Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
Vom Netzwerk:
übrig bleibenden Pferde am Zügel und entfernten sich so schnell vom Strand, wie sie gekommen waren. Gilbert d’Estruc, Bernat von Gurb, Guerau von Cabrera, Perelló Alemany, Guillem von Muntanyola und Guillem von Oló begleiteten die Dame, die ihre Herrin werden sollte. Sie waren bereit, ihr Leben für sie hinzugeben, wenn es die Umstände verlangten.

25
    Pläne und Wünsche
    Barcelona, September 1052
     
    M artí fühlte sich zutiefst unsicher und verwirrt. Immer wieder rief er sich das Gespräch mit Bernat Montcusí ins Gedächtnis zurück. Er musste äußerst behutsam vorgehen, denn jeder Fehlgriff brächte ihn unabweislich in Gefahr. Zunächst dachte er daran, Eudald Llobet um Rat zu fragen, gab es jedoch sogleich wieder auf, weil dieser dem Berater nahestand. Er überlegte lange und beschloss endlich, sich an Baruch Benvenist zu wenden, der ihn von Anfang an höflich und herzlich behandelt hatte. Nachdem er Caterina – die bei ihm inzwischen eifrig und gewissenhaft die Aufgaben einer Haushälterin wahrnahm – mitgeteilt hatte, dass er erst spät zum Abendessen kommen werde, lief er zur Sant-Jaume-Kirche. Von dort aus wandte er sich zum Castellnou-Tor und erreichte schließlich das Haus Benvenists. Er erinnerte sich an den ersten Besuch, den er zusammen mit Eudald Llobet unternommen hatte, und suchte nach der versteckten kleinen Kette, mit der man die Glocke läutete. Er zog daran. Beinahe sogleich hörte man kurze Schritte näher kommen, und als er gerade erwartete, dass sich wie beim letzten Mal das Guckloch öffnen werde, ging die Tür auf, und das schelmische und sommersprossige Gesicht eines Mädchens erschien. Die Kleine war erst eine Halbwüchsige und blickte ihn noch überraschter an als er sie.
    »Möge Elohim Euch schützen.«
    »Möge Er mit dir sein«, antwortete Martí. »Ist Don Baruch Benvenist zu Hause?«
    »Mein Vater ist in seinem Arbeitszimmer. Aber wenn Ihr so freundlich seid, auf ihn zu warten, wird er Euch gewiss empfangen«, erklärte das Mädchen ohne das geringste Zeichen von Schüchternheit. »Ich heiße
Ruth, ich bin seine kleine Tochter. Kommt nur herein, bleibt nicht an der Tür stehen.«
    Martí, den das zwanglose Benehmen des Mädchens erheiterte, scheute sich nicht, die Vorstellung fortzusetzen: »Ich heiße Martí Barbany. Ich hatte keine Verabredung vereinbart, und ich bin auf die Gefahr hin gekommen, nicht empfangen zu werden. Aber ich muss eine dringende Angelegenheit mit ihm besprechen. Frage bitte deinen Vater, und wenn er entscheidet, dass es nicht möglich ist, warte ich eine bessere Gelegenheit ab, um ihn zu besuchen.«
    »Mein Vater hat oft und immer wohlwollend von Euch gesprochen. Wenn Ihr so liebenswürdig seid, mir zu folgen, werde ich mir die größte Mühe geben, damit Ihr die Wartezeit als angenehm und kurz empfindet. Kommt.«
    Der junge Mann ging dem Mädchen nach. Unablässig bewunderte er ihre anmutigen Schritte, ihre schmale Taille und ihre langen Zöpfe. Sie nahmen den Weg, den Martí schon kannte, und als sie an die Stelle kamen, wo der Gang zum Arbeitszimmer des Juden nach rechts abzweigte, ging das Mädchen in die andere Richtung, die unmittelbar in den Garten führte. Die herüberwehenden Düfte ließen Martí an seinen Besuch in Bernat Montcusís Herrenhaus zurückdenken, und er konnte es sich nicht versagen, beide Gärten zu vergleichen. Ganz gewiss war der des Prohom viel prachtvoller, doch der gute Geschmack, die frischen Sträucher, die überall verteilten Bäume und der einzigartige Brunnen dieses Gartens hier waren den Sinnen unendlich angenehmer.
    Das Mädchen führte Martí unter einen dicht belaubten Kastanienbaum, der nun am frühen Abend einen langen und einladenden Schatten im Gras warf. Unter dem gewaltigen Baum sah man vier Stühle und eine Bank rund um einen großen Kiefernholztisch. An einem Ast hing ruhig das Holzbrett einer Schaukel, das an zwei mit Blümchen geschmückten Stricken befestigt war.
    »Hier könnt Ihr auf meinen Vater warten, ohne dass Euch die feuchte Hitze der Stadt lästig wird. Ich komme immer hierher, wenn ich kann: Das ist mein Lieblingsort.«
    Martí gefiel das Auftreten des Mädchens, und als er gerade sagen wollte, er könne den Geldverleiher an jeder beliebigen Stelle erwarten, kam sie ihm zuvor.
    »Ich bringe Euch eine Limonade. Ich stelle sie selbst her. Ich hole sie, und dabei teile ich gleich meinem Vater mit, dass Ihr auf ihn wartet.«

    Ohne ihm Zeit zu lassen, dass er ihr danken konnte, verschwand das

Weitere Kostenlose Bücher