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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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Grafenfamilie? Ich bin ein Mann aus dem Volk, aber ich lerne schnell. Ich beobachte lediglich, wie sich die verhalten, die ich nachahmen muss: Wenn die Mächtigsten nach den Diensten der Juden verlangen und ihnen bei so schwierigen Problemen wie Gesundheit und Vermögen vertrauen – warum sollte ich es nicht auch tun?«
    Der Jude strich sich bedächtig über den Bart.
    »Nun gut. Bevor wir darüber nachdenken, was Ihr mit Eurem Kapital tun und wie Ihr es nutzbringend anlegen müsst, wollen wir zuerst überlegen, wo und wie wir es verwahren, damit es sicher ist und Ihr stets darüber verfügen könnt, selbst wenn ich nicht in der Stadt bin oder wenn mir im schlimmsten Fall etwas zustoßen sollte.«
    »Und was ratet Ihr mir?«
    »Wenn Ihr einverstanden seid, könnten wir es im Keller meines Hauses verwahren. Dort hebe ich auch meine Wertgegenstände auf. Das ist ein sicherer und ganz unauffälliger Ort, den kaum jemand kennt, ein aus dem Stein gehauener Backofen der Römerzeit, den ich erweitert habe. Sogar unser Graf vertraut mir seine Schätze an, weil auch er den Ort für sicher hält oder weil er etwas vor neugierigen Blicken beschützen will.«
    Martí lächelte.
    »Ich halte Euren Vorschlag für ausgezeichnet, doch bevor ich ihn ausführe, möchte ich gern etwas genauer erfahren, was ich tun muss, um eines Tages zum voll berechtigten Bürger Barcelonas zu werden. Was glaubt Ihr?«
    »Mein lieber junger Freund, Ihr habt es sehr eilig. Um anerkannter Bürger dieser Stadt zu werden, muss zunächst einmal viel Zeit vergehen, und in diesem Zeitraum muss man zweitens seine Ehrlichkeit und seinen Fleiß beweisen, damit man von den übrigen Einwohnern respektiert wird. Glaubt mir, es ist eine Sache, hier zu wohnen, und eine andere, Stadtbürger zu sein.«
    »Erklärt mir das näher, wenn es Euch nichts ausmacht«, bat Martí hartnäckig.
    »Ihr müsst wissen, dass in den Gegenden hier das Erbe der Westgoten und damit auch der Römer übermächtig weiterwirkt. Ich darf Euch sagen, dass die Regionen, die die Spanische Mark bildeten, den übrigen Reichen der Halbinsel, sowohl den christlichen als auch den maurischen,
auf gesetzlichem Gebiet weit voraus sind. Man kann feststellen, dass es in den anderen Reichen drei maßgebliche Mächte gibt: den König, den Adel – oder, wenn Ihr wollt, die Feudalherren – und den Klerus. Nun denn, in diesem gesegneten Land gibt es einen vierten Stand, die Bürger, und wahrhaftig, sie gewinnen täglich größeren Einfluss. Wenn man nicht innerhalb der Stadtmauern geboren wurde und das volle Bürgerrecht erhalten will, ist dies darum nicht gerade leicht zu erreichen. Versteht Ihr mich allmählich? Ich kann Euch sogar voraussagen, dass eine Zeit kommen wird, in der dieser Titel den gleichen Wert hat wie im Altertum das römische Bürgerrecht.«
    Martí hatte sich keine Einzelheit von den Erklärungen des Juden entgehen lassen, und er schwieg einen Augenblick nachdenklich.
    »Aber es gibt gewiss einen Weg für die, die außerhalb der Stadt geboren wurden.«
    »Den gibt es, doch er ist lang und gewunden und hängt von vielen Bedingungen ab. Dazu gehört auch Glück oder natürlich, dass man eine Frau heiratet, die rechtmäßige Stadtbürgerin ist.«
    »Wenn andere es erreicht haben, muss es mir auch gelingen, und was das Glück betrifft, so habt Ihr mir bewiesen, dass mir Fortuna, die Sterne oder was auch immer günstig sind«, entgegnete Martí in einem Ton, der halb naiv und halb selbstbewusst klang.
    Der Jude warf dem jungen Mann einen forschenden Blick zu, und hierauf glätteten sich die unzähligen feinen Runzeln um seine pfiffigen Augen, und sein Mund deutete ein Lächeln an.
    »Mir gefallen Leute mit Eurem Charakter. Ich weiß nicht, ob es Euch gelingt, aber ich sage Euch tatsächlich voraus, dass Ihr bei Euren Bemühungen vom Glück begünstigt seid.«
    »Nie bin ich vor Herausforderungen zurückgeschreckt. Ganz im Gegenteil, sie spornen mich an. Ich habe mein ganzes Leben gearbeitet, und ich kann nichts anderes tun. Ihr dürft als selbstverständlich annehmen, dass ich ehrlich bin, und früher oder später muss ich an eine Heirat denken.«
    »Die Zeit wird Eure Worte am besten bestätigen.«
    »Dann entwerfen wir nun einen Plan und leiten sofort die ersten Schritte in die Wege, wenn es Euch recht ist«, sagte Martí entschieden.
    »Nun gut, beschäftigen wir uns damit: Zunächst einmal müsst Ihr einen Hausstand gründen und dafür sorgen, dass Ihr nach außen so ehrlich wirkt, wie

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