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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
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erbebte in Hilflosigkeit, während sie sich in den Sattel stellte und das Farmgelände mit ihrem eigenen Fernglas in Augenschein nahm. Motoren wurden angelassen, gut gelaunte Rufe und laute Flüche waren zu hören. Gelegentlich ertönte noch ein einsamer Schuss, aber in ihre Richtung wurde nicht gezielt.
    »Sie hauen ab«, sagte Sofia. »Sie haben uns nicht bemerkt.«
    Miguel nahm sein Fernglas wieder in die Hand und schob Sofia ein Stück zurück.
    »Gib mir dein Fernglas, bitte«, sagte er. Er hatte sein eigenes, aber er wollte nicht, dass sie sehen konnte, was dort drüben alles passiert war.
    Sie reichte es ihm.
    Die Banditen rückten ab und feuerten noch ein paar Schüsse auf die Fenster der Hazienda ab. Ein Wagen hielt beim Hühnerstall an, und ein paar Männer stiegen aus, während die anderen Fahrzeuge weiterfuhren. Es war ein blassblauer Ford F-150, ein älteres Modell und an manchen Stellen ziemlich verrostet. Der Auspuff röhrte ziemlich laut. Der Fahrer blieb am Steuer sitzen, während die anderen sich die Hühner griffen. Die Tiere waren schon von den Schüssen und dem Geschrei verschreckt und flatterten hin und her, während die anderen Fahrzeuge im Konvoi hinter der nächsten Straßenbiegung verschwanden. Die Nachzügler kümmerten sich nicht darum. Jetzt stieg auch der Fahrer aus dem Wagen, um seinen Kameraden bei der Hühnerjagd zu helfen. Er hielt eine Kühltasche in der Hand, aus der er eine Bierdose holte.
    Miguel kniff die Augen zusammen.
    Drei gegen einen war besser, als zwanzig gegen einen, dachte er. Das wäre ein Anfang.

    »Hier.« Er warf seiner Tochter das Fernglas zu. »Fang.«
    Er hörte ihren Aufschrei, als er ihr die Zügel entriss und davonritt.
    »Bleib dort«, befahl er ihr, als er über die Hügelkuppe preschte. Die ersten grellen Sonnenstrahlen fanden ihren Weg zwischen den Wolken hindurch. »Keine Widerrede! Ich rufe dich, wenn die Luft rein ist.«
    Er war nicht sicher, ob sie gehorchen würde. Aber als er kein Hufgetrappel hinter sich hörte, wusste er, dass sie zurückgeblieben war. Er zog seine Winchester aus dem Halfter und lud sie durch. Er legte die Zügel in den Schoß und führte das Pferd mit den Knien oder indem er sein Gewicht verlagerte. Nun ritt er den Hügel hinunter.
    Das hier war nicht Hollywood. Er brüllte nicht los oder schwor bittere Rache. Die drei Banditen waren noch immer damit beschäftigt, die Hühner zu fangen, und freuten sich vielleicht schon auf das Abendessen, das sie ihnen bescheren sollten. Sie lachten sogar über ihre eigene Ungeschicklichkeit und Dummheit. Ihre Stimmen schallten bis zu ihm herüber.
    Zuerst ritt er langsam, beschleunigte dann und näherte sich der Farm im Galopp. Er ignorierte die grauenerregenden Anzeichen des Massakers, versuchte zumindest jede Gefühlsregung zu unterdrücken. Es war, als würde sich um sein Herz eine dicke Kruste geronnenen Blutes legen wie ein Schutzpanzer. Als er noch ungefähr achtzig Meter entfernt war, nahm er die Zügel wieder in die Hand und hielt sein Pferd an. Von Osten her blies ein leichter Wind und brachte den Geruch nach vergossenem Blut zu ihm und das Gelächter der drei Männer, die seine Familie umgebracht hatten. Er hörte sofort, dass sie betrunken waren, sehr sogar. Als er sich mit lautem Hufgetrappel näherte, drehte sich der Fahrer des Wagens zu ihm um. Er glotzte ihn verständnislos an, als Miguel abstieg. Dann grinste er
und winkte ihm zu, bevor er die Bierdose hob und einen Schluck trank.
    Er war noch gut vierzig Meter entfernt, und zwischen ihnen lagen zwei Leichen. Zum einen war es der Sohn des Viehtreibers, der andere Tote sah aus wie der alte Armando, Mariellas Onkel. Unbändiger Hass schoss wie ein reißender Strom durch Miguels Kopf.
    »Hola«, lallte der Bandit und nahm noch einen Schluck. »Cómo estás?«
    Miguel hob die Winchester an und schoss dem Banditen direkt in den Kopf. Die Bierdose, aus der er gerade trank, zerfetzte in viele Einzelteile, bevor sein Kopf zersprang und sein Körper nach hinten taumelte.
    »He!«
    »Was soll das denn?«
    Die anderen hatten ihn jetzt bemerkt. Der Mann, der am weitesten entfernt war, ein Gringo mit fettigen strähnigen Haaren in Bluejeans mit ledernen Beinschützern und einer langen Lederjacke, hatte es endlich geschafft, ein Huhn zu packen. Immerhin war er geistesgegenwärtig genug und ließ das Tier wieder los, um nach dem Gewehr zu greifen, das er sich um die Schulter gehängt hatte. Miguel verpasste ihm eine Kugel, bevor er seine Waffe

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