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Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Titel: Das Vermaechtnis des Will Wolfkin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Knight
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er, während er mich hastig weiterzog. »Als Katze kann man über Autodächer laufen und dabei hochnäsig den Schwanz rotieren lassen, aber mit zwei Beinen ist das Laufen nun mal eine Sache von sturem Links, Rechts, Links, Rechts, bis man am Ziel ist.«
    Ich klammerte mich an einen Laternenpfahl, um Halt zu finden.
    »Shipley … ich meine Egil … erklär mir doch, wie du dich von einem Kater in einen Jungen verwandelt hast.« Ich blickte in das gelbe Licht der Laterne über meinem Kopf, wie berauscht von all diesen Wundern.
    »Bitte, Toby, wir müssen uns beeilen.«
    »Ich glaube nicht, dass ich meine Beine sortiert kriege …«
    Egil sprang um die Laterne herum und hakte meinen Fuß los. Ich taumelte weiter.
    »Sich von einem Kater in einen Jungen zu verwandeln ist ganz einfach«, sagte er. »Nicht schwerer als ein Sprung über eine Pfütze.«
    »Aber warum hast du’s gemacht?«
    »Weil die Zeit gekommen ist«, sagte er.
    »Was für eine Zeit?«
    »Die Zeit für dein Leben, Toby«, sagte Egil, gab ein fauchendes Geräusch von sich und stieß mich dabei unsanft in den Rücken. Ich dachte, ich würde aufs Gesicht fallen, aber da schnellten meine Beine spontan nach vorn und verhinderten den Sturz. Von da an ging es mit dem Laufen wie von selbst. Nachdem ich erst einmal in Schwung war, kam ich gut voran und Egil trabte neben mir her.
    »Ich bin sieben Jahre lang ein Kater gewesen«, erzählte er, »und meine Aufgabe war es, dich gedanklich auf das vorzubereiten, was vor uns liegt. Deshalb habe ich dich mit auf all die Abenteuerreisen zum Mond genommen. Ich habe dir die edle Kunst des Kriegers bisher nur in der Vorstellung beigebracht. Jetzt ist es meine Aufgabe, auch deinen Körper darauf vorzubereiten.«
    »Egil, ich glaube, ich kann sogar rennen!«
    »Macht Spaß, oder?«, grinste er. »Fang mich!«
    Plötzlich sprintete Egil los und war im Nu zehn Meter voraus.
    »Warte«, rief ich ängstlich. »Wenn ich zu schnell atme, tut mir die Nase weh.«
    »Wer zuletzt am Klubhaus ist, ist ein Schisser!«, rief er.
    »Was für ein Klubhaus?«, schrie ich, aber Egil war schon auf und davon. In diesem Moment wurde mir bewusst, dass ich jetzt, wo ich einen leistungsfähigen Körper besaß, große Lust hatte, meine Kräfte zu messen. Ich wollte Egil einholen. Anfangs setzte ich ungeschickt jeden Fuß mit der Ferse auf, doch als ich nach einer Weile herausfand, dass die Zehen den Schritt viel besser abfedern konnten, sprintete ich richtig los. Ein Auto fuhr vorbei, ich erhaschte einen kurzen Blick auf den Fahrer, aber er schaute nicht zu mir her.
    Hinter der nächsten Kurve begann ein weißer Holzzaun und dahinter war ein Kricketfeld mit einem schäbigen alten Klubhaus und einer halb zerfallenen Anzeigetafel. Ich blieb am Zaun stehen, um zu verschnaufen. Hinter mir knarrte ein Eisentor im Wind. Ich drehte mich danach um und konnte einen von Brennnesseln überwucherten Weg erkennen, der an dem Kricketfeld entlangführte. Im Mondlicht sah ich den Schatten von einem Etwas, das ich für ein großes Tier mit Buckel hielt. Erst als es näher kam, merkte ich, dass es Egil mit einem Sack auf dem Rücken war.
    »Also wirklich, diese kleinen Teufel sind so was von eingebildet«, sagte er und ließ seine Last vor meine Füße fallen. Der Sack war aus einem schweren, glänzenden Material und mit rotem Band zugebunden »Hinter dem Klubhaus war eben eine Ratte, und ob du’s glaubst oder nicht, sie hat mir einfach frech ins Gesicht gelacht! Nur weil ich nicht mehr Shipley, der gefürchtete Jäger bin.«
    Unvermittelt schossen Egils Blicke in die Dunkelheit …
    »Da rennt sie! Dieser kleine aufgeblasene Teufel!«
    Egil wollte schon hochspringen, um nach Art der Katzen mit allen vieren auf seiner Beute zu landen, aber er riss sich gerade noch zusammen.
    »Sieben Jahre Meisterrattenfänger ist eine lange Zeit«, sagte er leise. »Das hinterlässt seine Spuren, verstehst du?«
    Und während er mich mit seinen ungewöhnlich grünen Augen ansah, fiel mir ein, dass es genau sieben Jahre her war, seit der Kater Shipley als Streuner ins Kloster gekommen und von den Nonnen aufgenommen worden war.
    »Willst du sagen, du bist nur meinetwegen ins Kloster gekommen?«, fragte ich.
    »Aber sicher. Großvater hat mich geschickt. Seitdem stehst du unter meinem Schutz.«
    Ich kniff die Augen zusammen und sagte durch aufeinandergepresste Zähne: »Weißt du was, Egil, wenn ich über das, was hier vor sich geht, logisch nachdenke, werden mir die Beine

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