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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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vorwärts – und verbreitet das
Gerücht, der Maler entwerfe ein blasphemisches Gemälde.“
    Mit einem Kopfnicken verabschiedete
Scipione Borghese den Pater und eilte zurück in die Versammlung. Aus den
Augenwinkeln sah er, dass Pater Leonardus tief gebeugt wartete, bis er wieder
in den Besprechungssaal zurückkehrte. So verlängerte er seine Zeit des
Lauschens. Scipione stürzte sich in das Meer aus Purpur, als sich die beiden
Türflügel öffneten. Bedeutende Kardinäle hatten sich im Palazzo Borghese
versammelt, Del Monte, Baronius, Barberini und Sanesio saßen ihm gegenüber. Er
stellte sich den Pater vor, der eben jetzt einen Blick in das Zimmer werfen und
die illustre Gesellschaft erkennen konnte. Musste er sich nicht Fragen stellen?
Musste er sich nicht fragen, was sich dort abspielte, warum sie sich hier
versammelten, im Palazzo Borghese?
    Heiterkeit im Gesicht betrat Scipione
Borghese den Raum und wartete, bis sich die Türen hinter ihm schlossen. Ob
Caravaggio seine Rolle in diesem Spiel bis zu Ende spielen würde?

12.
    Rom versteckte sich unter schwarzem
Trauersamt, alle Lichter waren gelöscht, kein Kerzenstummel brannte mehr. Nicht
einmal der Mond schien, und die Sterne verbargen sich hinter fliegenden Wolken,
die dunkel und dräuend über die Stadt hinweg zogen. Eine für den März
unnatürlich drückende Schwüle hing zwischen den Mauern, die auf den Gemütern
lastete. Wo sonst die Römer auf den Plätzen standen und sich durch die Gassen
drängten, herrschte eine gespenstische Leere, als wäre mit dem Tod des Papstes
die restliche Stadt mit ausgestorben. Dabei hatte Nerina geglaubt, die Menschen
müssten Freudentänze aufführen, weil Clemens VIII. endlich ins christliche
Paradies hinübergegangen war und seine Vetternwirtschaft und seine
Verschwendungssucht beendet wären, die vor allem die ärmeren Bewohner in den
Ruin getrieben hatten. Das Leben hätte in die Stadt zurückströmen müssen, das
durch die bigotte Frömmigkeit der letzten Jahre wie durch eine Ablaufrinne
entleert worden war. Nichts war zu spüren von Erleichterung oder Hoffnung. Im
Gegenteil. Überall empfand man eine gespannte Erwartung auf den Ausgang des
Konklaves.
    Nerina tappte mit Enrico im
Schlepptau durch die dunklen Gassen der Tiberstadt und wunderte sich. Sie
hielten sich leicht an der Hand, um sich nicht zu verlieren, ängstlich darauf
bedacht, diese Haltung als Notwendigkeit zu betrachten. Keiner von ihnen wollte
es offenbar als erstes Zeichen gegenseitiger Zuneigung verstanden wissen,
obwohl Nerina die trockenen Finger, die leicht und doch stark zugriffen,
angenehm waren. Sein Gang gefiel ihr, der sich ausnahm wie das weiche
Schleichen einer Katze, federleicht und ohne ein Anzeichen von Kraftaufwendung.
Sie selbst fühlte sich dadurch beflügelt.
    „Wie habt Ihr mich gefunden?“
    „Es war nicht leicht, aber auch
nicht allzu schwierig.“
    „Ihr spioniert mir nach?“
    „So will ich es nicht nennen. Ich
beobachte, was Caravaggio macht, und da seid Ihr mir mit aufgefallen.“
    Plötzlich wurde Enricos Griff
fester. Er zog Nerina zu sich her, legte ihr eine Hand um den Mund. Ihr Atem
flog für wenige Momente rascher, da diese plötzliche Nähe ihr Sicherheit und
gewollte Distanz raubte. Seine Haare dufteten und strichen ihr übers Gesicht.
Sie schloss die Augen. In ihrer Überraschung konnte sie keinen Schritt mehr
machen. Bevor sie sich leicht zu wehren begann, hörte sie ihn nahe an ihrem Ohr
flüstern.
    „Ich tue Euch nichts. Aber seid
leise. Jemand schleicht hinter uns her. Bitte bleibt stehen und horcht.“
    Nerina nickte und sofort nahm
Enrico die Hand von ihrem Mund. Beide lauschten in die Schwärze der Gasse.
Tatsächlich hörten sie hinter sich Schritte, die sich langsam näherten. Nerina
bückte sich und löste ihre Holzschuhe von den Füßen, dann suchte sie Enricos
Hand.
    „Wie ist das möglich? Es ist doch
stockfinster?“
    „Unser Verfolger riecht uns“,
flüsterte Enrico. Nerina ahnte, dass sich in der Schwärze der Nacht sein
Gesicht zu einem Grinsen verzog. „Die Leinölfarben geben Euch eine unverwechselbare
aber auch unwiderstehliche Note.“
    Sie gab ihm für seine
Unverschämtheit einen Stoß in die Rippen.
    „Kommt!“, zischte sie.
    Mit der Sicherheit einer Katze
bewegte sich Nerina in der Dunkelheit. Jetzt hielt sie seine Hand fest. Sie
lief wenige Schritte und bog mit ihm in eine Seitengasse ein. Ein Stück gingen
sie die Gasse hinauf und warteten. Die Schritte folgten ihnen. Beide

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