass in diesem Wald ein böser Zauber sein Unwesen trieb. »Ich kann mich nicht daran erinnern«, sagte er. »Wir müssen in eine andere Richtung gelaufen sein als die, aus der wir gekommen sind.«
    »Ich gehe jedenfalls nicht zurück.« Dielan warf einen verstohlenen Blick zwischen die Bäume hinter sich. »Die Unterirdischen wissen jetzt, dass wir hier sind. Womöglich fängt der Boden wieder zu beben an. Wir sollten in diese Richtung weitergehen, einen Bogen um den Berg machen und zu den anderen zurückgehen. Vielleicht stoßen wir ja unterwegs auf Wasser.«
    »Vielleicht.« Bran schob sich den leeren Leinenbeutel auf den Rücken. Ihm war es auch nicht geheuer, denselben Weg zurückzugehen. Außerdem war es das Risiko nicht wert, da in dem Wasserschlauch nur noch wenige Schlucke gewesen waren. Dielan hatte Recht, wenn er einen anderen Weg zurückgehen wollte. Irgendwo am Fuß des Berges musste es einen Bach geben.
    »Gehen wir.« Bran hob die Fellrolle auf und schob den Riemen über die Schulter. Dann stieg er über den Baumstamm und duckte sich unter einem niedrig hängenden Eichenzweig.
    Der Wald wurde mit jedem Schritt dichter, aber die Brüder waren es gewohnt, sich durch dichtes Birkengestrüpp vorwärts zu kämpfen.
     
    Kurz darauf blieben sie stehen und

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