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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
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es sein Bäuerchen machte, hoffentlich ohne dabei die Milch wieder auszuspucken und die Kleider seiner Mutter zu verschmutzen. Sie machte sich keine Illusionen und hatte auch kein Mitleid mit den Flüchtlingen oder fühlte sich gar schuldig, weil sie in dem relativ komfortablen Gutshaus wohnten, während die anderen draußen auf freiem Feld hausen mussten. Sie hatte ihren Beitrag fürs Vaterland geleistet, und sie hatten sich dafür entschieden, in Großbritannien zu bleiben, als es wieder möglich war, nach Amerika zu gehen. Sie arbeiteten für Kost und Logis, und wenn sie zwei Jahre für das Ministerium für Ressourcen gearbeitet hatten, durften sie sich überall auf den britischen Inseln oder im Commonwealth niederlassen. Trotz allem, was so erzählt wurde, war England kein Gulag geworden. Alle Männer und Frauen, die auf den Feldern oder in der Umgegend arbeiteten, waren aus freien Stücken hier und konnten jederzeit nach Portsmouth gehen, wo man Freifahrten in die Vereinigten Staaten bekam. Wer sich allerdings dazu entschloss, auf ein amerikanisches Schiff zu gehen, verpflichtete sich, fünf Jahre lang für Onkel Sam zu arbeiten, um die Überfahrt abzubezahlen.
    Caitlin hob Monique an ihre linke Brust und streichelte den Kopf des Babys. Sie wäre beinahe wieder eingeschlafen. Sie hörte Bret im Nebenzimmer stöhnen und die Bettdecke zur Seite werfen. Dann erschien er in der Tür,
bekleidet mit den braunen Boxershorts der US-Army und einem weißen T-Shirt.
    Er gähnte. »Möchtest du Kaffee?«
    »Wenn sie fertig ist.« Caitlin strich erneut über Moniques Kopf. »Neulich hab ich vor dem Stillen eine Tasse getrunken, und das war der reine Wahnsinn, als hätte ich ihr Speed gegeben oder so was. Sie hat den ganzen Tag nicht geschlafen. Aber jetzt könnte ich ein bisschen heiße Milch mit Honig gebrauchen.«
    »Geht klar«, sagte er, noch immer heiser vom Schlaf, und verschwand, um sich um das Feuer zu kümmern und sich eine Tasse Schwarzmarkt-Kaffee zu gönnen. Auch das war eine Annehmlichkeit, die ihr Job mit sich brachte.
    Das Klappern und Scheppern der Kochtöpfe aus Metall drang vom Lager her zu ihnen herüber und wurde immer lauter und hektischer, je mehr Menschen aus den Zwölf-Personen-Zelten traten. Caitlin konnte auch schon ein paar Kinder erkennen, die wieder ihre Spiele aufnahmen, die sie bei Einbruch der Dunkelheit nicht zu Ende gebracht hatten. Sie rannten über das taunasse Gras, spielten Fangen und ließen sich von vier oder fünf Hunden jagen. Genau genommen sollten die Kinder eigentlich woanders untergebracht sein. In Swindon und Basingstoke gab es Schulen für ausländische Kinder, vor allem für Amerikaner, aber man hörte eher Schlechtes über sie, und so hatte Caitlin ihre Verbindungen nach London spielen lassen, um den Familien zu ermöglichen, hier auf der Melton Farm zusammenzuleben. Eins der Zelte war als Schule für alle Altersstufen eingerichtet worden. Darin unterrichteten drei Lehrer, die in Italien Urlaub gemacht hatten, als die Energiewelle ihr Heimatland vernichtet hatte. Die Schule war ein Grund, warum die Farm besonders beliebt war.
    Bret kam in dem Augenblick zurück, als Monique von der Brust abließ. Sie war jetzt ganz klebrig vor Milch. »Sieh sie dir an«, sagte er lächelnd, als er Caitlin die heiße
Honigmilch reichte und dabei aufpasste, dass sie nicht in die Nähe des Kindes kam. »Wie schön, dass sie dein gutes Aussehen und deine Intelligenz geerbt hat. Aber ansonsten ist sie eine Schlafmütze genau wie ihr Vater, und das allein wird ihr nicht helfen, im Leben voranzukommen.«
    Caitlin nickte und fragte sich dabei, wie ihr schlafmütziger Ehemann es wohl geschafft hatte, ein US-Ranger zu werden.
    »Na ja, sie wird bestimmt keine Atomphysikerin werden«, sagte sie. »Aber sie ist wirklich hübsch.«
    »Wie du«, sagte Bret und beugte sich zu ihr, um ihr einen Kuss zu geben.
    »Den Kaffee hätte ich wohl ruhig gleich trinken können«, sagte sie.
    »Nimm meinen«, bot er an. »Ich habe nichts gegen heiße Milch mit Honig.«
    »Das kann ich doch nicht machen. Du hast nur noch eine halbe Packung übrig.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Du wirst schon irgendwoher neuen bekommen. Du fährst doch in die Stadt, oder?«
    Sie nickte unkonzentriert. Sie war in Gedanken schon bei ihrem morgendlichen Lauftraining. Es war ihr wichtig, in Form zu bleiben. Bret machte sich darüber nicht so viele Gedanken, jetzt, da er ihr Ehemann war, aber die Arbeit auf der Farm hielt ihn fit. Caitlin

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