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Das Vermächtnis der Wanderhure

Titel: Das Vermächtnis der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Mann den Tod gefunden hatte. Nur ihr Vater hatte ihr geschrieben, dass Ritter Falko von Michel Adlers Klinge gefällt worden war. Sie war davon überzeugt, dass dessen Weib mit Gift oder geheimen Kräften nachgeholfen hatte. Wie sonst hätte der Sohn eines gemeinen Konstanzer Gassenschenks einen Recken wie Falko von Hettenheim besiegen können?
    Hulda wollte ihre Freundin schon bitten, Marie nicht zu empfangen, aber dann überwog ihre Neugier. Sie wollte die Frau wiedersehen, die an ihrem Unglück schuld war, allerdings nicht von Angesicht zu Angesicht. Mit einem tiefen Seufzer stand sie auf. »Meine liebe Isberga, erlaube mir, mich zu entfernen. Mir ist nicht danach, fremde Leute zu sehen.«
    Die Burgherrin musste an sich halten, um nicht erleichtert das Kreuz zu schlagen. Solange Hulda mit sauertöpfischem Gesicht dabeisaß, würde keine angeregte Unterhaltung mit ihrem neuen Gast aufkommen. Dabei war sie gespannt darauf, was Marie Adlerin zu berichten wusste. Vielleicht konnte sie der Frau sogar ein paar pikante Anekdoten aus jener Zeit entlocken, in der diese als schmutzige Wanderhure durch die Lande gezogen war. Isberga erinnerte sich mit einem gewissen Schuldgefühl, aber auch mit einer durchaus angenehmen Erinnerung an die Nacht, in der ihr Mann stark angetrunken zu ihr ins Ehebett gekommen war und sie gebeten hatte, sich ihm wie eine Stute zu präsentieren. Sie hatte natürlich gehorcht, war aber am nächsten Morgen zu ihrem Burgkaplan gegangen und hatte den Vorfall gebeichtet. Die Sühnegebete, die ihr und ihrem Gemahl auferlegt worden waren, hatte sie jedoch alleine gesprochen, denn ihr Gatte hätte sie geschlagen, wenn sie ihn dazu aufgefordert hätte. Der Vorfall war ihr deutlich in Erinnerung geblieben, und selbst jetzt fühlte sie bei dem Gedanken an jene Nacht ein wohliges Ziehen zwischen den Schenkeln.
    Hulda packte Isberga bei der Schulter, als wolle sie sie schütteln, denn ihre Gastgeberin war ihr eine Antwort schuldig geblieben.
    Isberga lächelte verlegen. »Ich verstehe dich gut, meine Liebe. Geh in dein Zimmer und lege dich ein wenig hin.« Sie wartete, bis Hulda durch die Tür trat, die in einen Nebenraum führte, strich dann erwartungsvoll ihr Kleid glatt und winkte der Dienerin, den neuen Gast hereinzuführen.
    Hulda war gleich hinter der Tür stehen geblieben und blicktenun durch einen kaum fingerbreiten Spalt in Isbergas Kemenate. Als Marie eintrat, biss sie die Zähne zusammen, um den Fluch zurückzuhalten, der sich in ihrer Kehle ballte. Michel Adlers Weib war womöglich noch schöner geworden, und jede ihrer Gesten und jedes Wort drückten Selbstsicherheit und Zufriedenheit aus. Am meisten ärgerte Hulda sich jedoch, wie freundlich Isberga von Ellershausen die ehemalige Hure empfing. Die Frau, die sie für eine Freundin gehalten hatte, begrüßte Marie Adlerin so ehrerbietig, als sei diese schon als Tochter eines Reichsritters zur Welt gekommen. Dabei war das Weib genauso wie ihr Mann Abschaum aus der Gosse.
    Hulda von Hettenheim spürte, wie der Hass in ihr hochschäumte und gleich einer roten Woge über ihr zusammenschlug. Hätte sie einen Dolch oder ein größeres Messer als das aus ihrem Essbesteck zur Hand gehabt, welches in einer Ziertasche an ihrem Gürtel hing, wäre sie hinausgestürmt und hätte diese Hure umgebracht. Bei dem Gedanken schüttelte sie verbissen den Kopf, denn es schien ihr doch nicht der richtige Weg zu sein, diese Hexe auf der Stelle zu töten. Viel befriedigender wäre es, der Hure das Gesicht zu zerschneiden, bis es einer Teufelsfratze glich, und dann bei den Brüsten weiterzumachen. Tief in ihre hasserfüllten Vorstellungen verstrickt, achtete sie zunächst nicht auf das Gespräch und schreckte hoch, als Isberga nach Maries Tochter fragte.
    »Wie ich hörte, seid Ihr noch hier auf der Sobernburg Mutter geworden. Euer Kind ist hoffentlich wohlauf?«
    Marie nickte lächelnd, obwohl sie Trudi nicht in der Vogtsburg, sondern auf Hiltruds Ziegenhof zur Welt gebracht hatte. »Meinem Schatz geht es ausgezeichnet. Ich habe ihn bei meinem Mann zurückgelassen, der wegen der böhmischen Unruhen lange auf Trudi verzichten musste.«
    »Euer Gemahl soll in Böhmen sehr tapfer gekämpft und dem Kaiser selbst das Leben gerettet haben. Ist es wahr, dass er fürdiese Tat zum freien Reichsritter erhoben wurde?« Isbergas Frage war eigentlich überflüssig, denn sie hatte etliche Gerüchte vernommen, die sich um den ehemaligen Schankwirtssohn drehten, aber der Neid, den sie

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