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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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ging zum Schrank. Darin entdeckte er Alice' gepackten Koffer.
    »Sieht so aus, als hätte sie nach dem Zimmerwechsel gar nicht erst ausgepackt. Ihren Pass, das Handy, alles Wichtige hat sie offensichtlich bei sich«, sagte er, während er schon mit den Händen unter dem Rand der Matratze entlangfuhr. Er nahm ein Taschentuch in die Hand und zog dann die Nachttischschublade auf. Darin lagen ein silberner Streifen Kopfschmerztabletten und Audric Baillards Buch.
    »Moureau«, sagte er schneidend. Als er es weiterreichte, fiel ein Stück Papier heraus und flatterte zu Boden.
    »Was ist das?«
    Noubel hob es auf, runzelte die Stirn und zeigte es seinem Kollegen.
    »Probleme?«, fragte Moureau.
    »Das ist die Handschrift von Yves Biau«, sagte er. »Eine Nummer in Chartres.«
    Er holte sein Handy hervor, um die Nummer zu wählen, doch im selben Augenblick klingelte es.
    »Noubel«, meldete er sich barsch. Moureaus Augen beobachteten ihn gespannt. »Das sind prima Neuigkeiten, Chef. Ja. Sofort.«
    Er legte auf.
    »Wir haben den Durchsuchungsbefehl«, sagte er und eilte zur Tür. »Schneller, als ich dachte.«
    »Was erwartest du«, sagte Moureau. »Der Mann macht sich Sorgen.«
     

Kapitel 67
Los Seres
     
    S ollen wir nach draußen gehen?«, schlug Audric vor. »Wenigstens bis es zu heiß wird.«
    »Das wäre schön«, antwortete Alice und folgte ihm aus dem kleinen Haus. Sie fühlte sich wie in einem Traum. Alles schien in Zeitlupe zu geschehen. Die gewaltigen Berge, der weite Himmel, Baillards langsame und bedächtige Bewegungen.
    Alice spürte, wie die Anspannung und Verwirrung der letzten paar Tage allmählich von ihr abfielen.
    »Hier ist ein schönes Plätzchen«, sagte er mit seiner sanften Stimme und blieb auf einem kleinen Hügel stehen. Dann setzte er sich und streckte die langen dünnen Beine vor sich aus wie ein Junge.
    Alice zögerte, dann setzte sie sich zu seinen Füßen. Sie zog die Knie ans Kinn und schlang die Arme um die Beine. Plötzlich bemerkte sie, dass er wieder lächelte.
    »Was ist?«, fragte sie verlegen.
    Audric schüttelte nur den Kopf. »Los ressons.« Die Echos. »Verzeihen Sie mir, Madomaisela Tanner. Verzeihen Sie einem alten Mann seine Torheit.«
    Alice wusste nicht, was ihn zum Lächeln gebracht hatte, nur dass sie es gern sah. »Bitte, nennen Sie mich Alice. Madomaisela klingt so förmlich.«
    Er neigte den Kopf. »Sehr gern.«
    »Sie sprechen Okzitanisch und Französisch?«, fragte sie. »Beides, ja.«
    »Auch noch andere Sprachen?«
    Er lächelte bescheiden. »Englisch, Arabisch, Spanisch, Hebräisch. Geschichten verändern ihre Gestalt, ihren Charakter, nehmen andere Schattierungen an, je nachdem, welche Worte man benutzt, in welcher Sprache man sie erzählt. Mal werden sie ernster, mal verspielter, mal melodischer. Hier, in diesem Teil dessen, was man heute Frankreich nennt, wurde die Langue d'Oc von den Menschen gesprochen, denen das Land gehörte. Die Langue d'O'ü, der Vorläufer des heutigen Französisch, war die Sprache der Invasoren. Solche Entscheidungen trennen die Menschen.« Er winkte ab. »Aber Sie sind nicht hergekommen, um sich das anzuhören. Sie wollen etwas über Menschen erfahren, nicht über Theorien, nicht wahr?«
    Jetzt musste Alice lächeln. »Ich habe eines Ihrer Bücher gelesen, Monsieur Baillard, es lag im Haus meiner Tante in Salleles d'Aude.«
    Er nickte. »Es ist schön dort. Der Canal de Jonction. Linden und pins parasols säumen die Ufer.« Er hielt inne. »Dem Anführer des Kreuzzuges, Arnald-Amalric, wurde ein Haus in Salleles geschenkt, wussten Sie das? Außerdem eines in Carcassona und in Besiers.«
    »Nein«, sagte sie kopfschüttelnd. »Vorhin, als ich gerade angekommen war, haben Sie gesagt, dass Alaïs nicht vor ihrer Zeit gestorben ist. Sie ... sie hat also den Fall von Carcassonne überlebt?«
    Alice stellte verwundert fest, dass ihr Herz raste.
    Baillard nickte. » Alaïs hat Carcassona in Begleitung eines Jungen verlassen, Sajhë , der Enkel einer Hüterin der Labyrinth- Trilogie.« Er hob die Augen und sah sie fragend an, wollte wissen, ob sie ihm folgte. Als sie nickte, fuhr er fort.
    »Die beiden machten sich auf den Weg hierher«, sagte er. »In der alten Sprache bedeutet Los Seres die Berghöhen, die Gipfelkette.«
    »Warum gerade hierher?«
    »Weil der Navigataire, der Kopf der Noublesso de los Seres, der Gemeinschaft, der Alaïs ' Vater und Sajhë s Großmutter Treue geschworen hatten, hier auf sie wartete. Da Alaïs fürchtete, sie

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