Das Vermaechtnis der Hexen
an diesem Ort. Ich stand am Meer. Der Wind blies leicht an meinem langen blauen engen Kleid entlang. Mein Haare lagen offen auf meinem Rücken. Er schlich sich langsam heran und berührte zart meine Hüfte. Ich reagierte darauf und drehte mich herum. Er sah mir ins Gesicht, meine Augen strahlten. Er beugte sich hinab, küsste mich sanft und seine Lippen wanderten zu meinem Hals. Er liebkoste die Stelle, wo mein Puls schnell schlug und biss hinein. Seine Zähne waren scharf und drangen mühelos durch meine Haut. Erst Schmerz, dann Wollen. Meine Knie sackten ein und er zog mich mit sich hinab in den Sand. Er wollte nur kosten.
Ich schrak auf. Drake hatte sich zu mir gebeugt. Ich versuchte, mich zu bewegen. Dann schaute ich in seine Augen. Sie waren orange gesprenkelt. Begierde. Ich versuchte, mich zu fassen. Ich schüttelte meinen Kopf und sah weg. »Können wir bitte mit Purzel weitermachen?« Er nickte und lehnte sich widerwillig zurück.
So verging die Zeit, es wurde langsam Abend und ich hatte eine Menge gelernt. Wie man den Kleinen in eine Traumtrance versetzt war das Wichtigste. Mit der Wärme, das müsse ich irgendwie selbst herausfinden, sagte Drake.
Purzel lag schlafend in meinen Armen. Drake und ich gingen ins Schloss. Emma und Elli kamen gerade durch die Tür vom Speisesaal und erblickten mich. Sie kamen auf mich zu. Dabei beobachteten sie Drake, der sich von mir verabschiedete und in den Saal verschwand. Sie fingen an zu kichern. »Wer ist der denn? Der sieht aber gut aus.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Er hilft mir bloß, Purzel unter Kontrolle zu halten.« Die beiden glaubten mir nicht ganz, das sah ich ihnen an.
»Alles klar, aber er ist ein Vampir. Ich dachte, du wolltest mit Purzel nicht in die Nähe eines Vampirs sein?«
»Ja, es war ja auch Professor Taylors Idee. Wusstet ihr, dass er ein Vampir ist?«
Sie nickten. »Du wolltest trotzdem keinen Vampir bei ihm haben.« Elli gab ihren Senf dazu. »Nicht einmal in Jas Nähe konntest du ihn dir vorstellen.«
Sie schafften es, mir ein schlechtes Gewissen zu bereiten und als Jas mit seinen Geschwistern aus dem Saal trat, wäre ich am liebsten im Boden versunken.
Doch dann sah ich das Mädchen mit dem langen Silberhaar. Silver. Sie ging an Jas Seite und lachte über einen seiner Witze. Er hatte nur Augen für sie. Er sah mich nicht einmal an, als er an uns vorbeiging.
Er hatte nur Augen für Silver, im Gegensatz zu Rob und Nick. Sie gaben Emma und Elli einen Kuss. Ich guckte weg und erstarrte. Silver hatte sich vorgebeugt und eine Hand an Jas‘ Wange gelegt. Sie war größer als ich und das Bild, das sie zusammen abgaben, passte gut zusammen. Er legte seine Hand auf ihre, die an der Wange lag, und sah ihr in die Augen.
Ein Schmerz durchzuckte mich. Nein, bitte nicht. Ich drehte mich auf dem Absatz um und rannte die Treppen hinauf, nannte die beiden Passwörter und rannte in unser Zimmer. Purzel war aufgewacht. Er hatte mehrmals gefragt, was los sei. Ich warf mich auf das Bett. Purzel quiekte ärgerlich. Vanasa. Ich lächelte leicht hinter meinen dicken Tränen. »Komm her, Purzel.« Ich streckte die Hand aus. Er kam gleich
angeflitzt und schmiegte sich an mein Gesicht. Seine Nähe tröstete mich und so schlief ich ein.
Die ersten Wochen vergingen wie im Flug. Ich versuchte, nicht an diesen bestimmten Montag zu denken. Jas sah ich nur selten und wenn, dann klebte Silver an seiner Seite. Oft war Drake bei mir, doch Jas schien das rein gar nichts auszumachen. Ich konnte es nicht fassen. Sie war schön. Okay, ein Grund. Sie war ein Vampir. Der zweite Grund. Aber er war dennoch mein Freund, oder? Er hatte zu mir noch nichts gesagt. Mir nur ab und zu einen flüchtigen Blick zugeworfen oder kurz gelächelt.
Die Manieren von Purtzel wurden auch immer besser und er lernte schnell. Ich war mir sicher, dass ich in zwei Tagen, also am Montag, endlich am Unterricht teilnehmen darf. Ich machte meine Hausaufgaben und wusste genau, wo wir gerade waren. Es war leicht mitzukommen, obwohl ich die meiste Zeit mit Purtzel und Drake verbrachte.
Drake sagte wie jeden Abend gute Nacht und ging in den Saal. Nach dem Essen kam ein blondes Mädchen, ein Vampir ganz gewiss, mit einem Zettel in der Hand auf mich zu. Sie gab ihn mir wortlos und verschwand. Ich brachte Purzel ins Zimmer. Dort las ich den Brief. Eine elegante Handschrift. Kurz und knapp war der Text.
Liebe Vanessa,
ich möchte mich heute mit Dir treffen.
Um die Mitternachtszeit. Am Meer, am
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