Das Vermaechtnis
Nase hatte ich auch ein Stück…“, schaut er verwundert über sich selbst.
„Wie kann das sein?“, Rosuran schüttelt ebenso überrascht den Kopf. Seine tiefschwarzen Minilocken wippen dabei tänzelnd auf und ab.
„Er, Ushlaran , war plötzlich mit seinem Kopf auf meiner Schulter, und seine Stimme klang so merkwürdig fremd, wie aus einer anderen Welt – ich hatte mich so sehr darüber erschrocken, so sehr wie noch nie! Ihr müsst verstehen, ich war verbunden mit dem Pflänzchen und dabei in ihrer Welt, wie das so ist, das kennt ihr ja. Plötzlich war da dieser Kopf und dieser fremde Ton und dieses Wort Spezialeinsatz – also, wer da nicht zusammenzuckt!
Außerdem war ich dabei, den Geschmack zu testen und kaute gerade ein Blatt durch, während ich parallel an einem weiteren Blatt dieser Pflanze roch. Ungünstigerweise habe ich durch den Schreck schnell so tief eingeatmet, dass ich das Stück in die Nase bekommen habe und das Stück aus meinem Mund in meinen Hals verrutschte…“, erzählt Choi seine Geschichte.
„…Ungünstigerweise“, lacht Rosuran . „Das habe ich auch noch nicht erlebt… Äußerst ungünstig. Aber günstig war, dass wir gerade ankamen, nicht wahr, Ushlaran ?“
Er schaut lächelnd zu Ushlaran .
„Das war kein Grund, die Fassung zu verlieren! Die kannst du verlieren, nachdem du Hilfe geholt hast, wenn du ihm nicht selbst hättest helfen können.“
Ushlaran senkt etwas beschämt den Kopf. Das ist zu viel für ihn. Dass er die Fassung überhaupt wegen irgendetwas verliert, das ist ihm, dem absoluten Kopfmenschen, noch nie passiert! Er ist sonst immer klar, durchdacht, strukturiert, hat alles im Überblick. Dass die Gefühle derart mit ihm durchgingen, verunsichert ihn jetzt. Jaskula merkt, was in ihm vorgeht und löst nun die Hand von seiner Schulter.
„Ich glaube, Ushlaran , du hast durch dieses Erlebnis heute mehr gelernt als durch irgendeinen theoretischen Unterricht. Du hast gefühlt, dass du deinen Freund verlieren kannst, das hat in dir eine Art innere Panik ausgelöst. Das ging in die Tiefe – bei euch beiden. Ihr solltet nach unserer Begehung noch zur Nach-Behandlung in den Heilbereich des Tempels gehen, um euch wieder auf eure Mitte auszurichten“, sagt sie mitfühlend.
„Oh, ist wieder alles in Ordnung, geht wunderbar!“, meinen Choi und Ushlaran wie aus einem Munde und müssen lachen.
„Trotzdem – ein bisschen Farbausgleich auf euer Energiefeld wird euch gut tun – und nun lasst uns losgehen. Wohin führst du uns Ushlaran ? Choi , du kommst doch mit, zu dem, du weißt schon Spezialauftrag… ?“, fragt Jaskula .
„Ja, gern, jetzt bin ich wieder voll und ganz auf der Erde, es kann losgehen.“
Ushlaran hat zwei Ideen für ein geeignetes Gelände. Diese wollen sie jetzt begehen und beurteilen. Sie gehen etwas aus der Siedlung heraus und haben einen wunderbaren Blick zu den Bergen. Ein kleines Stück benutzen sie die Energieleitlinien, die Querwege gehen sie zu Fuß weiter.
Beide, Jaskula und Tanobakt , sind natürlich auch ausgebildet im Bereich der Geomantie. Sie haben den Auftrag für den Bau einer neuen Tempelanlage vom Rat von Cambolia erhalten. Oft bezieht dieser in Spezialfragen, wie jetzt zum Beispiel, entsprechende Fachleute mit in seine Planungen ein. Wenn jemand zum Rat gehört, dann heißt das nicht, dass diese Person auch den höchsten Stand hat. Dies sei hier kurz erwähnt, denn es ist eine besondere Form von Gemeinschaft hier in Cambolia .
Alle Personen haben nämlich den gleichen Stand: EinPriesterlehrer hat den gleichen Stand wie Gärtner, wie Bäcker, wie Tischler, wie Koch, wie Steinarbeiter, Hausbauer, Architekt, Maler, wie Heiler, wie Mutter oder Vater, die sich um Kinder und Haushalt kümmern – egal, alle sind auf der gleichen Ebene, denn alle leben hier auf der gleichen Erde und kümmern sich jeder nach seinen Fähigkeiten darum, dass es allen gut geht. Manche in einem kleineren Gefüge, manche in einem größeren. Da ist es umso wichtiger, dass die kleineren Gefüge stimmig sind und es ihnen wohl ergeht. Sich Rat zu holen gehört selbstverständlich zu jedem Projekt, da gibt es einfach keine Eitelkeiten oder Befindlichkeiten.
Jaskula und Tanobakt haben als Lehrer natürlich gleich Ushlaran den Auftrag des Rates als Projekt angeboten und dieser hat freudestrahlend angenommen. Der Auftrag sieht auch die Nähe zu Wasser vor, was bei allen Tempeln gleich wichtig ist. Wenn kein natürlicher Wasserlauf in der Nähe ist, muss ein
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