Das verräterische Tonband
halten, was ich ihm
nicht verdenken konnte.
»Vielleicht war ihr gar nicht
klar, daß sie wußte, wer der Erpresser ist«, sagte ich, tollkühn in den
Weltraum vorstoßend. »Aber der Betreffende hatte Angst, es würde ihr einfallen .«
»Ich finde, Sie sollten die
Polizei rufen und danach zehn Stunden lang schlafen .« Er lächelte flüchtig. »Sie werden doch nicht mehr richtig denken können, bevor
Sie emotionell etwas abgekühlt sind; das wissen Sie doch selber, Holman .«
»Vielleicht haben Sie recht«,
sagte ich zögernd.
»Ich möchte aus ganz
egoistischen Gründen, daß Sie — und die Polizei — logisch denken können«, sagte
er mit entschiedener Stimme. »Ich bin nach wie vor überzeugt, daß Reiners Tod
ein Unfall war, aber nun, nachdem Karen mit derselben Art Waffe umgebracht
worden ist wie er, erweckt das den Eindruck, als ob es sich doch nicht um einen
Unfall gehandelt hat — und damit bin ich offensichtlich der Hauptverdächtige
bei zwei Morden!«
Ich fuhr in das Haus in Bel Air
zurück, um die Polizei anzurufen; für die Polizei würde es keine Rolle spielen,
wenn sie nie erfuhr, daß ich die Leiche eine Stunde früher gefunden hatte, als
ich ihr angab; und mir ersparte das die Beantwortung einer Menge peinlicher
Fragen. Ich war der Überzeugung, daß ohnehin ausreichend viele gestellt würden.
Einer meiner Freunde — Lieutenant Bill Karlin —
hatte, wie ich feststellte, Nachtdienst in der Mordabteilung. Vielleicht würde
das die Dinge ein wenig erleichtern, vielleicht aber auch nicht. Ich legte auf,
nachdem er gesagt hatte, er sei in zwanzig Minuten draußen, und schlenderte
ziellos im Haus umher.
Das Badezimmer zog mich an wie
ein Magnet. Ich wollte gar keinen Blick mehr auf Karen Reiners Leiche in der
Badewanne dort werfen, aber schließlich tat ich es doch — wenn auch nur, um
mich zu versichern, daß sie noch da war und ich mir das Ganze nicht nur
eingebildet habe. Sie war tatsächlich noch da; nichts hatte sich verändert, seit
ich sie das letztemal gesehen hatte. Ihr Kopf ruhte
nach wie vor auf dem Rand an einem Ende der Badewanne; und ihre leblosen Augen
waren weit offen und hatten diesen erwartungsvollen Ausdruck, als warteten sie
darauf, daß ihr jemand eine Frage beantworte. Aber da war noch etwas, was ich
plötzlich bemerkte. Etwas, was mir entgangen war, als ich die Leiche entdeckt
hatte. Die Innenseite ihres linken Oberschenkels war mit kleinen Brandwunden
gesprenkelt, als ob jemand das Ende einer brennenden Zigarette gegen ihr
Fleisch gedrückt hätte. Ich starrte noch auf die Brandmale, verwundert über
diese offensichtlichen Anzeichen einer Quälerei, als ich draußen auf der
Zufahrt die Räder des Polizeiwagens knirschen hörte.
Die Sitzung mit Bill Karlin dauerte zwei Stunden. Ich erzählte ihm so ziemlich
alles, was ich wußte, abgesehen von dem, was auf den zur Erpressung benutzten
Tonbändern zu hören war. Barbara Doone war nach wie
vor meine Kundin; und ich glaubte es ihr schuldig zu sein, die schmutzigen
Details so lange wie möglich geheimzuhalten . Karlin — sehr »Lieutenant« und kaum »Bill« — ließ mich
schließlich gehen mit der üblichen Warnung, daß ich nun, da es sich um einen
Mordfall handelte, besser die Finger aus der Angelegenheit ließe. Es war gegen
vier Uhr morgens, als ich heimkam. Ich befolgte den Rat des Doktors und ging
sofort ins Bett, schlief sechs Stunden lang tief und wurde durch das Telefon
geweckt.
»Rick? Hier Barbara Doone .« Ihre Stimme klang gespannt, wie eine zu hoch
gestimmte Saite. »Ich muß Sie sofort sprechen !«
»Hatten Sie Besuch von der
Polizei ?« erkundigte ich mich.
»Ja, ich weiß, daß Mrs. Reiner ermordet worden ist«, sagte sie ungeduldig.
»Das ist es nicht — etwas anderes .«
»Was?«
»Ich kann hier am Telefon nicht
darüber reden«, sagte sie scharf. »Bitte, kommen Sie so schnell wie möglich —
es ist dringend .«
Es klickte, und sie hatte
aufgelegt.
Eine Stunde später war ich
dort. Larsen öffnete mir die Tür, einen grünlichen Schimmer dort, wo eigentlich
das Weiße in seinen Augen hätte sein sollen, und begleitete mich ins Wohnzimmer
wie ein Leichenbestatter, der mich zu einem lieben Verstorbenen geleitet.
Barbara Doone starrte mich finster an, und ihre violetten Augen waren alles andere als
gewinnend. Sie trug wieder den schwarzen Pullover und Hose, bereit zu weiterem
Konditionstraining; und diesmal war sie gewillt, mit ihren Spikeschuhen Holman übers Gesicht zu laufen.
»Wozu, zum
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