Das verräterische Tonband
eine war in ihrem Haus und die
andere wurde ihr zusammen mit den persönlichen Habseligkeiten ihres Mannes von
Ihnen zurückgeschickt .«
»Das stimmt«, sagte er und
nickte schwerfällig. »Aber...«
»Es konnte Sie also nichts
hindern, sich mit diesen Schlüsseln Zutritt in die Praxis zu verschaffen und
sich diese Tonbänder anzueignen, bevor Sie die Schlüssel Karen aushändigten .«
»Das habe ich nicht getan !« Er setzte sich aufrecht, und seine Augen weiteten sich
plötzlich. »Das ist einfach verrückt, Holman ! Warum
sollte ich diese Tonbänder stehlen? Was für ein Motiv sollte ich haben, diese
Leute zu erpressen ?«
»Das weiß ich nicht«, brummte
ich. »Und daß ich es nicht weiß, ist ein Grund, der mich davon abhält, sofort
die Polizei zu rufen und Sie einsperren zu lassen. Aber vielleicht werde ich
genau das tun, Sullivan, wenn ich nicht einmal zur Abwechslung die Wahrheit von
Ihnen zu hören kriege !«
»Wahrheit?« Er fuhr sich nervös
mit der Zunge über die Lippen. »Inwiefern?«
»Über Doktor Sex — Herman
Reiner«, sagte ich. »Ich habe heute abend ein Stück von einem dieser Tonbänder gehört. Die Patientin erzählte dabei ihrem
Analytiker von einer Wochenendorgie, an der fünf Leute, einschließlich ihr
selbst, beteiligt waren. Reiner unterbrach sie und erklärte ihr, es sei
hilfreich, wenn sie die Teilnehmer beim Namen nennen würde. Wenn Sie der
Analytiker gewesen wären...«
»Nein«, sagte Sullivan tonlos.
»Bei einer Analyse sind die Namen ohne jede Bedeutung. Das wollten Sie doch
hören, nicht wahr ?«
»Wenn es wahr ist«, knurrte
ich.
»Natürlich ist es wahr .« Er wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der
Stirn. »Hören Sie zu, Holman . Was Karen über ihn
erzählt hat, ist wahr - Herman Reiner war ein Voyeur! Aber als ich dahinterkam,
hatte ich bereits einen Schuldkomplex, weil ich mit seiner Frau geschlafen
hatte. Nur das eine Mal«, fügte er schnell hinzu. »Ich war zu den Reiners hinausgefahren, um ihn zu besuchen, aber er war
nicht da. Karen goß mir etwas zu trinken ein, begann mir ihr Herz
auszuschütten; und ehe ich mich versah, war ich mit ihr zusammen im Bett .« Er versuchte es mit einem Mann-zu-Mann-Grinsen, aber es mißlang weitgehend und wurde zu einer Grimasse. »Ich
glaube, ich wurde dabei verführt«, fügte er lahm hinzu.
»Sie hatten also zu dem
Zeitpunkt, als Sie entdeckten, daß Reiner ein Voyeur war, einen Schuldkomplex ?« sagte ich. »Wie sind Sie denn dahintergekommen ?«
»Ich — ich besuchte ihn eines
Tages in der Praxis«, murmelte Sullivan. »Er erzählte mir, er habe etwas sehr
Amüsantes, was ich mir anhören sollte. Dann legte er eins dieser Tonbänder ein.
Wahrscheinlich hätte ich ihn daran hindern sollen, aber...«
»Aber schließlich ist in jedem
von uns ein Stückchen Voyeur, einschließlich Ihnen ?«
»Nun ja, so ähnlich«, gestand
er. »Ich habe Sie angelogen; natürlich zog er mich nie in fachlichen Dingen zu
Rate, aber ich hatte das Gefühl, ich müsse Ihnen einen Grund dafür angeben, daß
ich über die Tonbänder Bescheid wußte .«
»Hat er sie Ihnen alle
vorgespielt ?«
»Das weiß ich nicht .« Er zuckte die Schultern. »Ich nehme an, er hatte bereits
die — äh — saftigeren? — der vier beteiligten Patienten ausgesucht .«
Ich merkte plötzlich, daß mein
Mund weit offenstand. »Vier?«
»Vier«, sagte er und nickte.
»Barbara Doone , Susanne Faber, Harvey Mountfort und Edgar Larsen.«
» Mountfort ?« sagte ich. »Wie klang denn sein Tonband ?«
» Greulich — wie alle übrigen.« Sullivan zuckte die Schultern. »Wie ich schon sagte,
Reiner hatte meiner Ansicht nach bereits ausgesucht, was er mir vorspielen
wollte: die saftigeren Ausschnitte bei jedem Patienten .«
»Also erzählen Sie mir über den
saftigen Harvey Mountfort .«
»Ja? Nun, Schilderungen aus der
Zeit, die er mit Susanne Faber verbrachte, während er noch mit Barbara Doone verheiratet war. Er hatte eine Entschuldigung für
sich — seine Frau sei frigide und hatte, wie er vermutete, nach wie vor eine
lesbische Beziehung zu ihrer Sekretärin .«
»Sagte er irgend
etwas über seine derzeitige Beziehung zu dieser Sekretärin ?«
Sullivan runzelte die Stirn und
dachte einen Augenblick lang nach. »Soweit ich mich erinnere, nicht. Doch,
warten Sie mal — er behauptete, er realisiere jetzt, was für einen Fehler er
mit dieser Scheidung begangen habe: Die einzige Frau, die er jemals geliebt
habe, sei Barbara Doone , aber er könne
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