Das verletzte Gesicht
den Koffer zurück. Ich hielt das für ziemlich eigenartig.“ Sie verdrehte die Augen. „Aber schließlich reden wir hier von Freddy. Er hatte immer eine Schwäche für Charlotte. Ich weiß noch, dass ich ihr sagte, was für ein Mistkerl er ist. Wahrscheinlich habe er ihre Slips angefasst.“
Der Vorstellung allein machte ihn wütend. „Ich verstehe nicht, warum sie bei diesem Kerl bleibt.“
„Fang nur nicht davon an. Charlotte kann sehr störrisch sein. Außerdem hat sie auch eine Schwäche für Freddy. Sie ist nicht in ihn verliebt oder so. Aber die beiden haben einen Draht zueinander.“
Michael legte eine Hand an die schmerzende Stirn. „Dann hat der Bastard mich also hereingelegt.“
„Muss er wohl. Es sähe ihm jedenfalls ähnlich. Er hasst dich wirklich.“
„Das beruht auf Gegenseitigkeit.“ Michael hätte vor Wut und Eifersucht am liebsten auf irgendetwas eingedroschen. „Damals ist vielleicht nichts passiert, aber sie stehen sich nahe. Und es sind Monate vergangen. Haben sie jemals …“ Er suchte nach den richtigen Worten. „Charlotte ist eine schöne Frau. Und sie war wieder zu haben.“
„Fragst du mich, ob sie jemals Sex miteinander hatten?“ Melanie kannte keine Hemmungen. „Nein, zum Teufel. Lass uns das ein für alle Mal klarstellen. Zwischen den beiden war nichts und wird nie was sein. Freddy ist impotent. Kapiert?“
Michael war wie vom Donner gerührt und wollte schon fragen, ob sie sicher sei. Aber jemand wie Melanie kannte sich in solchen Dingen aus. Er bedauerte die verlorenen Monate. Was für ein Narr war er gewesen, sich selbst so zu quälen. Damit war jetzt Schluss. „Ich muss sie aufhalten.“
„Ich wüsste nicht, wie. Freddy hat alles bis ins letzte Detail arrangiert. Er wird nicht zulassen, dass ihm jemand in die Quere kommt, schon gar nicht du. Er hat lange genug auf seine Chance gewartet. Vermutlich hofft er, dass er Charlotte doch noch überreden kann, ihn zu heiraten. In einer schwachen Stunde vielleicht, in Brasilien.“
„Ich finde einen Weg zu ihr. Sag mir, was du weißt. Jedes Detail hilft.“
„Also, heute Nacht sind sie im Drake Hotel. Morgen hat sie einen Liveauftritt im Fernsehen bei Vicki Ray. Kennst du sie? Sie war Co-Moderatorin bei ‚Entertainment Tonight‘. Jetzt hat sie ihre eigene Talkshow. Sie ist seit langem hinter Charlotte her. Ich glaube, sie spürt, dass sie etwas verbirgt. Sie bedrängt Freddy seit Ewigkeiten wegen eines Exklusivinterviews mit Charlotte. Und er glaubt, mit diesem großen Fernsehauftritt könnten sie die hässlichen Gerüchte über ihre Gesundheit und mögliche Drogensucht aus der Welt schaffen. Danach werden sie abreisen und den Eingriff vornehmen lassen. Er hat Charlotte bestens vorbereitet. Der gute alte Freddy geht gern auf Nummer sicher.“
„Wann ist der Auftritt?“
„Morgen um zwei.“
„Wann verlassen sie Chicago?“
„Morgen Nacht fliegen sie nach Brasilien. Michael, Freddy wird dich keinesfalls zu Charlotte lassen. Sie ist umgeben von Bodyguards.“
Er begann auf und ab zu gehen. Denk nach, Miguel, denk nach, sagte er sich. Als Architekt kannte er sich im Pläneentwerfen immerhin aus, da würde ihm wohl auch ein Plan einfallen, Freddy Walen zu überlisten. Er wollte verdammt sein, wenn er diesem Bastard gestattete, mit seiner Charlotte davonzulaufen, um sie einem schönen Schein zu opfern.
Melanie beobachtete ihn mit verschränkten Armen. Schließlich blieb er stehen und sah sie an. „Hast du die Adresse von Vicki Rays Studio?“
„Ja, irgendwo. Aber die wird dir nichts nützen. Die werden dich nicht hinter die Bühne lassen. Die größte Chance hättest du im Hotel.“
„Geh, hol mir Adresse und Telefonnummer. Und dann drück mir die Daumen.“
„Warum? Was hast du vor? Freddy hat jede Minute für sie verplant.“
Er tätschelte ihr lächelnd die Wange. „Dann muss ich seine Pläne durchkreuzen, oder?“
Die Bühne war bereitet, die Lichter eingeschaltet. Die Vicki-Ray-Show würde jeden Moment beginnen.
Michael nahm seinen Platz im hinteren Teil des Studios ein, ein gutes Stück entfernt vom üblichen Publikum. Er setzte sich auf den schmalen Stuhl. Die Lederjacke knautschte an der Metalllehne, und er musste die langen Beine einziehen. Zum ersten Mal, seit er Los Angeles gestern Abend verlassen hatte, ließ seine Anspannung nach. Bisher war alles nach Plan gelaufen.
Er hatte gar nicht erst versucht, Charlotte im Drake abzufangen. Das Hotel war von Paparazzi umlagert gewesen, und er
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