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Das verlorene Gesicht

Das verlorene Gesicht

Titel: Das verlorene Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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langsam auf
und trat ans Fenster.
Die schwarze Limousine, die sie am Flugplatz abgeholt
hatte, glitt die Auffahrt hinunter auf die Tore zu. Logan?
Gil Price?
Es war fast vier Uhr. Wohin konnte jemand zu dieser
Uhrzeit fahren?
Sie bezweifelte, dass man es ihr sagen würde, wenn sie
am nächsten Morgen fragte.
Aber sie musste es auf jeden Fall versuchen.

Kapitel 6
    Eve fiel erst um fünf Uhr in einen unruhigen Schlaf. Sie erwachte um neun Uhr, zwang sich aber, bis kurz vor zehn im Bett zu bleiben, als schließlich laut an die Tür geklopft wurde.
    Die Tür wurde geöffnet, bevor sie reagieren konnte, und eine kleine, stämmige Frau kam hereinspaziert. »Hallo, ich bin Margaret Wilson. Hier ist Ihre gewünschte Fernbedienung für die Tore.« Sie legte sie auf den Nachttisch. »Tut mir Leid, dass ich Sie geweckt habe, aber John sagt, ich hätte das mit dem Labor vermasselt. Wie zum Teufel hätte ich wissen sollen, dass Sie es gemütlich haben wollen? Was soll ich besorgen? Kissen? Teppiche?«
    »Nichts.« Eve setzte sich im Bett auf und betrachtete Margaret Wilson neugierig. Die Frau war vermutlich Anfang vierzig. Der graue Hosenanzug aus Gabardine ließ ihren stämmigen Körper schlanker erscheinen und passte gut zu ihren dunklen glatten Haaren und den haselnussbraunen Augen. »Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht lange genug hier sein werde, als dass es von Bedeutung wäre.«
    »Es ist von Bedeutung. John will, dass die Dinge stimmen. Ich auch. Was sind ihre Lieblingsfarben?« »Grün, glaube ich.«
    »Das hätte ich wissen sollen. Rotschöpfe sind gut berechenbar.« »Ich bin kein Rotschopf.« »Na gut, aber fast.« Sie sah sich im Zimmer um. »Ist die Einrichtung hier in Ordnung?« Eve nickte. Sie warf die Bettdecke zurück und stand auf. »Gut, dann werde ich mich ans Telefon hängen und ein paar Sachen bestellen. Es müsste – o mein Gott, Sie sind ja eine Riesin.« »Was?« Margaret starrte sie finster an. »Wie groß sind Sie eigentlich?« »Eins siebenundsiebzig.« »Eine Riesin. Sie geben mir das Gefühl, dass ich ein Zwerg bin. Ich kann große, magere Frauen nicht ausstehen. Sie bekommen meinem Selbstwertgefühl nicht und machen mich aggressiv.« »Sie sind doch gar nicht so klein.« »Behandeln Sie mich nicht so herablassend.« Sie verzog das Gesicht. »Jetzt muss ich mich auch noch verteidigen. Na gut, ich muss damit klarkommen. Ich werde mir einfach sagen, dass ich intelligenter bin als Sie. Ziehen Sie sich an und kommen Sie in die Küche. Wir essen schnell ein paar Cornflakes und dann zeig ich Ihnen das Grundstück.« »Das ist nicht nötig.« »Klar ist es das. John möchte Sie bei Laune halten und er meint, Sie hätten im Moment sowieso nichts Vernünftiges zu tun. Wenn Sie nur halbwegs so sind wie ich, wird es Sie bestimmt verrückt machen.« Sie ging zur Tür. »Aber wir werden uns darum kümmern. Eine Viertelstunde?« »In Ordnung.« Sie fragte sich, wie die Reaktion wäre, wenn sie etwas anderes gesagt hätte. Verglichen mit Margaret kam ihr eine Dampfwalze feinfühlig vor. Aber es war schwer, sie nicht zu mögen. Sie hatte nicht einmal gelächelt, dennoch strahlte sie eine sprühende Energie und Fröhlichkeit aus. Sie war offen und kühn, anders als die Menschen, die Eve kannte. Margaret war wie ein frischer Luftzug nach der düsteren Anspannung, die Eve bei Logan empfunden hatte. »Der Friedhof der Barrett-Familie.« Margaret deutete mit der Hand auf einen kleinen, umzäunten Friedhof. »Das jüngste Grab ist von 1922. Wollen Sie ihn sich ansehen?« Eve schüttelte den Kopf. »Gott sei Dank. Friedhöfe deprimieren mich, aber ich dachte, er würde Sie vielleicht interessieren.« »Warum?« »Ich weiß nicht. All die Knochen und das Zeugs, mit dem Sie arbeiten.« »Ich bin nicht so makaber, mich auf Friedhöfen herumzutreiben, sie stören mich aber auch nicht.« Vor allem nicht die Familienfriedhöfe. Hier gab es keine Verschollenen und er war extrem gut erhalten. Alle Gräber waren mit roten Nelken bedeckt. »Wo kommen all die Blumen her? Leben von den Barretts welche in der Gegend?« »Nein, die direkte Linie ist vor ungefähr zwanzig Jahren ausgestorben.« Sie zeigte auf einen Grabstein. »Randolph Barrett. Die Familie zerfiel mit den Jahren und Randoph Barrett war der Letzte, der hier begraben wurde. Das war 1922. Als John das Grundstück erwarb, war der Friedhof in einem ziemlich traurigen Zustand. Er sorgte dafür, dass er gesäubert wurde und jede Woche frische Blumen hierher gebracht

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