Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verlorene Ich

Das verlorene Ich

Titel: Das verlorene Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
Vom Netzwerk:
atmete tief, fast gequält ein. »Auf dem Peres-Lachaise.« Er setzte eine kurze Pause, als bereite es ihm Schmerzen, weiterzusprechen. »An Jeromes Grab«, ergänzte er schließlich.
    * »Ich muß verrückt sein!«
    Die 17jährige Myriam preßte die Worte hervor, nicht halb so locker, wie sie es sich gewünscht hätte. Ihre Unbedarftheit ließ sich längst als das entlarven, was sie tatsächlich war - aufgesetzte Maskerade, die über ihre Angst hinwegtäuschen sollte.
    Es gehörte nun einmal nicht zu den Dingen, die sie nicht rührten, bei Nacht über einen Friedhof zu schleichen. Und schon gar nicht bei einem aufziehenden Gewitter ...
    Ein Blitz zerriß den Mantel der Nacht und tauchte sekundenlang die Grabmäler des Peres-Lachaise in Helligkeit, grellweiß und schattenlos, blendend.
    Automatisch schloß Myriam die Augen. Ihre Finger schlossen sich so fest um Victors Hand, daß der Junge, ein Jahr älter als sie, aufstöhnte.
    »Nun hab dich nicht so«, flüsterte er halblaut und etwas ungehalten. »Hier kann uns nichts passieren. Im Gegenteil - das ist einer der sichersten Orte in ganz Paris.«
    Myriam blinzelte heftig, weil das Licht des Blitzes sie so sehr geblendet hatte, daß sich schattenhafte Konturen in ihre Netzhäute gebrannt hatten und ihren Blick trübten.
    »Haha«, machte sie dann. »Man hört eine ganze Menge über Grä-berschänder und ähnliches.«
    »Das hat nachgelassen, seit die Friedhöfe nachts bewacht werden«, versuchte Victor die Sache herunterzuspielen.
    »Ach ja? Wir sind doch auch reingekommen, oder?«
    Darauf blieb Victor ihr die Antwort schuldig.
    Trotzdem dachte sie nicht im entferntesten daran, einen Rückzieher zu machen. Dazu lag ihr viel zuviel an Victor. Es gab kein Mädchen der Oberstufe, das nicht hinter ihm hergewesen wäre.
    Sie hatte es beim letzten Schulfest schließlich geschafft, seine Aufmerksamkeit in ausreichendem Maße zu erregen, daß er sich für sie interessiert hatte. Ihn zu bitten, ihr beim Aufhängen der Lichterkette behilflich zu sein, war der richtige Trick gewesen. So hatte sie ihm, auf einer Leiter stehend, einen Blick unter ihr Kleid erlauben können - wobei er sich davon hatte überzeugen können, wie wenig Wert sie auf Unterwäsche legte. Noch am selben Abend hatten sie miteinander geschlafen. Für beide war es nicht das erste Mal gewesen, aber ohne Zweifel das beste!
    Das lag jetzt einige Wochen zurück, und inzwischen hatten sie beide eine Art Spiel entwickelt: Sie trieben es an außergewöhnlichen Orten. Heute abend hatte Victor Peres-Lachaise vorgeschlagen.
    »Am besten auf dem Grab von Jim Morrison«, hatte er gemeint. »Vielleicht singt er uns ja aus dem Jenseits etwas vor. >Riders in the Storm< oder so ...«
    Darauf konnte Myriam denn doch verzichten ...
    Das Grab des 1971 in Paris unter bislang ungeklärten Umständen verstorbenen »Doors«-Sängers bei Dunkelheit zu finden, erwies sich jedoch als nahezu unlösbare Aufgabe. Trotz ihrer mitunter bizarren Gestalten ähnelten sich die einzelnen Grabmäler im Dunkeln so sehr, daß eine Orientierung kaum möglich war.
    Als dann auch noch Regen einzusetzen begann, schlug Victor vor, doch das nächstbeste Grab zu nehmen.
    Myriam nickte nur und ließ sich auf einer Abdeckung nieder.
    Schnell raffte sie ihren Rock. Feuchtes Moos berührte kühl ihren Hintern.
    »Komm, mach schon«, verlangte sie mit bebender Stimme. Das Ganze reizte sie doch mehr, als sie es sich je hätte träumen lassen.
    Victor knöpfte seine Jeans auf und ließ die Hose bis zu den Knien hinab. Daß ihn die Aktion nicht weniger erregte als Myriam, war deutlich zu sehen.
    Wieder blitzte es. Donner rumorte, als protestiere die Natur gegen das Treiben des jungen Pärchens.
    Dann zuckte Victor plötzlich zurück!
    »Was ist?« fragte Myriam verwirrt.
    »Hast du das nicht gehört?« fragte er.
    Sie lachte auf. »Hey, haben wir die Rollen getauscht? Spielst du jetzt den Angsthasen? Komm her!« Sie zog in zu sich heran.
    »Au! Bist du verrückt?« stöhnte Victor auf. Er entwand sich ihrem Griff.
    »Nun hab dich nicht so!« äffte Myriam ihn nach. »Das waren deine Worte, oder?«
    Mit einer Handbewegung gebot er ihr zu schweigen. Den Kopf hielt er schief, lauschte ins Dunkel.
    Myriam tat es ihm nach, hörte aber nur das feine Rauschen des Regens. Bis - »Was ist das?« fragte sie erschrocken.
    Ein kratzendes Geräusch. Als riebe Stein über Stein.
    »Ich weiß es nicht«, flüsterte Victor atemlos.
    Das Geräusch wiederholte sich, lauter und

Weitere Kostenlose Bücher