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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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ist so unberechenbar und übermächtig, dass mein Leben fortan keinen Sinn mehr hat und zu einer unerträglichen Qual wird, wenn ich es nicht mit Euch verbringe.«
    »Ich denke genau wie Ihr, Graf, und ich wäre zu allem bereit, wenn ich nur jeden Tag an Eurer Seite aufwachen dürfte. Aber vergesst nicht, was auf dem Spiel steht. Ich würde es mir nicht verzeihen, wenn Ihr Eure Grafschaft und vielleicht Euer Leben durch meine Schuld verlieren solltet. Uns trennt ein heiliger Schwur, und wir würden die Feindschaft zweier Nationen herausfordern und unseren Untertanen ein schlechtes Beispiel geben.«
    »Ich sage es Euch noch einmal, Herrin: Mein Leben hat keinen Wert, wenn ich es nicht mit Euch zusammen verbringe.«
    Beide verstummten kurze Zeit. Dann sprach wieder Almodis.
    »Ich würde mich damit abfinden, wenn ich manchmal etwas von Euch erfahre und von Zeit zu Zeit ein paar Tage an Eurer Seite bin, in einem Unterschlupf bei einem Vasallen, der uns unter dem Vorwand einer Jagd oder eines Turniers in seiner Burg gastfreundlich aufnähme.«
    Ramón Berenguer erhitzte sich: »Vielleicht würdet Ihr Euch damit abfinden. Ich nicht. Ich bin der Graf von Barcelona. Beim Teufel schwöre ich, dass niemand mehr für mich Entschlüsse fassen wird! Wenn Ihr der Preis seid, überwinde ich jedes Hindernis, das sich meinem Glück entgegenstellt. Ich habe Euch kennengelernt, Gott hat Euch mit mir zusammengeführt, und ich will unter keinen Umständen auf Euch verzichten.«
    »Es tut mir leid, Herr, dass ich derlei gesagt habe. Alles ist so schrecklich schwer, dass ich nicht zu erkennen vermag, wie derart viele Klippen zu umgehen sind. Ich bin verheiratet, ich habe Kinder, die römische Kirche wird meine Ehe nicht annullieren, Toulouse wird sich widersetzen, und unser Leben wird eine Hölle sein.«
    »Herrin, wenn Ihr mich ermutigt, kann ich alle Schwierigkeiten überwinden. Ich gehe fort, aber bald werdet Ihr von mir hören. Ich verstoße meine Gattin, bereite Eure Entführung vor und nehme Euch mit nach Barcelona, wer sich mir auch immer entgegenstellt; und wenn ich Euch erstmal dort habe, wird niemand es wagen, auch nur Euren Rocksaum anzurühren.«

    Gegen seinen Willen und obwohl er die Reise ohne Unterbrechung fortsetzen wollte, musste Ramón Berenguer in Perpignan eine Rast einlegen, weil ihm Gualbert Amat, sein Seneschall, erklärte, dass die Truppe nach dem beschwerlichen Marsch erschöpft und unruhig sei. Bertrand de Saint-Rémy, der Graf dieses Gebiets, war mit dem Herrscherhaus von Barcelona verwandt. Er hielt zwar getreulich zur Gräfin Ermesenda, deren Freundschaft ihm größten Nutzen brachte, da ihre Gebiete benachbart waren, doch die Oberherrschaft war dem Grafen von Barcelona zugefallen, als er und seine Großmutter die Territorien untereinander aufteilten.
    Die Burgbewohner von Perpignan kümmerten sich um die Gruppe, wie es ihr gebührte. Nachdem man die Gesandtschaft mit den üblichen Respektsbekundungen empfangen und für ihre Bedürfnisse gesorgt hatte, zog sich der Graf von Barcelona zurück, ohne sich mit weiteren Höflichkeiten aufzuhalten; denn sein Geist verlangte nach Einsamkeit, damit er seine Gedanken ordnen konnte.
    Langsam und zäh wie Lampenöl floss die Zeit dahin, und in der Nacht betrachtete der Graf den weißen Mond, den Gefährten der Verliebten, hinter den Mauerzinnen der Festung. Er stellte sich vor, im fernen Toulouse genieße Almodis gleichzeitig dasselbe Bild wie er. Als er sich erst am frühen Morgen in seine Ruhestätte zurückzog, wollte er seine Schlaflosigkeit bezwingen, indem er an seine stürmische Vergangenheit zurückdachte und Zukunftspläne machte, denn er war entschlossen, dass sich weder seine Großmutter Ermesenda noch sonst ein anderer Mensch fortan in sein Leben einmischen dürften.
    Im vergangenen Jahr hatte er zwei Friedensverträge unterzeichnet, die von großer Bedeutung für die Zukunft der Grafschaft waren und sich auch entscheidend auf seine persönliche Zukunft auswirkten. Die endlosen Konflikte mit seinem Nachbarn Mir Geribert, dem Grafen des Penedès, hatten mit einer Verständigung geendet, bei der beide Seiten auf ihre Ansprüche verzichteten. Dies garantierte eine vorläufige Waffenruhe, und damit könnte er seine Kräfte auf Unternehmen konzentrieren, die für die Grafschaft wichtiger waren, und auch besser für die Sicherheit der Stadt sorgen, denn eine Zeit lang beherrschte der anmaßende Graf, der sich das Erbe seines eigenen Bruders Sanç angeeignet hatte,

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