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Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Titel: Das Vermaechtnis des Will Wolfkin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Knight
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Gespräch. Dass wir uns hier in Afrika befanden, hatte mit Instinkt zu tun, mit dem Lauf der Jahreszeiten und des Mondes und mit dem Zugverhalten der Schwalben. Wir hatten es nicht geplant, aber nun waren wir hier, mitten im Nirgendwo, schutzlos ohne unsere Fel-Waffen und Fel-Kräfte, und dazu noch in einem Kriegsgebiet.
    Ich spritzte mir ein bisschen sandiges Wasser ins Gesicht, um mich wach zu halten.
    »Gibt es in deinem Dorf jemanden, der uns helfen kann?«, fragte ich leise. Während eines afrikanischen Sonnenuntergangs ist es nämlich fast unmöglich, laut zu sprechen. Emma stocherte mit einem Zweig im Sand und zögerte mit der Antwort.
    »Willst du nicht lieber in deine Stadt zurück?«, sagte sie endlich. Ich schwieg lange. Der trockene Wind zerrte an meinem Haar.
    »Wie würde ich je nach Hause kommen?«
    »Fliegen vielleicht?«, sagte sie und wir grinsten beide.
    »Und nach Hause zu wem?«
    »Schwester Mary?«
    Wieder entstand ein langes Schweigen, und ich spürte eine Befangenheit Emma gegenüber, die ich in Langjoskull nicht gekannt hatte. Sie erriet meine Gedanken.
    »Unter dem Eis waren wir gleich. Hier sind wir aus unterschiedlichen Welten«, sagte sie.
    Der Wind war kälter geworden. Ich wollte das Gespräch wieder auf Langjoskull bringen.
    »Ob Helva Gullkin schon weiß, dass wir geflohen sind?«
    Emma zog die Schultern hoch.
    »Ich will nicht mehr an das denken, was geschehen ist«, sagte sie. »Es ist vorbei. Ich will es vergessen.«
    »Vergessen?«, rief ich. »Wir könnten wir das je vergessen?«, sagte ich leise, doch umso eindringlicher. »Wir haben hundert Abenteuer erlebt, haben uns in Wölfe verwandelt und in Vögel! Und wir sind auf einäugige Monster aus Stein losgegangen! Wie könnte man so etwas vergessen?«
    »Unsere Freunde sind alle umgebracht worden, weil sie für eine Sache gekämpft haben, die aussichtslos war«, sagte Emma und blickte in die morastige Pfütze. »Also ist die Welt dort genau wie die Welt hier.«
    Während unserer Zeit in Langjoskull hatte ich nie solche Verzweiflung in Emmas Augen gesehen.
    »Wenn du mein Dorf siehst, wirst du verstehen«, sagte sie.
    Sie warf ihren Zweig in das Wasserloch für den nächsten, der hierherkommen würde.
    »Du hast also nichts dagegen, wenn ich mit dir in dein Dorf gehe?«, sagte ich. Emma zuckte mit den Schultern und stand auf.
    »Ich schäme mich nur«, sagte sie leise und ging davon. Ich wartete einen Augenblick, dann lief ich hinter ihr her.
    Der Mond ging auf und erhellte unseren Weg, sodass wir gut vorankamen. Emma sang mir afrikanische Lieder vor und ich sang ihr Popsongs vor. Da hörten wir plötzlich ein Dröhnen am Himmel über uns. Als ich aufschaute, sah ich einen kleinen Lichtstrahl zwischen uns und den Bergen über den Himmel schießen. Zuerst hielt ich es für eine Sternschnuppe, doch dann erkannte ich das Licht als Cockpit eines Kampfjets. Es gab einen grellweißen Blitz und zwei orangerote Lichtstrahlen, die die Wüste um uns erhellten.
    Emma warf sich zu Boden, ich tat es ihr nach.
    Im nächsten Moment wurde die Wüste in ein knochenweißes Licht getaucht, es war wie das Blitzlicht beim Fotografieren. Und in diesem Sekundenbruchteil sah ich den Umriss verkümmerter Bäume und die Wölbung eines großen, runden Felsbrockens.
    Dann kam das Geräusch. Nicht laut. Es war nicht einmal ein Ton, es war ein Tsunami aus fest gewordener Luft. Das Einzige, womit ich es vergleichen konnte, war der dröhnende Schrei, den Helva Gullkin auf dem Marktplatz von Langjoskull ausgestoßen hatte.
    Die Gewalt der Explosion erschütterte die Erde mit solcher Macht, dass Emma und ich in die Luft katapultiert wurden. Als ich aufschlug, brauchte ich eine Weile, bis ich wieder atmen konnte. Der Sand unter uns war jetzt kalt wie Eis. Mein Mund war voll Sand und kleiner Steine. Wir rannten auf den großen Felsen zu, den wir im zuckenden Licht gesehen hatten.
    »Anscheinend ist die Feuerpause vorbei«, rief Emma.
    Das erhellte Cockpit stieg in einem graziösen Bogen himmelwärts und mischte sich unter die Lichter der Sterne. Aber kurz darauf sank es wieder und in wenigen Sekunden zerriss der Lärm der Motoren die Luft ringsum.
    »Halt dich fest!«, rief Emma, und dieses Mal war ich auf den Angriff gefasst. Ich legte beide Arme um den Felsblock und klammerte mich mit ganzer Kraft daran. Emma machte es genauso auf der anderen Seite, sodass sich unsere Fingerspitzen berührten. Wir warteten auf den nächsten Einschlag.
    Wschschsch – blendendes

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