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Das verlorene Ich

Das verlorene Ich

Titel: Das verlorene Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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Grabinschriften las, um sich zu orientieren.
    »Was ist denn das?« fragte Natalja plötzlich. Ein Blitz zuckte auf und tauchte den Friedhof in gleißendes Licht. Ehe es erlosch, sah Landers gerade noch, was der »Todesengel« gemeint hatte.
    Die schwere Marmorplatte über einem der Gräber war verrückt worden, gerade so weit, daß ein Erwachsener durch die Lücke passen mochte.
    »Ein geöffnetes Grab?« fragte er lauernd.
    Im Licht der Lampe des Wächters konnten sie in die marmorumrahmte Grube hinabsehen, auf einen Sarg - der offenstand. Und der leer war!
    »Leuchten Sie!« verlangte Landers und wies auf die verrutschte Deckplatte. Der Wächter richtete den Lichtkegel auf die Inschrift.
    Du mögest in Frieden ruhen
    Denn Dein Tod wird nicht ungesühnt bleiben
    JEROME VAUTIER
    1953-1979
    »Hier ist es ja«, meinte der Friedhofswächter lächelnd.
    * Hector Landers stieß den Uniformierten beiseite.
    »Verschwinden Sie«, fuhr er ihn barsch an. Schweigend gehorchte der andere und trottete von dannen. Bald hatte die Nacht ihn verschlungen, und der Regen schluckte seine Schritte. Stille kehrte ein, fast andächtig, als trauere zumindest Hector Landers am offenen Grab eines Mannes, den er einmal gut gekannt haben mußte - - und den er vor fast zwanzig Jahren getötet hatte?
    Alles deutete darauf hin, aber Landers wollte es nicht glauben. Auch wenn er nicht wußte, wer und was er einmal gewesen war - er konnte doch unmöglich ein Mörder gewesen sein!
    Oder doch?
    Es mußte sich um einen Irrtum handeln. Vielleicht hatte Giordan Vautier gar keine Beweise dafür, daß er, Landers, seinen Sohn umgebracht hatte. Vielleicht verdächtigte er ihn nur. Aber wie, um alles in der Welt, sollte Landers ihn vom Gegenteil überzeugen? Er wußte nichts, gar nichts - weder über seine Schuld noch über seine Unschuld!
    »Merkwürdig«, meinte Natalja nach einer Weile.
    »Hm?«
    »Na, das hier.« Sie wies mit dem Lauf ihrer Waffe hinunter in die Schwärze des leeren Grabes unter der verschobenen Marmorplatte. »Was hat das zu bedeuten?«
    »Ich weiß es nicht«, murmelte Landers. »Ich wünschte, ich wüßte es - ich gäbe alles dafür.«
    »Wir sollten verschwinden«, meinte die Ex-KGB-Agentin.
    Natalja widmete der Umgebung ein klein wenig mehr Aufmerk-samkeit, als Landers es tat. Er wirkte fast erschüttert, wie er da vor dem offenen, leeren Grab stand.
    Trotzdem genügte auch ihre Umsicht nicht.
    Urplötzlich tauchte das Licht etlicher Lampen den unmittelbaren Umkreis von Jerome Vautiers vermeintlich letzter Ruhestätte in Helligkeit. Die Schritte mehrerer Personen näherten sich. Dann ein Schrei.
    »Mein Gott! Was hast du getan?«
    Eine Gestalt stürmte heran, stieß Natalja beiseite und fiel vor dem Grab auf die Knie, starrte hinab in die Tiefe, die vom Streulicht der Lampen etwas erhellt wurde und ihre Leere offenbarte.
    »Du hast mir meinen Sohn zum zweiten Mal genommen, Landers!« brüllte Vautier voller Zorn und Trauer.
    »Nein, so war es nicht«, sagte Landers hastig. »Wir haben das Grab so vorgefunden. Es .«
    »Lüg mir nicht ins Gesicht, du Bastard!«
    »Nun mal halblang«, mischte sich Natalja ein. Die Mündung ihrer Waffe »küßte« Vautiers Wange.
    Der alte Mann lachte auf, und es klang wie das Lachen eines Wahnsinnigen.
    »Erschieß mich ruhig«, sagte er. »Mein Tod kümmert mich nicht. Ich bin am Ziel.«
    »Dein Wunsch ist mir Befehl.« Nataljas Stimme troff vor Zynismus.
    Schüsse zerrissen die Nacht.
    Und Kugeln zerrissen den Engel des Todes!
    *
    Sydney
    Vielleicht war Es
    der Tod. Vielleicht der Dämon des Sterbens, der
    Dämon der Qual, der sich am Leid eines jeden Wesens auf Erden weidete - die Marter des Alterns und der Schmerzen, die in spröden Knochen nisteten und in engen Herzen, deren Adern von Fettgerinnseln verklebt wurden .
    Lilith wünschte, nie nach Sydney aufgebrochen zu sein. Die vermeintliche Spur war eine Sackgasse, in der sie elend zugrunde gehen würde. Elend und so allein, wie sie gekommen war!
    Ein Weg ohne Wiederkehr und ohne Antworten ...
    Wie grotesk, daß andere Auskünfte von ihr erwarteten - ausgerechnet von ihr!
    Die tote Kraft, die sie gefangen hielt, sank wie gefrierender Regen in Liliths Geist und hielt darin Umschau, grauenhafte Abdrücke hinterlassend.
    Lilith glaubte nicht länger, alles könnte nur Traum sein. Sie war in Sydney angekommen. Und in der Paddington Street.
    Sie hatte mit einem Gesicht aus schwarzer Erde gesprochen. Und war von Erde verschlungen worden.
    Aber dann

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