Das verletzte Gesicht
und explodiere.“
„Und Cisco bekommt es zu spüren“, warf Michael leise ein.
Ertappt wandte Rosa den Kopf ab und zuckte die Achseln. „Nur ein paar Klapse. Nichts, was du und ich nicht auch von Papa bekommen hätten.“
„Möchtest du, dass Cisco als Mann auch seine Kinder schlägt?“
Luis brummte: „Also ist mal wieder alles meine Schuld. Immer bin ich an allem schuld.“
„Nein“, widersprach sie mit erstickter Stimme. „Nein, diesmal ist es meine Schuld. Wenn ich daran denke, wie ich meine Kinder in Gefahr gebracht habe …“ Die hünenhafte Rosa sackte weinend zusammen.
„Cisco ist dir sehr ähnlich“, tröstete Michael leise. „Du solltest stolz auf ihn sein.“
Sie vergrub ihr Gesicht in der Armbeuge. „Ich liebe ihn.“
„Rosa, deine Wunden sind offenbar tief. Deine Wut auf Papa und mich frisst dich auf. Du brauchst professionelle Hilfe.“
Rosa tastete im Dunkeln nach Michaels Hand. Sie drückte ihm die Hand, und die Geste sprach von Einsicht, Zustimmung, Scham und Reue. Michael erwiderte den Druck und sandte ihr eine stumme Botschaft von Zuneigung und Unterstützung.
Allmählich ließ das Heulen des Windes und das Prasseln des Regens nach. Ein Blick aus dem Flurfenster zeigte Michael, dass der Regen aufgehört hatte und die schwarzen Wolken weiterzogen. Der Himmel war noch dunkel, aber das Schlimmste war offenbar vorüber. Bald würde man nach ihnen suchen.
„Wir haben es geschafft“, sagte er mit vor Müdigkeit rauer Stimme. „Und wir leben noch.“
„Die Mondragons haben es gemeinsam überstanden“, bekräftigte Rosa triumphierend.
Luis hob den Kopf und sah Michael im schwachen Licht an. „Nein, wir sind nicht alle zusammen.
Mi hijo
, mein Roberto ist nicht hier und meine Frau auch nicht.“ Luis wirkte niedergeschlagen und reuig. „Du hattest Recht, Manuel und Rosa zu sagen, sie sollten Kinder schützen“, fuhr er mit leiser, brüchiger Stimme fort. „Ich habe dich und Rosa durch Starrsinn in Gefahr gebracht.“ Die Stimme versagte ihm, und er schüttelte den Kopf. „Was für ein Vater bringt Familie in Gefahr, lässt seine Kinder im Stich. Bricht seiner Tochter das Herz? Was für ein Mann tut das?“
Eine Woche später war das Wasser gesunken, die Polizeibarrikaden wurden weggeräumt, und die Familien durften auf ihr Land zurück. Michael, Luis und Marta fuhren in einem Wagen, Manuel und Rosa in einem anderen. Sie kamen nur langsam auf den schlammbedeckten Straßen voran, eine traurige Karawane im Sonnenschein, der die verwüstete Erde zu verspotten schien.
Die nächste Stadt und viele Schulen waren zerstört. Es würde Monate dauern, den Schlamm aus der Kirche zu entfernen. Die Pumpstation war zusammengebrochen, und ungereinigtes Abwasser hatte jeden Fluss im Bezirk verseucht. Die Behörden rieten zur Desinfektion des gesamten Hausrates, zum Waschen der Teppiche und Kleidung. Alles Wasser, das mit Augen und Mund in Berührung kam, sollte abgekocht werden.
In die Gärtnerei zurückzukehren war schwer. Die Arbeit eines Lebens war in einer Nacht zerstört worden. Wortlos gingen sie durch Haus und Felder und versuchten zu entscheiden, was noch zu retten war. Alles war von einer dicken grauen Schlammschicht bedeckt, die zum Himmel stank.
Marta stand mit tränenfeuchtem Gesicht in der Haustür. Alles, woran ihr Herz hing, die alte Uhr ihrer Mutter, Fotos und Möbel, war ruiniert. Das Sofa stand als schlammiger Haufen auf dem vorderen Rasen.
Luis stieg auf eine Anhöhe und blickte über seinen geliebten Besitz. Die Hände hinter dem Rücken gefaltet, ließ er die Schultern hängen. Rosa und Manuel stellten sich neben ihn. Michael sah zu ihnen hinauf. Sie boten mit ihren hängenden Schultern und gesenkten Köpfen ein Bild der Verzweiflung. Auf dem schlüpfrigen Untergrund vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend, folgte er ihnen auf die Anhöhe und sah nichts als ertrunkene, schlammverkrustete Pflanzen, Büsche und Bäume. Die Gärtnerei, der er vier Jahre seines Lebens geopfert hatte, war ruiniert.
Die Natur hatte ihn um die Früchte seiner vierjährigen Arbeit gebracht. Fast so, als verspotte sie ihn und seine wohl überlegten Pläne. Das Bibelzitat: Hochmut kommt vor dem Fall, schoss ihm durch den Kopf.
Luis war deprimiert und sah um zehn Jahre gealtert aus. „Missernten habe ich schon oft erlebt“, sagte er mit leiser tiefer Stimme. „Aber immer habe ich noch etwas Brauchbares gefunden. Doch diesmal …“ Er streckte seine schwieligen faltigen Hände
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