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Das Vermächtnis des Templers

Das Vermächtnis des Templers

Titel: Das Vermächtnis des Templers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Andreas Marx
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aus all diesen Schriften eine Art Grundlage des rechten Glaubens und Wissens zu schaffen, freilich mit recht unterschiedlichen Ergebnissen.»
Johannes überlegte einen Moment, bis ihm klar wurde, was Thomas meinte.
«Ist das nicht etwas, das jeder Gläubige und jeder Mönch für sich tun muss?»
«Sicherlich. Aber es gibt Magister, die dies in besonders vorbildlicher Weise getan und aufgeschrieben haben, so dass sie unser eigenes Denken, unseren eigenen Glauben bereichern und auf den rechten Weg bringen können.»
«Aber letztlich bleibt das doch alles Menschenwerk.»
Thomas blickte erstaunt auf.
«Ihr mögt recht haben. Doch müsst Ihr diese Gelehrten zunächst zu Euch sprechen lassen, bevor Ihr sie tadelt.»
Johannes nickte.
Der Magister ging mit Johannes zu einem großen Regal und zog zwei Bände heraus.
«An diesem Ort», sagte er, «findet Ihr die Schriften der großen Gelehrten, die der nahen Vergangenheit und die der fernen Zeit, da unser Heiland noch nicht auf Erden weilte. Ich habe Euch Schriften des heiligen Bernhard ausgewählt. Er ist der Gründer des Ordens der Zisterzienser und der Templer. Er wird Euch vielleicht besonders interessieren.»
Thomas führte seinen Gast zu einem freien Pult.
«Dieses Pult steht Euch von nun an zur Verfügung. Fragt mich, wann immer Ihr etwas benötigt. Je tiefer Ihr in die Schriften eintaucht, desto mehr ist es mir eine Freude, Euch hilfreich zu sein.»
Johannes dankte dem Magister, der ihn nun am Pult allein ließ. Er betrachtete die beiden Schriften, die vor ihm lagen, und blätterte beide auf, um sich eine Übersicht zu verschaffen. Der erste Band, «De contempto mundi», schien das Problem des Wissens zu behandeln, der zweite, «De gradibus humilitatis», die Wege der Auffahrt der Seele zu Gott. Johannes begann mit der ersten Schrift. Anfangs fiel es ihm etwas schwer, sich in das Lateinische einzulesen, aber die Schwierigkeiten waren bald überwunden.
So erfuhr er, dass Bernhard vom bloßen Wissen nicht viel hielt. Im Gegenteil. Ein religiöses Gemüt brauche Leidenschaft. Glühen sei mehr als Wissen. Der Weg zu Gott führe über die Intuition, nicht über logische Spielereien oder rhetorische Spitzfindigkeiten. Auf die innere Einstellung komme es an. Gott werde nur insoweit innerlich erkannt, als er geliebt würde. Bernhard bezeichnete das Wissen um des Wissens willen als heidnisch. Stattdessen seien innere Versenkung und Meditation notwendig, um die höchste Stufe der Liebe zu erreichen, die wahre Gottesliebe, in der der Mensch auch sich selbst nur noch um Gottes willen liebt.
Beim Lesen der Schriften Bernhards verspürte Johannes bald ein gewisses Misstrauen. Zwar konnte er Bernhards Appell an die Intuition nachvollziehen. Schließlich war es ja die Intuition, genauer das Loslasssen allen Denkens und Wissens, das man auf dem Weg zur Kunst des Bogenschießens einübte. Auch war es genau dies, was ihm in den gefährlichen Situationen seiner Reise allein weitergeholfen hatte. Aber sollte man deshalb das Denken und das Wissen in Frage stellen? Hatte Gott dem Menschen nicht auch den Verstand gegeben? Doch wohl nicht nur, um, wie Bernhard meinte, den Menschen in Versuchung zu führen!
Bald bemerkte Johannes, dass es dunkel wurde. Er gab Thomas die beiden Bände zurück und teilte ihm seine Gedanken mit. Thomas war verwundert. Von einem Mitglied des Ordens des heiligen Bernhard hatte er dies nicht erwartet. Er versprach Johannes für den folgenden Tag weitere anregende Lektüre.
In der Nacht, zwischen den Stunden der Komplet und der Vigil, konnte Johannes nicht schlafen. Im Dormitorium herrschte Stille. Vereinzelt drangen Geräusche von außen in den Raum. Wind war aufgekommen. Regen schlug an die Außenwände.
Seine Gedanken wanderten zurück zum elterlichen Hof, zum Kloster in Loccum. Für einen Augenblick waren seine Erinnerungen völlig klar: Er meinte den Wind zu spüren, der über den heimischen Feldern wehte, das Knirschen unter seinen Füßen wahrzunehmen, wenn er bei eisiger Kälte über die Steinplatten des Kreuzgangs schritt, den Regen an die Holzwand der elterlichen Scheune schlagen zu hören. Wie lange war er schon fort? Er hatte versäumt, die Tage zu zählen, und nun konnte er sich nur noch an den Jahreszeiten orientieren. Bei dem Gedanken an die Menschen, die er zurückgelassen hatte, wurde ihm eng ums Herz. Würde er seine Eltern wiedersehen? Würde er überhaupt zurückkehren? Und als wer würde er zurückkehren? Würde man ihn noch als den Johannes

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