Das Vermaechtnis des Caravaggio
drängen ...
Scudi ... Tod ...“
Leicht bewegte er den Kopf in die
Richtung, aus der das Gespräch kam. Aus dem Augenwinkel heraus konnte er den
dunklen Mantel Scipione Borgheses erkennen. Der Adlige redete auf einen Mann
ein, der für ihn, Enrico, beinahe unsichtbar im Halbdunkel eines
Säulenschattens stand. Er versuchte eine Hand so um eine der Ohrmuscheln zu
legen, dass er besser hören konnte, und tatsächlich hob die Erregung des
Disputs die Stimmen, und Enrico konnte ihm besser folgen.
„Ich muss vorsichtig vorgehen!“
„Hier!“ Scipione Borghese holte aus
einer Manteltasche einen Beutel, der ohne Zweifel die eben erwähnten Scudi
enthielt, und übergab ihn dem Fremden, der ihn bedächtig abwog. „Fürs erste.
Der Mann fürs Grobe kostet, Herr.“
„Ihr habt mir zugesichert, dass er
...“
„Weiß, wie er den Maler
einschüchtern kann ... Und wenn das alles nichts hilft, wird er Schmerzen
leiden wie nie zuvor. Es wäre gelacht, wenn man diesen Caravaggio nicht ...“
Die letzten Sätze verflogen, weil
einer der Messdiener jetzt auch zu seiner Kapelle kam und die Kerzen zu löschen
begann.
Die beiden Männer gingen kurz
darauf auseinander. Scipione Borghese kam direkt auf ihn zu. Enrico senkte den
Kopf und hoffte, er würde ihn nicht entdecken. Doch der Borghese ging ohne ein
Zeichen des Erkennens an ihm vorüber, beschäftigt mit seiner Schalmaske.
Enrico atmete scharf aus und
widmete sich zur Belohnung noch dem dritten Gemälde. Es zeigte das Martyrium
des Matthäus und stammte eindeutig ebenfalls aus Caravaggios Hand. Das Licht
beleuchtete den Heiligen, der am Boden lag, ebenso wie den Henker, der ihn eben
beim Lesen der Messe niederstreckte. Ein Bild, das an Dramatik nicht zu
überbieten war. Während der Heilige sich wehrte, während er den Henker zu
beschwichtigen versuchte, sah der Auftraggeber des Mordes, Hirtakus, aus dem
Hintergrund zu. Und dieser Hirtakus war niemand anderer als der Maler selbst.
Enrico wurde schwindlig, weil er
eben eine ähnliche Situation miterlebt hatte. Der Ort, eine Kirche, das Opfer,
zwar kein Heiliger, aber ein begnadeter Heiligenmaler, Scipione Borghese
offenbar der Henker, der allem Anschein nach den Auftrag gegeben hatte, diesen
Caravaggio zu töten. Er stützte sein Gesicht in die Hände und hoffte, wenn er
wieder aufblickte, wäre all das ein Spuk, eine vorübergehende Vision, und die
Welt wieder in ihren Angeln.
Als er hochsah und aufstand,
verließ Scipione Borghese eben die Kirche, und der Mann, den er getroffen
hatte, folgte ihm in einigem Abstand. Enrico fielen dessen rote Haare auf, von
denen einige Strähnen unter der Kapuze hervor sahen.
10.
„Wo ist der Dreckskerl?“
Nerina schreckte hoch. Auf der
Türschwelle der Osteria stand ein Fremder, der mit der flachen Seite des Degens
an seine Beinkleider schlug. Gegen die Sonne, die hinter ihm in der Türöffnung
brannte, hob sich der Schatten dunkel ab, als wäre er Teil eines Altarbilds.
Sie waren auf einen Krug Wein
hierher gekommen. Der Geruch in ihrer Wohnung war in den letzten Tagen derart
unerträglich geworden, dass sie eine Lösung hatten finden müssen. Selbst
Michele war nach zwei Stunden Arbeit blass und misslaunig geworden, und gestern
hatten sie Lena den Karmelitern übergeben, die für sie die letzten Gebete
gelesen hatten, um sie heute in aller Frühe auf dem Armenfriedhof beizusetzen.
Es war ihr Leichenschmaus, ihr letztes Mahl im Angedenken Lenas.
„No, Signore, es ist verboten, hier
Degen zu tragen!“, fuhr der Wirt sofort dazwischen, verstummte aber, als der
Mann unter der Türschwelle die Klingenspitze auf ihn richtete und den Raum
trotzdem betrat.
„Wo ist der Dreckskerl von
Caravaggio?“
Nerina legte Michele eine Hand auf
den Arm, in der Hoffnung, er ließe sich nicht provozieren. Beide, Pasqualone
und Michele, buhlten seit Jahren um die Gunst Lenas, und sie hatte sie beiden
gewährt. Mehrmals hatte sich Michele mit dem Notar schon um die älteren Rechte
an ihr geprügelt, hatte den Notar verletzt und dafür im Tor di Nona gesessen.
„Sei still, er wird wieder gehen!“,
flüsterte Nerina. „Er kann dich nicht sehen!“
Noch schien Michele nicht begriffen
zu haben, wer der Eindringling war und was er in der Osteria wollte. Erst als
dieser einige Schritte in den abgedunkelten Raum hinein machte, erkannte er
ihn.
„Der Notar Pascqualone d’Accumulo!“,
meinte er ärgerlich. „Was will dieser Schleimscheißer hier?“ Laut rief er: „He,
Pasqualone, was
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