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Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Titel: Das Vermaechtnis des Will Wolfkin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Knight
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Mondlichts nutzen, um auf das Boot zu kommen.«
    »Was für ein Boot?«
    Er lächelte und sah mir in die Augen.
    »Statt dauernd Fragen zu stellen«, sagte er, »freu dich doch einfach mal am Geschmack der Worte auf deiner Zunge. Du kannst sprechen! Ist das nicht ein Knaller? Sprich laut deinen Namen, Toby Walsgrove. Stell dich der Welt vor.«
    Einen Moment blieb ich stumm. Dann, ohne groß darüber nachzudenken, tat ich, was er sagte.
    »Ich heiße Toby Walsgrove«, sagte ich leise. »Ich heiße Toby Walsgrove«, sagte ich wieder und wieder und noch einmal, und meine Stimme wurde allmählich immer lauter.
    So lange hatten meine Gedanken wie Seifenblasen stumm in meinem Kopf gekreist und nun waren sie plötzlich frei. Ich schraubte sozusagen den Verschluss von einer Colaflasche, die vierzehn Jahre geschüttelt worden war.
    Es dauerte nicht lange und meine Stimme wurde so laut, dass Egil erschrak. Um mich zum Schweigen zu bringen, drückte und knetete er mit beiden Händen die Haut auf meinem Arm, etwa so, wie man ein nasses Tuch auswringen würde. Es tat weh.
    »Au!«, sagte ich und zog den Arm weg.
    »›Au‹ ist ein prima Wort«, sagte Egil. »Du sagst es jetzt schon zum zweiten Mal. ›Au‹ ist besser als Stillschweigen. So, jetzt musst du aber schnell aufstehen, Toby.«
    Ich starrte ihn an. Meine Beine hatten bis jetzt nicht einmal das Gewicht eines Rotkehlchens getragen. Egil sah den Zweifel in meinem Blick, aber er kümmerte sich nicht darum.
    »Verzeih mir, Toby, ich will dich nicht hetzen, aber wir müssen wirklich vor dem ersten Tageslicht hier raus sein.«
    »Wohin gehen wir?«
    »Meinen Großvater besuchen«, sagte er. »Doktor Felman.«
    »Den Doktor aus Island?«, riet ich.
    »Menschen nennen es Island, ja.«
    »Was meinst du mit ›Menschen‹?«
    Egil sah kurz aus dem Fenster zum Mond hinauf.
    »Das Schiff wartet nicht auf uns. Wenn wir nicht an Bord sind, bringt mich Großvater um.«
    Plötzlich riss Egil an meinem Arm und zog mich ein Stück vor. Ich dachte, ich würde aufs Gesicht fallen, aber schon wurde ein unbekannter Mechanismus in meinem Kopf in Gang gesetzt und meine Beine schnellten vor, um den Sturz abzufangen. Zum ersten Mal in meinem Leben stand ich tatsächlich auf meinen eigenen zwei Beinen.
    Egil sah mich aus schmalen Augen prüfend an und nickte. Ich wollte etwas sagen, brachte aber kein Wort heraus – es gab schlichtweg keine Worte, um dieses Gefühl auszudrücken. Ich wusste nur, dass meine Augen irgendwo zuoberst auf einem baufälligen Gerüst balancierten und dass dieses Gerüst aus Teilchen von mir bestand. Ich spürte, dass die einzelnen Teile von Empfindung und von Knochen zusammengehalten wurden, und mithilfe dieses neuen Empfindens würde ich die Knochen bewegen können, da war ich mir auf einmal sicher. Es war ein weiteres Wunder, und fast hätte ich mich wieder hingesetzt, um das Ereignis zu überdenken.
    »Du schaffst es«, sagte Egil schließlich. »Und jetzt lass uns von hier verschwinden.«

    Jedes Kind weiß, dass man nicht mit Fremden geht. Nicht mitten in der Nacht. Nicht Gott weiß wohin und warum. Aber man muss auch verstehen, dass ich meine ganze Aufmerksamkeit für das höchst sonderbare und unbekannte Geschäft des Laufens brauchte.
    Stellt euch vor, ihr sollt eine flüchtig zusammengebastelte Vogelscheuche aus Stroh, Besenstielen, nassem Stoff und alten Schuhen über eine mit Schweinefett geschmierte Rutsche steuern! Und das bei Dunkelheit. Ich war so hin und her gerissen zwischen Entsetzen und fassungsloser Freude, dass ich die ganze Zeit schrie. Egil hielt meine Hand und beschwor mich, ruhig zu sein.
    Ich fing an zu kichern und warf meine Füße nach vorn, mal den einen, mal den andern. Ich hatte schon oft Leuten beim Laufen zugesehen und immer gedacht, wie leicht es doch aussah. Jetzt stellte ich fest, dass das gar nicht stimmte. Und schon verlor ich die Balance und machte eine Drehung um dreihundertsechzig Grad.
    Der Junge Egil war so verspielt wie der Kater Shipley und presste seine dünne Hand auf den Mund, um das Lachen zu unterdrücken. Wir waren jetzt auf dem langen Gang vor meiner Zimmertür und gingen auf ein mondbeschienenes Fenster zu. Wenn wir an diesem Fenster links abbogen und weiter dem Gang folgten, vorbei an der Statue der heiligen Bernadette, würden wir zu der großen Doppeltür kommen, die zur Klosterpforte und dann … hinaus in die Welt führte.
    Eine schrecklich lange Reise, dachte ich, während Egil mich hochzog und wieder auf die

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