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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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nicht nur üppige Beute, sondern auch Rache an den Heeren des Islam bringen sollte, die ein Jahr zuvor in die Gebiete des Penedès eingefallen waren und die Stadt Manresa zerstört hatten. Ein Meer von Zelten erstreckte sich vom Flussufer bis zur Anhöhe. Der Graf wollte zu den Mauern Tortosas vorstoßen und derart viele Männer und Kriegsmaschinen zur Schau stellen, dass es der Kalif für einträglicher hielt, einen ehrenvollen Frieden zu schließen und den Tribut zu zahlen, als ohnmächtig der Zerstörung seiner Stadt zuzusehen.
    Eine kleine Reitergruppe näherte sich. Gräfin Almodis, ihre bevorzugte Dame Lionor und ihr winziger Vertrauter reisten in einem Wagen, der von einem Sechsergespann gezogen wurde. Die Eskorte bestand aus acht Reitern, die das schwere Gefährt umringten. Die Gräfin zog den Ledervorhang eines Wagenfensters zur Seite, sah hinaus und fragte den Ritter, dessen Steigbügel sich in Türhöhe befand: »Mein guter Gilbert, wie lange brauchen wir noch bis zum Lager?«

    Ramón Berenguer hatte Herrn d’Estruc, der im Dienst der Gräfin so viele Abenteuer und Widrigkeiten überstehen musste, zum Führer der Wache Almodis’ ernannt.
    »Herrin, man kann schon die Feldzeichen erkennen. Wenn wir weiter in diesem Tempo vorankommen, sind wir vor der Nacht im Lager.«
    »Sagt dem Fahrer, er soll die Pferde antreiben. Ich will meinen Gemahl vor der Dämmerung überraschen.«
    »Wie Ihr befehlt, Gräfin.«
    Almodis zog den Vorhang zu, und das Peitschenknallen und die Rufe, mit denen die Tiere zu höherem Tempo angetrieben wurden, zeigten ihr, dass man gehorchte.
     
    Der Posten am Haupteingang rief die vorschriftsmäßige Meldung, und der wachhabende Offizier eilte herbei, um nachzusehen, aus welchen Leuten die sich nähernde Gruppe bestand. Er legte sich die linke Hand als Schutzschirm über die Augen und entdeckte den von Bewaffneten umringten Reisewagen. Als er genauer hinschaute, bemerkte er, dass in der Höhe des Wagenbocks und an der Lanzenspitze eines Reiters auf zwei zierlichen Wimpeln die Farben des Grafenhauses von Barcelona leuchteten.
    Seine Stimme ertönte: »Wache, antreten!«
    Als die Gruppe zum Lagereingang kam, war die Wache mit eingelegter Lanze daneben angetreten. Almodis’ Hauptmann und der Anführer der Truppe tauschten die vorschriftsmäßigen Rufe aus.
    »He da, Wache!«
    »Wer da?«
    »Doña Almodis de la Marche, die Gräfin von Barcelona, und ihre Eskorte.«
    »Geduldet Euch bitte, Eure Gnaden, damit ich die vorgeschriebene Überprüfung vornehme.«
    Almodis blickte durchs Wagenfenster und sagte nachdrücklich: »Seht mich genau an, und lasst mich auch Euch ansehen. Ich will dem Offizier ins Gesicht blicken, der nach meiner erschöpfenden Reise die Begegnung mit meinem Gemahl, dem Grafen von Barcelona, hinauszögert.«
    Der Mann verfärbte sich und schrie mehr, als er befahl: »Macht die Tore auf! Die Trommeln und Trompeten sollen erklingen, um Almodis de la Marche, die Gräfin von Barcelona, zu begrüßen!«
    Nach römischem und westgotischem Brauch stand das riesige Zelt
Ramón Berenguers zusammen mit dem seines Vetters Ermengol von Urgell in der Lagermitte, an der Kreuzung der beiden Hauptwege. Es waren Rundzelte mit kegelförmigem Dach, doch das Zelt des Grafen von Barcelona hatte außerdem an der hinteren Seite einen quadratischen Empfangsraum, der von einem dicken Damastvorhang verborgen war. Dort gab es auch ein Vorzimmer mit einem großen Tisch in der Mitte, an dem die Besprechungen mit den Hauptleuten stattfanden. Ein breiter Wandschirm verdeckte das Feldbett des Grafen, und an einer Seite stand ein kleiner Altar, an dem man die Siege feierte und die Hilfe des Himmels erbat, bevor man in den Kampf zog.
    In diesem Augenblick standen die beiden Vettern mit ihren Kriegsbaumeistern zusammen, die ihnen mehrere auf dem Tisch auseinandergerollte Pergamente vorlegten. Auf ihnen waren Kriegsmaschinen und drei Belagerungstürme in allen Einzelheiten dargestellt.
    Der Trompeten- und Trommelklang zeigte ihnen, dass ein ungewöhnliches Ereignis die Routine der langweiligen Wartetage störte.
    Der Graf rief Gualbert Amat, der schnell erschien.
    »Lauft und seht nach, was da vor sich geht, und meldet mir, warum man zu dieser ungewöhnlichen Zeit eine solche Ehrenmusik spielt.«
    Der Lärm der Besuchergruppe eilte dem Seneschall voraus, und als er aus dem Haupteingang des Zeltes hinaussah, entdeckte er, dass Almodis schon aus den Wagen kam, ohne auch nur abzuwarten, dass der Postillion

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