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Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05

Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05

Titel: Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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nicht?«
Anklagend wies Axis’ Finger auf den vormaligen
Bruderführer. »Wie viele Unschuldige tötete ich im
Namen des Seneschalls, Jayme? Nach wie vielen
Menschen, die sich nichts zu Schulden haben kommen
lassen, als harmlose Fragen zu stellen, hast du deinen
Axtherrn ausgeschickt, um sie mit Pferden zu Tode
trampeln zu lassen? Wie viele unschuldige Menschen
habe ich ermordet? Antworte mir, Jayme. Du warst
derjenige, der mich aussandte, um im Namen Artors zu
morden!«
»Ich habe nur das getan, was Artor mir befahl, Axis.
Ich habe nur das getan, was richtig für den Weg des
Pfluges war.«
Der Ärger auf Axis’ Gesicht verschwand, und er
starrte Jayme ungläubig an. »Hast du niemals die Welt
um dich herum in Frage gestellt? Hast du denn nicht
wenigstens einmal den brutal schmalen Weg des Pfluges
angezweifelt? Hast du niemals gezögert und darüber
nachgedacht, welche Schönheit der Seneschall zerstörte,
als er vor tausend Jahren die Ikarier und die Awaren
hinter die Grenzberge vertrieb? Hast du nicht einmal
innegehalten, um Artor in Frage zu stellen?«
»Axis.« Jayme trat einen Schritt auf ihn zu. »Was ist
mit dir geschehen? Ich glaubte dich zu kennen, und ich
dachte, ich könnte dir vertrauen.«
»Du hast geglaubt, du könntest mich sorglos für deine
Zwecke benutzen!«
Der Krieger blickte Jayme noch eine Weile an, dann
wandte er sich zur Tür.
»Ich habe dich nur um Artors willen benutzt«, erklärte
Jayme so leise, daß Axis ihn kaum verstehen konnte.
Axis drehte sich noch einmal zu dem einst geliebten
Bruderführer um. »Ich werde alles daran setzen, den
Seneschall zu zerschlagen, Jayme. Ich werde ihn und den
verfluchten Weg des Pfluges zu Staub zermahlen, wie es
ihnen gebührt. Ich werde deinen Haß, deine Heuchelei
und deine unbegründeten Ängste begraben, und niemals,
niemals zulassen, daß sie oder etwas Ähnliches je wieder
ihre häßlichen Häupter in Tencendor erheben. Danke
deinem Schicksal, Jayme, denn ich werde dich so lange
am Leben lassen, daß du die vollständige Zerstörung des
Seneschalls miterleben kannst.«
Jaymes Gesicht hatte nun alle Farbe verloren, und
seine Lippen bebten. Er streckte eine Hand aus. »Axis!«
Aber der Krieger ließ ihn stehen.
    Die Erinnerung an diesen Besuch verstörte Jayme so
sehr, daß er sich erneut vor Artors Bildnis zu Boden
warf. Verzweifelt versuchte er, Trost in der grob
gefertigten Darstellung zu finden.
    Die Wachen hatten das wunderbare Bildnis Artors aus
seiner Kammer entfernt, jene Ikone aus Gold und Email,
die einen Ehrenplatz in der Mitte der Hauptmauer
eingenommen hatte. Mühselig hatte Jayme während der
ersten beiden Tage seiner Gefangenschaft die lebensgroßen Umrisse des großen Gottes in den weichen Putz der
Wand geritzt. Obwohl er sich bei seiner Arbeit die
Fingernägel abgebrochen hatte, hatte er nun zumindest
ein Abbild, zu dem er beten konnte.
Er preßte die Stirn auf den Boden.
    Der Lärm der Hochzeitsfestlichkeiten auf den Straßen,
die tief unter ihm lagen, weckte ihn schließlich am frühen
Abend. Trotz seiner Niedergeschlagenheit begab sich
Jayme neugierig zum Fenster hinüber.
    Fröhliche Menschen bevölkerten die Straßen, und der
Kirchenfürst lauschte aufmerksam, um ihre Rufe zu
verstehen. Die meisten hielten Becher mit Bier in den
Händen, manche Pokale mit Wein. Alle wirkten glücklich.
    »Ein Hoch auf unseren Herrn und seine Gemahlin!«
hörte Jayme einen stämmigen Burschen rufen, und die
Menge fiel munter ein.
    »Man sagt, die Hochzeit sei in den Sternen geschlossen worden!« schrie ein anderer, und der Kirchenmann
entsetzte sich sehr, als er entdeckte, daß der Ruf von
einem der geflügelten Ungeheuer mitten in der Menschenmenge stammte.
Er runzelte die Stirn. Hatte Axis Faraday bereits geheiratet?
    Hinter ihm fiel ein winziges Stück Putz zu Boden.
Dann noch eines. Da Jayme tief in die Betrachtung der
Szene unter ihm versunken war, hörte er es nicht.
    »Auf den Sternenmann!«
»Und auf Aschure!«
Tiefe Risse breiteten sich über die Wand aus, und aus
der Wand heraus wurde etwas gedrückt von der Größe
einer Männerfaust.
    »Aschure?« wunderte sich Jayme. »Wer soll denn das
sein?«
Mehr Putz bröckelte zu Boden, als weitere Risse und
Ausbuchtungen in der Wand erschienen, aber Jayme war
so in die Betrachtung der feiernden Menge vertieft, daß
er auch jetzt noch nichts vernahm.
»Wer ist diese Aschure?« Um die Rufe der Menge zu
verstehen, preßte er Gesicht und Hände

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