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Das Verheissene Land

Titel: Das Verheissene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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Tirga die letzte Frostnacht hinter sich.«
    Bran schnupperte in den Wind. Er brauchte keinen Schmuckmacher, um zu wissen, dass jetzt der Frühling kam. Doch der alte Mann hinter dem Tischchen fing seinen Blick auf und beugte sich über den Tisch, wobei auch er die Meeresluft durch die Nase einsog.
    »Oh, du Mann aus dem Norden. Du schnupperst wie ein Hund nach seinem ersten Winter. Du riechst das Leben, denn dieser Sommer wird die Zeit eines Lebens sein.« Der alte Mann sah unter seiner braunen Kapuze zu Tir hinüber und grinste, so dass seine Augen in einem Netz von Falten verschwanden.
    »Lass uns den Schmuck anschauen.« Tir klemmte Brans Arm noch fester unter den ihren.
    »Ich habe keine Schmuckstücke, die deiner Schönheit gerecht werden, Tir.« Der Alte verbeugte sich kurz und Bran wunderte sich, wo er all diese Worte hernahm. Tir war eine hübsche Frau, aber das konnten doch alle sehen. Bran sprach selten mit anderen darüber und er verstand nicht, warum der Schmuckmacher so viele Worte darüber verlor.
    Tir nahm einen Bronzering aus einer Schale und hielt ihn ins Sonnenlicht. Der Alte verbeugte sich noch einmal, ehe er erwartungsvoll zu Bran hinübersah.
    »Gefällt er dir?« Tir schob ihn auf den Ringfinger und hielt die Hand ins Licht.
    Bran neigte den Kopf zur Seite. Der Ring war dünn und hatte den warmen Schimmer frisch gegossener Bronze. Er nahm ihre Hand in die seine und drehte den Ring herum. Er hatte ein Muster, eine Art Rand, die in die glatte Oberfläche geritzt war. Es sah wie Wellen aus, sich überschlagende Wellen, die dem Ring ringsherum folgten.
    »Er gefällt mir.« Bran strich mit dem Finger über den Ring. »Er erinnert mich an das Meer.«
    »Er wäre vielleicht ein schönes Geschenk für deine Frau, jetzt, da sie ein Kind erwartet?« Der Alte versteckte sich hinter seinem breiten Lächeln, als dürfte er es nicht wagen, so etwas zu sagen.
    »Ich habe kein Gold.« Bran klopfte auf seinen Gürtel, wie um zu zeigen, dass er nicht wie die reichen Tirganer ein Goldsäckchen mit sich trug.
    »Vielleicht hast du eine gute Waffe? Der Ring kostet nicht viel. Einen scharfen Dolch, vielleicht?« Der Alte richtete sich auf. Bran kannte diese Geste. Der Händler glaubte, er wolle feilschen.
    »Keine Waffe, die ich eintauschen könnte.« Bran zog den Ring von Tirs Finger und legte ihn zurück in die Schale.
    Der Alte sah auf den Ring und dann zu Tir hinüber. »Dann werde ich den Ring an einen anderen Mann verkaufen, der ihn einer anderen Frau geben wird. Ich bin aber sicher, dass Tir viele Geschenke von dir bekommen hat, da du ja Häuptling und Skerg bist und über ein eigenes Schiff verfügst.«
    Bran fasste sich an den Nacken. Wenn er darüber nachdachte, hatte er ihr nicht ein einziges Geschenk gemacht. Doch bis jetzt hatte es hier auch nichts zu kaufen gegeben. Und in seinem Volk trug man keinen Schmuck. »Die Völker im Süden und die Kretter sind Krämer«, pflegte Turvi zu sagen. »Unfrieden begleitet ihren Weg. Wir sind nicht wie sie, wir sind Jäger und unser Land gibt uns alles, was wir brauchen.«
    »Komm jetzt.« Tir zog ihn am Arm fort. »Ich brauche keinen Schmuck. Lass uns zur Bank hinaufgehen; es ist warm dort oben am Hang.«
    Bran schlenderte mit ihr über die breite Straße. Er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie das nicht so meinte. Sie hätte den Ring nicht an ihren Finger gesteckt, wenn sie ihn nicht hätte haben wollen. Er musste mit Hagdar darüber sprechen. Hagdar war kein weiser Mann, doch mit ihm ließ sich gut über Frauen sprechen.
    Tir und Bran gingen weiter die breite Straße hinauf. Es war die Handelsstraße von Tirga und im Sommer zogen sich die Stände und Buden vom überfüllten Hafen bis zum Turm von Cernunnos am Ende des gepflasterten Hügels empor. Bran fühlte sich hier zu Hause, denn diese Straße hatte ihm so viel gegeben. Über sie war er Tir in der Nacht vor der Abreise bis in den Turm gefolgt, und dort drinnen, im Saal des Hörnertragenden Gottes, war sie die seine geworden. Und über diese Straße war er am Morgen danach zum Hafen hinuntergegangen, um Abschied von seinem Volk zu nehmen.
    Die Saison hatte gerade erst begonnen, und nur wenige Buden standen vor den Häusern. Es würde noch zehn bis vierzehn Tage dauern, bis die Zweimaster aus Nordwesten heransegelten. Die Kelsmänner stachen erst in See, wenn das Gras im Norden spross, und auch in Kajmen wusste man, wie tückisch das Meer in dieser Jahreszeit war. Doch die Gerüchte besagten, dass

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