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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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treibt deinen fetten Advokatenarsch hinaus zum Marsfeld?“
    Nerina stieß Michele in die Seite.
Wie reizbar er war, sobald er einige Becher Wein gelehrt hatte. Jetzt kam noch
die Trauer um Lena hinzu. Zwar hatte sie selbst die Hure nicht gemocht, aber
Michele hatte sie einmal „sein Weibchen“ genannt und damit bezeugt, dass er sie
mochte. Zudem hatte er sie mehrfach für Marienbildnisse porträtiert. Trotzdem
widerten sie diese Hahnenkämpfe an.
    „Bist du verrückt, Michele? Du
weißt, dass er dich hasst. Und er ist bewaffnet!“
    Lauter als Nerina wünschte,
antwortete Michele:
    „Ich habe noch nie vor Bewaffneten
Angst gehabt!“
    Der Notar, der offenbar noch immer
nicht ganz die Dunkelheit in der Osteria durchdringen konnte, wandte sich der
Stimme zu.
    „Bist du es, Caravaggio, du
Schmierfink und Aufschneider? Du Hurenbock?“
    Rasch stand Michele auf, sodass es
Nerina die Eichenbohle des Tisches in den Bauch rammte. Für einen Augenblick
blieb ihr die Luft weg, und es misslang ihr, Michele zurückzuhalten. Dieser
arbeitete sich von seinem Platz im hintersten Winkel der Osteria nach vorne und
beschimpfte nun seinerseits den Notar.
    „Ich bin es, Pasqualone, Michele
Merisi, genannt Caravaggio. Hat dich deine Mutter vom Milchtopf weggelassen, du
Schlappschwanz und Lügensack von einem Notar. Was nennst du mich Hurenbock?
Mich?“
    Pasqualones Degen zischte durch die
Luft. Seine Spitze zeigte auf Michele. Sie zitterte leicht.
    „Wo ist Lena? Wo war sie die letzte
Woche? Hast du sie wieder ...“
    Das letzte Wort ließ er offen und
trat einen Schritt auf Michele zu, der ruhig stehen blieb und die Degenspitze
zu ignorieren schien.
    „Sie ist tot, Pasqualone. Lena ist
tot!“
    „Was sagst du, du Hurenbock?“
    Pasqualone machte einen weiteren
Schritt auf Michele zu. Der Degen berührte jetzt beinahe dessen Hals.
    Nerina wurde nervös. Sie erhob sich
und rief in den Raum hinein.
    „Pasqualone, habt Ihr nicht gehört?
Lena ist tot. Sie ist im Tiber ertrunken!“
    Der Notar ließ Michele nicht aus
den Augen, senkte aber jetzt den Degen.
    „Nerina? Was sagt Ihr da? Lena tot?
Aber ...“
    „Fischer haben sie gefunden. Am
Tiberufer gegenüber der Insel.“
    Plötzlich fühlte Nerina die Hitze,
die der Notar von draußen mit hereingebracht hatte. Ein fieberschwangerer
Dunst, der nach Krankheit roch und nach Abkühlung verlangte. Sie sah, dass sich
der Notar auf einen Stuhl niederließ. Der Degen fiel ihm aus der Hand, sein
Kopf sank ihm auf die Brust, das Gesicht zerfiel in aschfahle Flächen.
    „Im Tiber ertrunken sagt Ihr?“
    Bevor Nerina ihn erreicht hatte,
beugte sich Michele über Pasqualone und zischte ihn an:
    „Jemand hat sie zuvor noch mit
einem Halstuch erwürgt, Pasqualone, und dann erst in den Tiber geworfen. Ich
kenne nur einen Hurensohn, der dazu fähig ist! Dich!“
    Ohne Vorwarnung stieß Michele den
Tisch beiseite, der sie trennte, und sprang auf Pasqualone zu, packte ihn an
der Gurgel und drückte zu. Der Notar, soviel sah Nerina, war zu überrascht, als
dass er gleich an Gegenwehr dachte. Beide stürzten übereinander, ohne dass
Michele losgelassen hätte. Krüge brachen, ein Stuhl barst unter dem Gewicht der
Männer. Doch bevor Nerina eingreifen konnte, ging ein Mann dazwischen, der
Nerina bekannt vorkam. Körperlich eher ein Stubenhocker und Stehpultkämpe,
hatte er die beiden dennoch mit je einem kräftigen Schlag getrennt. Sowohl
Michele als auch Pasqualone wälzten sich auf dem Boden. Der Fremde nahm den
Degen und ließ ihn zwischen den Kontrahenten hin und her pendeln.
    „Verschwindet hier! Beide! Zuerst
Pasqualone, dann Caravaggio! Sollte ich Euch noch einmal hier sehen, um zu
raufen, mache ich kurzen Prozess!“
    Beide schienen eingeschüchtert und
verunsichert, obwohl niemand den Fremden kannte.
    Nerina wollte Michele aufhelfen,
als sie eine Hand an ihrem Arm fühlte. Sanft aber bestimmt hielt sie der Fremde
zurück. Pasqualone rappelte sich auf und stolperte nach draußen. Der Fremde
trat an die Tür und blickte dem Notar mit zusammengekniffenen Augen nach.
    „Jetzt Ihr, Caravaggio. Geht nach
Hause.“
    Benommen erhob sich der Maler,
wankte ein wenig, als er zur Tür ging, und trat dann ebenfalls auf die Straße,
ungewöhnlich folgsam. Zurück blieben der Fremde und Nerina.
    „Danke!“, flüsterte sie. „Warum
habt Ihr das getan?“
    Sie betrachtete den Fremden genau
und versuchte sich zu erinnern, wo sie ihn schon einmal gesehen hatte. Die
langen dunklen Haare, diese leicht

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