Das Vermächtnis der Schwerter
entschlossen. »Richtig, Bruder, die Überraschung ist unser Verbündeter. Wir werden Megas’ Schiff finden, es betreten, und bevor eine der Wachen reagieren kann, habe ich diesem verräterischen Hundesohn schon meine Klinge an die Kehle gesetzt.«
Meatril seufzte und winkte resignierend ab. In seinen Augen meinte Shyrali eine tiefe Traurigkeit zu erkennen, die sich aber nicht genauer deuten ließ. Das machte ihn jedoch nur noch interessanter, wie sie feststellte.
»Bei den Göttern«, stöhnte Meatril, »meinetwegen, versuchen wir es eben.«
Shyrali hatte genug gehört. Jetzt war es Zeit, einzugreifen.
Mit ausgestreckter Hand trat sie vor. »Habt Ihr ein Kupferstück oder etwas zu essen für ein armes Straßenmädchen?«, fragte sie schüchtern.
Meatril musterte die vermeintliche Bettlerin mitleidig, dann begann er in seinen Taschen zu kramen. »Nein, ich habe leider nichts bei mir. Eringar? Kannst du ihr etwas geben?«
»Los jetzt«, forderte Targ ungehalten, »es ist keine Zeit für so etwas. Wir müssen gehen.«
»Wo wollt Ihr denn hin?«, erkundigte sich Shyrali beiläufig, während sie die Münze, welche Eringar ihr zugesteckt hatte, in ihrem Bündel verschwinden ließ.
Targ warf ihr einen ärgerlichen Blick zu, doch dann hellte sich seine Miene plötzlich auf. »Kennst du dich im Hafen ein bisschen aus?«, wollte er wissen.
»Das kann man wohl sagen«, erwiderte Shyrali mit gespieltem Stolz.
»Kannst du uns dann zum Schiff des Inselherrn Megas Arud’Adakin führen?«, fragte Targ freundlich. »Das würde dir auch noch ein paar weitere Münzen einbringen.«
»Das könnte ich schon tun«, gab Shyrali bedächtig zurück, »aber warum wartet Ihr nicht einfach, bis seine Soldaten Euch gefunden haben und dorthin bringen?«
Alarmiert richteten sich die Blicke aller vier Ecorimkämpfer auf die hübsche Bettlerin. »Wie kommst du darauf, dass Megas’ Soldaten nach uns suchen?«, drängte Targ auf eine Erklärung.
Shyrali begann verspielt ihre zerzausten Haare glatt zu streichen. »Vorhin bin ich am Schiff des Inselherrn vorbeigekommen«, berichtete sie, »und da habe ich zufällig gehört, wie er seinen Soldaten Befehl erteilte, nach vier Männern wie Euch Ausschau zu halten.«
Meatril kniff misstrauisch die Augen zusammen. »Das hast du also rein zufällig gehört«, wiederholte er skeptisch.
»So ist es«, bestätigte Shyrali und unterstrich ihre Glaubwürdigkeit mit einem gekonnten Augenaufschlag. »Sie müssen eigentlich jeden Moment hier sein, denn wirklich unauffällig seid ihr vier ja nicht gerade.«
Die Ecorimkämpfer wechselten besorgte Blicke. »Hast du vielleicht auch ›zufällig‹ mit angehört, von wem Megas weiß, dass wir zu ihm wollen?«, erkundigte sich Meatril vorsichtig.
Shyrali verschränkte die Arme vor der Brust. »Wenn ich euch noch mehr erzählen soll, dann müsst ihr mir schon etwas Besseres bieten als eine einzelne Kupfermünze.« Eringar fing bereits an, in seinen Taschen nach seinem Geldsäckchen zu fahnden, als sie dem überraschten Etecrari verschmitzt Einhalt gebot, indem sie ihm sanft ihre Hand auf den Arm legte. »Wie wäre es, wenn ihr mich zu Speis und Trank einladet und wir dabei ein wenig weiterplaudern?«
Verdutzt sah Eringar zu seinen Gefährten, die jedoch nicht weniger verwirrt dreinblickten als er.
»Eigentlich wollten wir doch zu Megas’ Schiff, und zwar auf der Stelle!«, beharrte Targ. Doch selbst er wirkte nicht mehr gänzlich überzeugt.
»Entschuldige uns einen Moment«, sagte Meatril und nahm die drei anderen zur Seite. Shyrali beobachtete die Ecorimkämpfer verstohlen, während diese beratschlagten, was zu tun sei. Eigentlich war sie sich bereits ziemlich sicher, dass die vier auf ihren Vorschlag eingehen würden, denn es ließ sich leicht erkennen, dass dieser – wirklich gut aussehende – Meatril in der Gruppe das Sagen hatte. Die anderen würden letztlich nichts ohne sein Einverständnis unternehmen. Shyralis geschulte Menschenkenntnis verriet ihr, dass es sich bei ihm um einen äußerst verantwortungsbewussten Anführer handelte. Selbst wenn er die gerade erhaltenen Informationen für wenig vertrauenswürdig befand, würde er vermutlich trotzdem sicherheitshalber seine Gefährten dazu bewegen, den ursprünglichen Plan fallen zu lassen. Allerdings war es notwendig, dass die Ecorimkämpfer jetzt schnell zu einer Entscheidung gelangten, denn es konnte wirklich jeden Moment eine Patrouille von Megas’ Soldaten auftauchen und dann würde
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