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Das verlorene Ich

Das verlorene Ich

Titel: Das verlorene Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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auch das Bewußtsein zurück, daß dieses Ding wahrscheinlich deshalb so anhänglich war, weil sie selbst kein normaler Mensch war.
    Seit sie ohne jede Erinnerung an ihr früheres Ich im Kloster der seltsamen Mönche zu sich gekommen war - lag das wirklich erst ein paar Tage zurück? -, mehrten sich die Anzeichen, daß etwas mit ihr nicht stimmte.
    So verleugnete sie zum Beispiel jeder Spiegel, vor den sie bisher getreten war, gab sie nur als verschwommenen Schemen wieder!
    So etwas verbindet, dachte sie sarkastisch und blickte zu ihrem Liebhaber, der dort lag, von wo sie gerade aufgestanden war: ein Mann Ende vierzig oder Anfang fünfzig, sehnig, mit keinem Gramm Fett zuviel auf den Rippen und einer auffälligen Kreuznarbe auf der linken Wange ...
    Die Narbe erinnerte Lilith an das, was sie an sich selbst entdeckt hatte.
    Sie hob eine Hand und spreizte die Finger.
    Ein ausgefallenes Tattoo zierte die Innenfläche ihrer Linken . ob -wohl »Tattoo« der falsche Begriff dafür zu sein schien, denn die stilisierte Fledermaus war unfühlbar. Als hätte eine Methode, an die sich Lilith so wenig erinnerte wie an alles andere, die Umrisse dauerhaft darauf projiziert.
    Es handelte sich auch um keine Brandmarkung oder ein Hautmal, das zufällig einer Fledermaus mit ausgebreiteten Schwingen ähnelte. Dieses absonderliche Symbol war gewollt, nur warum es da und ob es mit einem bestimmten Zweck verknüpft war, hatte Lilith noch nicht herausfinden können.
    Sie ließ die Hand wieder sinken und bekam eines der Bilder zu fassen, die über die Tischplatte verstreut lagen.
    Schwarzweißfotos, die offenbar - wie alles hier - Hector Landers gehörten.
    Es waren Aufnahmen von einem alten Haus mit seltsamer Ausstrahlung, aber sie hätten Lilith kaum in diesem Maße interessiert, wenn auf der Rückseite nicht auch einige Bemerkungen gestanden hätten, die sie regelrecht elektrisiert hatten.
    Und wieder elektrisierten, kaum daß sie das erste Bild umdrehte und las: Haus der Hure!
    Eine Frau, der Lilith in Rom begegnet war, hatte Lilith als Kind der Hure bezeichnet und damit eine andere Frau, mit der Lilith nicht die leiseste Erinnerung verband, beleidigt.
    »Mutter .«
    Sie merkte kaum, daß das Wort ihre Lippen verließ, sacht hin-austastete in die Trostlosigkeit dieses Raumes, der auch in Landers selbst keine Vertrautheit weckte, und das, obwohl die Indizien, daß er hier einmal ein und aus gegangen war, keinen Raum für Zweifel ließen.
    In dem Tresor hatten Kreditkarten, Pässe und andere Dokumente auf seinen Namen gelegen.
    Und diese Bilder.
    Bilder aus der Fremde, weit, weit entfernt.
    Lilith ließ das eine Bild fallen und nahm das nächste in die Hand.
    Es wirkte alt, sogar ein wenig vergilbt, aber das Motiv wiederholte sich auf jedem Foto in wechselnder Perspektive: ein Haus. Ein sehr charismatisches, beinahe ängstigendes zweistöckiges Gebäude, umgeben von einem parkähnlichen Gelände.
    Es hätte überall auf der Welt stehen können.
    Aber es stand .
    ... in Australien!
    Auf der anderen Seite des Globus!
    Sydney, 333, Paddington Street, war in verschnörkelter Handschrift auf der Rückseite dieses Bildes zu lesen. Nicht einmal, sondern zweimal, und wieviel Zeit zwischen den Niederschriften lag, hätte höchstens ein fachmännisches Gutachten feststellen können. Lilith hatte Hector Landers gebeten, die Adresse noch einmal unter die bestehende Zeile zu schreiben, um sicherzustellen, daß es seine Handschrift war. Sie war es zweifellos, aber wann und warum Landers das Foto so unterzeichnet hatte, wußte er nicht.
    Denn auch er war ein unbeschriebenes Blatt. Wie sie. Und ebensowenig ein Allerweltstyp. Seit sie zusammen waren, hatte keiner von ihnen das Geringste an Nahrung zu sich genommen - nun das stimmte nicht ganz. Sie hatten gegessen, die Speisen aber nie so lange bei sich behalten können, um sie auch zu verdauen.
    Aber sie vermißten das Hungergefühl nicht nur; schon der Gedanke zu essen drehte ihnen den Magen um. Und der Durst, den sie hatten . nun, er ließ sich mit nichts, was sie tranken, wirklich stillen. Sie hatten alles Mögliche probiert, aber der einzige Saft, von dem überhaupt eine Faszination ausging - aber was für eine morbide, beinahe schon perverse -, war . Blut!
    »Bereust du es?«
    Die Stimme ließ Lilith erst versteinern, dann sich langsam umdrehen.
    Landers hatte sich halb aufgerichtet und auf beide Ellbogen gestützt. Im Gegensatz zu ihrem Körper, über den sich wuchernd das Ding gebreitet hatte, war

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