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Das verlorene Ich

Das verlorene Ich

Titel: Das verlorene Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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länger diesmal.
    »Mein Gott!« entfuhr es Myriam. »Das klingt, als ob -«
    Victor wußte, was sie sagen wollte, weil er ihren Verdacht teilte. Aber es konnte nicht sein. Unmöglich!
    »Unsinn«, meinte er deshalb, aber er klang kaum überzeugend.
    »Laß uns verschwinden!« keuchte Myriam.
    Victor nickte nur, zog seine Hose hoch, langte nach Myriams Hand und lief los.
    Der Regen nahm zu, erschwerte die Sicht so sehr, daß sie kaum noch sahen, wo sie hinliefen. In das Platschen des Regens auf Stein und Erde mengten sich andere Geräusche - Schritte? Sie rannten schneller, blind und taumelnd.
    Myriam stolperte, schrie auf und stürzte. Ihre Finger glitten aus Victors Hand. Hastig wandte er sich um.
    »Myriam?« rief er erschrocken.
    Das Mädchen - war verschwunden. Wie vom Erdboden verschluckt!
    »Wo bist du?« schrie er in die Dunkelheit.
    Ein erstickter Laut antwortete ihm, ganz in der Nähe.
    Victor trat um einen fast doppelt mannshohen Grabstein herum. Ein Blitz flammte auf - und beleuchtete ein grauenhaftes Szenario!
    Mit weit aufgerissenen Augen hing Myriam in den Armen eines Fremden. Als er Victors gewahr wurde, schlug er das Mädchen so heftig gegen den Stein, daß der Junge das Brechen ihres Genicks selbst über dem Grollen des Donners hören konnte.
    Victors Gehirn brüllte einen Fluchtbefehl. Doch seine Beine waren taub. Völlig reglos, gelähmt vor Entsetzen und Todesangst, ließ er den Unheimlichen gewähren.
    Wenig später kam er neben Myriam zu liegen.
    Längst tot.
    *
    Sydney
    Lilith erwachte aus ihrer Ohnmacht, weigerte sich aber, die Augen zu öffnen. Sie hatte Angst vor der Umgebung, vor der Szenerie, mit der ihre Blicke sie konfrontieren würden. Ihre Zunge wühlte hinter verschlossenen Lippen, suchte nach Resten feuchter Erde, nach Ma-den und Käfern .
    Aber da war nichts. Liliths Gaumen war trocken wie üblich, ihre Kehle auch.
    Hatte sie den Besuch der Sydneyer Adresse tatsächlich nur geträumt?
    Ihre Eindrücke nach dem Erwachen sprachen dafür: Sie lag nicht, sie saß. Polster und Lehnen fühlten sich zwar anders an, als sie es von ihrem Platz im Flugzeug in Erinnerung hatte, aber das mochten Irritationen ihrer Sinne sein.
    Stell dich der Wahrheit!
    Diese verdammte, besserwisserische Stimme, die sie selbst war .
    »Wie fühlst du dich?«
    Ihr Magen krampfte sich zusammen - wenn sie überhaupt einen hatte.
    Die brüchige Stimme wiederholte: »Wie fühlst du dich? Sag endlich! Es macht sich Sorgen um dich ... und ich auch.«
    Sie konnte nicht anders: Sie hob die Lider (wie die Fratze aus schwarzer Erde es getan hatte ...).
    Sie war in einem ihr unbekannten, karg möblierten Zimmer. Ein Bett, ein Sessel, Tisch und Schrank - an den Wänden hingen ein paar vereinzelte Bilder . rahmen. Leere Rahmen, wie es den Anschein hatte, obwohl darin nicht die dahinterliegende Wandfarbe zu sehen war, sondern nur merkwürdig blinde Flächen, die Lilith auf Anhieb Furcht einflößten, so als könnten auch dies nur bizarre Lider sein, die sich irgendwann - jetzt! - öffnen würden.
    Die Person aber, die mit matter, femininer Stimme zu ihr gesprochen hatte, sah Lilith nirgends.
    »Wer . ist da?«
    »Deine Mutter!«
    Die Stimme kam aus dem Nichts, aus den Wänden oder sonstwoher.
    »Meine Mutter?«
    »Du dachtest, ich wäre tot. Aber an diesem Ort stirbt und verlöscht nichts. Die Kelchmagie hält alles fest, bewahrt es .«
    »Kelchmagie? Wo bin ich?«
    »Du weißt nicht, wo du bist?«
    »Würde ich sonst fragen?«
    »Darüber sind wir uns noch nicht klar.«
    »Wir?«
    »Das Haus und ich.«
    »Welches Haus?«
    »Das, in dem ich dich zur Welt brachte .«
    »... und das abgerissen wurde?«
    Lilith stand vor dem Sessel und drehte sich langsam um ihre eigene Achse. Der Traum, der sie wie ein Alp quälte, war immer noch nicht zu Ende.
    »Nichts geht verloren - auch wenn es der Wahrnehmung der Menschen entrückt. Was hier war, wird ewig sein, eingebettet in Kräfte, die auch dich durchdringen, die auch bei deiner Zeugung beteiligt waren.«
    »Wenn du wirklich bist, wer du zu sein vorgibst, zeig dich mir!«
    »Du siehst mich. Ich bin Teil dieser Räume, dieses Hauses . Sag endlich, was passiert ist. Vorher wirst du das Geschenk nicht erhalten.«
    »Was für ein Geschenk?«
    Irgendwo in den Wänden, im Boden, in der Decke schien sich ein Grollen zu sammeln - als müßte eine Kreatur erst genügend Atem schöpfen, um ihren Zorn zu entladen.
    »Was ist passiert?« fragte die Stimme. »Gib Antwort! Du bist zu Gehorsam

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