Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Vermächtnis der Wanderhure

Titel: Das Vermächtnis der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
Kaiser verärgert ist, werde ich dir vor allen Leuten eine Tracht Prügel versetzen, gegen die die letzten ein laues Streicheln waren.«
    Er hob die Hand, als wolle er seine Worte mit einer Ohrfeige unterstreichen, und Schwanhild begriff, dass er sie auch noch halb tot vor den Altar schleppen würde. Am liebsten hätte sie sich auf den Boden geworfen und vor Wut um sich geschlagen. Doch ein Blick in Ritter Kunners verbissenes Gesicht ließ sie davon Abstand nehmen.
    »Jetzt mach endlich, damit wir es hinter uns bringen können«, herrschte sie ihre Leibmagd an. Diese nickte mit schreckensbleicher Miene und befestigte zitternd die Brautkrone.
    Ritter Kunner versuchte, das Thema zu wechseln, um die Spannungen zwischen sich und seiner Tochter zu mindern. »Es istbedauerlich, dass deine Mutter nicht mit nach Nürnberg gekommen ist. Eine Hochzeit, die der Kaiser stiftet, erlebt man nicht alle Tage.«
    Schwanhild reagierte giftig. »Dein Weib ist nicht meine Mutter!« Inzwischen war Frieda fertig geworden. Daher erhob Schwanhild sich, ging zur Tür und fauchte ihren Vater schnippisch an. »Warum kommst du nicht? Ich denke, der Kaiser wartet auf uns!«
    Der Magoldsheimer stieß einen Fluch aus und eilte hinter ihr her. Im Hof des Anwesens empfing ein Herold mit dem kaiserlichen Wappen auf der Brust die Braut. Er verneigte sich tief vor Schwanhild und bat sie, in der wartenden Sänfte Platz zu nehmen. Ihr Vater und ihr ältester Halbbruder mussten zu Fuß nebenhergehen wie gewöhnliche Bürger.
    Vor dem Rathaus hielten die Träger an. Schwanhild stieg aus und ließ den Blick über das stattliche Gebäude wandern, in dem ihr Schicksal eine ihrem Stand wenig angemessene Wendung nehmen würde.
    Ritter Kunner fasste die Hand seiner Tochter und führte sie durch das Eingangstor. Sofort eilten ihnen mehrere Pagen in roten Tuniken entgegen, auf denen der Reichsadler auf goldenem Grund prangte. Eigentlich hätten sie die Schleppe der Braut tragen sollen, doch auf diese hatte Schwanhilds Vater bei der Auswahl des Kleides verzichtet. So konnten die noch pausbäckigen Jungen nichts anderes tun, als sie in den großen Saal zu begleiten.
    Schwanhild blieb einen halben Herzschlag lang in der Tür stehen und starrte in die lange Halle, die ihr so riesig erschien, als würden alle Kammern der väterlichen Burg darin Platz finden. Wuchtige Balken trugen die hölzerne Decke, die so hoch über dem Boden schwebte, dass ein Mann sich ausstrecken musste, um sie mit der Spitze einer Lanze berühren zu können. Hohe, bleiverglaste Fenster spendeten Licht. Hinzu kamen Dutzende brennende Kerzen auf kunstvoll geschmiedeten Haltern, die wie Arme aus den Wänden ragten. In Schwanhilds Augen war daseine entsetzliche Verschwendung, auch wenn das Wachs für die Kerzen hier in Nürnberg, wo die Zeitler Hunderte von Bienenvölkern hielten, billiger sein mochte als andernorts.
    Bis auf einen thronartigen Sitz, auf dem der Kaiser saß, war der Saal unmöbliert. Sigismund trug ein Prunkgewand, das beinahe mehr Goldfäden als normales Garn aufwies und trotz der sommerlichen Hitze reichlich mit Zobel und anderem wertvollen Pelzwerk besetzt war. Über dem roten Handschuh an seiner Rechten funkelte ein großer Siegelring, während die linke Hand den goldenen Knauf seines Schwertes streichelte.
    Der Kaiser war sehr zufrieden, weil sich dieses störende Problem doch noch hatte lösen lassen. In seiner Erleichterung hatte er Michel Adler ein neues Wappen verliehen, das neben dem Reichsadler nun auch die bayerischen Rauten enthielt. Es war ein Hochzeitsgeschenk, das ihn ebenso wenig kostete wie der Titel eines Freiherrn, den er dem Bräutigam versprochen hatte. Schließlich konnte eine Braut aus dem Hause Wittelsbach keinen einfachen Reichsritter heiraten. Die Tatsache, dass Schwanhilds Mutter eben genau dies getan hatte, schob er dabei mit ebenso leichter Hand beiseite wie das Wissen, dass weder die Herzöge von Bayern noch der Pfalzgraf am Rhein bereit waren, Michel Adler als neues Familienmitglied zu akzeptieren.
    Als Schwanhild hereingeführt wurde, blickte Sigismund überrascht auf, denn das Mädchen war bildhübsch. Mit Adlers erster Ehefrau konnte es sich zwar nicht messen, denn Frau Marie war eine der schönsten Frauen gewesen, denen der Kaiser je begegnet war. Dennoch konnte er mit Fug und Recht sagen, dass der Ritter, der ihm während eines Feldzugs gegen die Böhmen das Leben gerettet hatte, das Aussehen seiner Braut nicht beklagen durfte.
    »Sei mir

Weitere Kostenlose Bücher